Beiträge von GW

    Hallo,

    der Effekt des DRG-Systems auf die Verweildauer ist in der Tat nicht signifikant.

    Das Problem ist jedoch ein anderes:

    Die Behandlungskosten korrelieren nicht gut mit der Verweildauer. Ein Fall mit Schenkelhalsfraktur z. B. würde bei tagesgleichen Pflegesätzen mehr erlösen, als einer mit Polytrauma, der trotz aufwendiger Versorgung nach einigen Tagen verstirbt. Selbst wenn die Intensivbehandlung differenziert würde, blieben noch entsprechende Beispiele. Das wäre zwar im einzelnen Krankenhaus egal, weil die Erlöse die Kosten insgesamt ausgleichen, aber bei den Kostenträgern würde es wegen der unterschiedlichen Mitgliederstruktur hinsichtlich der Risiken und Behandlungsaufwände zu einer Schieflage kommen. Das ist überhaupt der Grund, warum unser DRG-System (im Gegensatz zu anderen Ländern) so differenziert und als Einzelfallvergütung entwickelt wurde. So lange es keine Einheitskasse gibt, wollen die einzelnen Kassen ihre Fälle auch nur entsprechend des jeweiligen Kostenaufwandes vergüten, und da kommt man um eine Berücksichtigung der Leistung nicht herum.

    Dem DRG-System bzw. Fallpauschalen die Schuld an allen tatsächlichen oder gefühlten Missständen zu geben, halte ich sowieso nicht für zielführend. Immer wenn Geld fließt, gibt es Anreize und Fehlanreize und Geld muss in jedem System fließen. Und jedes System - selbst ein komplett staatliches Gesundheitssystem - muss wirtschaftlich arbeiten, weil die Ressourcen und der Betrag, der für Gesundheitsversorgung ausgegeben werden kann, begrenzt sind. Auch ein kommunales Krankenhaus kann nicht dauerhaft von der Kommune (=Steuerzahler) subventioniert werden.

    Ich bin auch kein Fan der privaten Krankenhausträger und dem Entzug von Mitteln aus dem Gesundheitssystem für Renditen und Befriedigung der Shareholder. Die wirtschaftliche Orientierung und der Einstieg privater Investoren in die Krankenhausversorgung war in den 90er Jahren politisch gewünscht (und ist es bei den meisten Parteien heute noch), weil man sich durch die Finanzkraft der Konzerne und den Wettbewerb einen Entwicklungsschub versprach. Viele Kommunen waren auch froh, ihr defizitäres Krankenhaus an einen privaten Träger loszuwerden, der erst einmal investiert hat, auch wenn diese Investition sich dann durch spätere Renditen bezahlt machen mussten. Wer Krankenhäuser noch aus den 90er Jahren von innen kennt, der wird vielleicht zustimmen, dass sich seither vor allem im Hinblick auf Bausubstanz, Ausstattung und Komfort, aber selbst bei der Patientenorientierung einiges getan hat. Natürlich wäre dies in erster Linie Aufgabe der Länder gewesen und die fehlenden Investitionsmittel halte auch ich für die wesentliche Ursache vieler der kritisierten Probleme.

    Die Abschaffung des DRG-Systems, ein Verbot von Renditen oder gar die Rekommunalisierung der privaten Kliniken wird die meisten Probleme nicht lösen und neue schaffen.

    Tag zusammen,

    das Bundesministerium für Gesundheit hat heute (01.04.2019) den Referentenentwurf für ein Gesetz zur Neuordnung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK-Neuordnungs-Gesetz ((MDK-NOG)) vorgelegt.

    Laut Übersichtsseite des BMG und nach erster Durchsicht enthält das Gesetz folgende Eckpunkte:

    • Umwandlung in ein gemeinsames Institut der Selbstverwaltung (ähnlich InEK) auf Bundesebene mit Landesgliederungen
    • Entsprechende Umgestaltung der Verwaltungsräte mit Einbeziehung der Landeskrankenhausgesellschaften sowie der Landesverbände der Krankenkassen auf Landesebene
    • Zusätzlich Einrichtung eines wissenschaftlichen Beirats für die Entwicklung und wissenschaftliche Begleitung der Stichprobenprüfungen (siehe unten)
    • Finanzierung (der Aufgaben aus dem SGB V) über eine Kombination aus Aufstockung und entsprechende Aufteilung des DRG-Systemzuschlages (Aufgaben im stationären Bereich (§ 275 Abs. 1 c SGB V, §275 a) und einer Umlage der Kassen für die Aufgaben im ambulanten/pflegerischen Bereich
    • Streichung von §275 Abs. 1c SGB V (Prüfung bei Krankenhausbehandlung) und Neufassung in einem eigenen § 275c
    • Der neue § 275c beinhaltet
      • MDK erhält sämtliche von den Krankenkassen zeitnah sämtliche Abrechnungsdaten der Krankenhäuser
      • MDK prüft statistische Auffälligkeiten der Krankenhausabrechnungen anhand eines von der Selbstverwaltung zu vereinbarenden Kriterienkataloges (mit Möglichkeit der Ersatzvornahme durch das BMG)
      • Bei Auffälligkeiten Prüfung der hinter der Auffälligkeit stehenden Einzelfälle je nach Umfang als Voll- oder Stichprobenprüfung
      • Zusätzliche Möglichkeit der Krankenkassen, bis zu 5% Ihrer Fälle in eine Einzelfallprüfung zu geben (die 5% beziehen sich auf die Fälle der jeweiligen Kasse insgesamt, nicht bezogen auf ein Krankenhaus, d.h. eine Kassen könnte in einem Krankenhaus alle ihre Fälle prüfen lassen, wenn dies nicht mehr als 5% ihrer Fälle sind und sie in anderen Häusern entsprechend weniger prüft)
      • Auftrag an die Selbstverwaltung, Qualitätsrichtlinen für MDK-Gutachten zu entwickeln (Konfliktlösung: Bundesschiedsstelle)
      • Sowohl zu hohe, als auch zu niedrige Abrechnungen sind verpflichtend zu korrigieren , wobei der MDK die Kodierung des Krankenhauses "begründet wiederlegen" muss
      • Etwas komplexe Regelung zum Umgang mit Hochrechnung der Stichprobe und Ausgleich der unterschiedlichen Beträge, jedenfalls Wegfall der Aufrechnungsmöglichkeit durch die Krankenkassen
      • Selbstredend ist die Aufwandspauschale nicht mehr enthalten
      • Noch verschiedene Formulierungen und Detailregelungen, die unter anderem zur Klarstellung im Hinblick auf die BSG-Rechtsprechung zielen

    Soweit die erste Durchsicht, wobei Änderungen mit Bezug auf SGB XI und redaktionelle Änderungen nicht berücksichtigt wurden.

    Ich freue mich auf die anregende Diskussion und bin gespannt, was am Ende tatsächlich dabei rauskommt.

    Gruß

    PS: Hier gibt es dazu noch ergänzende Informationen

    Hallo!

    Auf diese Argumentation muss man erst einmal kommen...

    Durch das Herausstreichen der pflegerelevanten OPS- und ICD-10 Kodes wird die Digitalisierung
    der Pflegedokumentation erneut gehemmt. So haben vielen Kliniken gerade vor dem Hintergrund
    der PKMS-Kodierung in den letzten Jahren die Digitalisierung der Pflegedokumentation in Angriff
    genommen. Das hierin liegende, enorme Ressourcenpotenzial hinsichtlich einer Entbürokratisierung
    durch den Abbau der Doppeldokumentation läuft Gefahr, nicht genutzt zu werden.

    Die Stellungnahme der Fachgesellschaft Profession Pflege dreht sich in erster Linie darum, den PKMS auch nach Ausgliederung zu erhalten.

    Bei allem Verständnis dafür, dass man sich von "seinem Baby" ungern trennt, habe ich das Gefühl, dass hier ein Vorstandsmitglied von Profession Pflege einen gewissen Interessenkonflikt mit Ihrer Beratungstätigkeit hat (https://www.recom.eu/seminare/pkms-…ia-wieteck.html). Dieser hätte in der Stellungnahme zumindest ausgewiesen werden müssen (compliance).

    Das Verhältnis von Aufwand zu Nutzen finde ich bereits jetzt beim PKMS fraglich, erst Recht, wenn die Pflegekosten nicht mehr über DRG finanziert werden.

    Entweder-Oder: Entweder man hätte die Wirkung der pflegewirksamen Maßnahmen innerhalb des DRG-System (PKMS, Pflegegrade, Sachkostenkorrektur) abgewartet, oder man möchte eine Ausgliederung der Pflegekosten, dann aber auch bitte eine entsprechende Entlastung bei der Dokumentation.

    Gruß

    Hallo,

    auch wenn man die PE-Entnahme als Biopsie betrachtet, wäre für die intraoperative Biopsie eine Operation erforderlich. Also sollte mindestens noch die Laparoskopie kodiert werden (1-694). Im Hinblick auf den Erlös scheint die Diskussion sowieso eher akademisch zu sein, oder macht das bei dem echten Fall etwas aus?

    Gruß

    Lieber Papiertieger,

    kennen sie (medizinisch) den Unterschied zwischen einer Laparoskopie und einer Incision? Eine Laparoskopie ist ein operativer Eingriff. Die Entnahme der PE erfolgt nicht blind mit einer Biopsienadel über eine kleine Hautincision, sondern unter Sicht mittels einer PE-Zange über einen eigens zusätzlich zum Kamerazugang eingebrachten Arbeitstrokar (wie im zitierten OP Bericht beschrieben).

    Im verwendeten OPS 5-501.01 steht die atypische Leberresektion in der Viersteller-Überschrift in runden Klammern (also als ein Beispiel). Der endstellige OPS bezeichnet eine laparoskopische lokale Excision der Leber und genau dies wurde durchgeführt.

    Gruß

    Hallo AnneDD,

    da hilft es, zunächst einmal den InEK-Abschlussbericht zu dem Thema zu lesen. Dort finden Sie auch die konkreten Antworten auf Ihre Fragen :

    • Unter 5 Tagen und unter Pflegegrad 3 keine (positiven) Kostenunterschiede der Pflege zwischen Fällen mit und Fällen ohne Pflegegrad
    • Kein ZE bei unbewerteten, teilstationären oder Fehler-DRGs sowie bei DRGs mit Pflegegrad-Fällen, aber negativem Kostendelta
    • hohes“ ZE bei DRGs mit entsprechenden Fällen und Kostendelta ≥ 150 €
    • niedriges“ ZE bei allen anderen DRGs, also auch wenn in den Daten gar keine entsprechenden Fälle vorhanden waren oder das Kostendelta minimal war

    Angesichts der im Abschlussbericht beschriebenen Datenlage war es schon sehr wohlwollend, überhaupt ein ZE zu entwickeln. Mit dem "vorgesehenen Budget" hat das gar nichts zu tun, denn es gibt ja nicht insgesamt mehr Geld dafür sondern es wird dem Gesamtsystem entnommen.

    Es stimmt einfach nicht, dass die Kosten der Pflege nicht in den DRG abgebildet sind. Und beispielsweise durch Maßnahmen wie die Sachkostenkorrektur, die gleichzeitig eine Personalkostenaufwertung ist, wurde diese Abbildung noch verbessert. Es ist auch ein Trugschluss zu denken, durch eine Kostenausgliederung der Pflegekosten würde nun alles besser. Damit werden wir noch viel "Spaß" haben.

    Gruß

    Hallo Medman,

    Die Kostenausgliederung der ZE Leistung vor der eigentlichen DRG-Kalkulation (wird mit allen ZE-Leistungen und wenn möglich auf IST-Kostenbasis gemacht) und die Erlöskorrektur der DRG-Erlöse wegen ausgegliederten ZE-Leistungen sind völlig unterschiedliche Prozesse.

    Und am 16.10.2017 war der Katalog-Drops schon längst gelutscht! Üblicherweise wird der Katalog bereits Anfang September der Selbstverwaltung vorgestellt und Ende September beschlossen. Nur im letzten Jahr kam es zu der erwähnten Verzögerung, die aber weniger an der Bewertung, als vielmehr an der Neuberechnung der verbliebenen BR lag. Aber auch damit war es viel zu spät, um irgend etwas mit dem BBFW 2018 zu machen.

    Wenn ich die relevante Stelle im Abschlussbericht (S. 48 "Auswirkungen der ZE auf die Normierung") lese, komme ich eher zu dem Schluss, dass auch die Umrechnung € --> BR von den Vertragspartnern mehr oder weniger freihändig ("Nehmen wir der Einfachheit halber mal 3500 €") erfolgte

    Zitat

    Die bislang vom InEK durchgeführte Kostenbereinigung [Anm. 22.850 BR] wurde von den Vertragsparteien auf Bundesebene mit einem Auswirkungsbetrag in Höhe von 80 Mio. € bewertet

    Gruß

    Hallo Cardiot,

    setzen Sie die Ansprüche an die Genauigkeit solcher Maßnahmen nicht zu hoch. Wie Herr Schaffert schon sagte, handelte es sich auch bei der Pflegegrad-ZE-Ausgliederung um eine reine Schätzung - die zudem auf Wunsch einer Seite noch einmal angepasst wurde (was wohl auch der Grund für den späten Katalog war).

    Also: InEK schaut, was im Datenjahr an OPS kodiert wurde und erkennt, es ist unplausibel wenig (relativ neuer OPS ohne Erlösrelevanz). InEK extrapoliert ein wenig aus den Daten (z. B. Hochrechnung aus Durchschnitt im letzten Quartal bei den Häusern, die den OPS scheinbar relativ konsequent erfasst haben) und macht daraus eine Abschätzung. GKV sagt, nach Ihren Daten müssten es aber mehr sein, also einigt man sich irgendwo dazwischen. Das aus der Anzahl der geschätzten Fälle resultierende Erlösvolumen wird dann in BR umgerechnet und abgezogen.

    Den Aufwand betreibt man aber nur dort, wo das Erlösvolumen überhaupt größere Auswirkungen auf das cm-Volumen haben kann, wie bei Pflege und Super-SAPS

    Gruß

    Hallo Medman 2,

    es handelt sich offensichtlich um ein politisch gewolltes ZE, das trotz einer eher mäßigen Datenlage wohlwollend kalkuliert wurde. Nach Darstellung des InEK, wenn ich es richtig verstehe, wurde bezüglich der DRG-Listen folgendermaßen vorgegangen:

    • Ausschluss der DRGs, bei denen beim besten Willen kalkulatorisch kein ZE vertretbar ist, weil die Kosten der Fälle mit Pflegegrad niedriger sind, als die Kosten ohne Pflegegrad
    • Identifizierung der DRGs mit "hohem" ZE (ZE163) wenn die Fälle mit Pflgegrad durchschnittlich mindestens 150 € teurer sind, als die Fälle ohne Pflegegrad
    • Das "niedrige" ZE (ZE162) bekamen alle anderen DRGs, auch solche, bei denen gar keine Fälle mit Pflegegrad vorkamen oder die Differenzkosten minimal waren. So sind auch DRGs in die Liste, bei denen die Bewertung des Pflegegrades inhaltlich wenig Sinn macht.

    Das bedeutet aber auch, dass sich diese ZE mit besserer Datenlage (also spätestens mit den Daten 2018 für das Systemjahr 2020) sicher noch erheblich verändern wird, sowohl hinsichtlich der Entgelthöhe, als auch aller anderen Parameter wie Mindestverweildauer, DRG-Listen oder ggf. sogar Berechnungsmodus.

    Gruß