Beiträge von MiChu

    Hier nun das "Ergebnis":

    Die Revision der Krankenkasse hatte keinen Erfolg. Das Sozialgericht hat der Klage des Krankenhauses zu Recht stattgegeben. Ob der Bescheid insgesamt formell rechtmäßig war, bedarf keiner abschließenden Klärung, da die Krankenkasse keine Aufschlagszahlung hätte erheben dürfen. Eine formelle Rechtswidrigkeit ergibt sich jedenfalls weder aus der zunächst unterbliebenen Anhörung noch aus dem Umfang der Begründung im Bescheid. Die Krankenkasse hat die Aufschlagserhebung hinreichend begründet (§ 35 Absatz 1 Satz 2 SGB X). Das Krankenhaus verfügt über die nötige Sachkunde zum Verständnis des Bescheides. Die vor Erlass des Bescheides unterbliebene Anhörung war zwar nicht entbehrlich. Bescheide über Aufschlagszahlungen sind keine schematischen oder formularmäßigen Entscheidungen (§ 24 Absatz 2 Nummer 4 SGB X). Die Anhörung ist aber im Widerspruchsverfahren nachgeholt worden. Das Krankenhaus hatte hinreichende Gelegenheit zur Darlegung seiner abweichenden Rechtsauffassung zum zeitlichen Anwendungsbereich der Aufschlagszahlungen. Die Erhebung der Aufschlagszahlung erfolgte allerdings materiell zu Unrecht: Nach § 275c Absatz 3 Satz 1 SGB V haben die Krankenhäuser ab dem Jahr 2022 neben der Rückzahlung der Rechnungsdifferenz einen Aufschlag an die Krankenkassen zu zahlen. Das Tatbestandsmerkmal “ab dem Jahr 2022“ knüpft - entgegen der Rechtsauffassung der Krankenkasse - nicht an das Datum der leistungsrechtlichen Entscheidung der Krankenkasse an, sondern an den Zeitpunkt der Einleitung der Rechnungsprüfung, der sich nach außen durch die Beauftragung des Medizinischen Dienstes manifestiert. Dieser Zeitpunkt lag hier vor dem 1. Januar 2022. Bei offenem Wortlaut der Vorschrift folgt dies bereits aus systematischen Gründen: In den Absätzen 2 und 3 des § 275c SGB V hat der Gesetzgeber einen systematischen Zusammenhang zwischen Rechnungsprüfung, Prüfquote für das Krankenhaus und Aufschlagszahlung hergestellt. Die Berechnung des Aufschlags erfolgt nach der ab 1. Januar 2022 geltenden quartalsbezogenen Prüfquote des Krankenhauses (§ 275c Absatz 3 Satz 2 SGB V). Im Gegensatz zur ursprünglichen Fassung besteht in der maßgeblichen Fassung (vom 20. Dezember 2020) keine eigene Berechnungsregel für Zeiträume mit festen, nicht quartalsbezogenen Prüfquoten mehr, die in den Jahren 2020 und 2021 galten. Von Aufschlägen können daher nur solche Prüfungen betroffen sein, die ab 1. Januar 2022 innerhalb quartalsbezogener Prüfquoten durchgeführt wurden. Für die Zuordnung der Prüfung zur Prüfquote ist der Zeitpunkt der Einleitung der Prüfung maßgeblich (§ 275c Absatz 2 Satz 3 SGB V). Für die Erhebung der Aufschlagszahlung ist deshalb aus systematischen Gründen ebenfalls auf diesen Zeitpunkt abzustellen. Dies steht auch im Einklang mit der Entstehungsgeschichte und dem Zweck des § 275c Absatz 3 SGB V. Mit der Einführung von Prüfquoten und Aufschlagszahlungen im Rahmen des MDKReformgesetzes hat der Gesetzgeber eine Anreizwirkung für die Krankenhäuser zur regelkonformen Rechnungsstellung bewirken wollen. Im Zuge der COVID-19-Pandemie hat der Gesetzgeber den Beginn von quartalsbezogener Prüfquote und Aufschlagszahlung auf 2022 verschoben und die Verschiebung mit den pandemiebedingten Belastungen und Liquiditätsengpässen der Krankenhäuser begründet. Diesem Zweck würde eine nachträgliche Erhebung von Aufschlägen für vor dem 1. Januar 2022 begonnene Prüfungen von Rechnungen der Jahre 2020 und 2021 zuwiderlaufen. Die bezweckte Anreizwirkung kann bei diesen Prüfungen ohnehin nicht mehr erreicht werden.

    Hallo,

    Danke für Ihre Darstellung.

    Besonders die Analogie zum Auto tut gut. Besonders da KH ja häufiger mit Autofabriken verglichen werden.

    Im Ernst: mal sehen was der Kostenträger zu dieser Auffassung sagt.

    Gibt es Hinweise aus dem Forum, das die Sichtweise des MD gar nicht so falsch ist/ sein könnte?

    Hallo,

    das die Regelungen in den entsprechenden Gesetzen / Verordnungen / Vereinbarungen nicht "optimal" sind, sehen wir auch an den diversen Diskussionen hier im Forum.

    Viele Fragen, die hier im Forum gestellt werden, waren häufig schon bei der Diskussion vor Abschluss der Gesetzen / Verordnungen / Vereinbarungen bekannt. Leider bleiben die Theoretiker offensichtlich lieber unter sich. Diese "unsaubere" Arbeit führt immer mehr dazu, dass letztlich Gerichte bemüht werden müssen.

    Und wer dann auf Richter trifft, die meinen Rechtsgeschichte schreiben zu müssen.....

    Ich hoffe das aus den Entscheidungen des BSG sich endlich ablesen lässt, welches Datum genommen werden muss.

    Mal sehen wie am 19. entschieden wird.

    Hallo,

    mit dieser Frage will sich das BSG am 19.10.23 befassen.

    B 1 KR 8/23 R (voraussichtlicher Termin: 19.10.2023) Vorinstanz: SG Düsseldorf, S 30 KR 1356/22 KH, 12.01.2023 An welches Ereignis knüpft das Tatbestandsmerkmal "ab dem Jahr 2022" in § 275c Abs 3 S 1 SGB 5 für die Festsetzung einer Aufschlagszahlung an?u.a.

    Guten Morgen,

    Die Sichtweise des MD haben wir jetzt schriftlich:

    "...beginnt die neurologische Komplexbehandlung mit der Erhebung des ersten
    neurologischen Befundes auf der spezialisierten Einheit im Sinne der Mindestmerkmale und endet mit dem
    letzten dokumentierten neurologischen Befund im Sinne des OPS..."

    Die gesamte schriftliche Begründung:

    OPS 898120, Neurologische Komplexbehandlung des akuten Schlaganfalls, Auf einer Schlaganfalleinheit ohne
    (kontinuierliche) Möglichkeit zur Durchführung von Thrombektomien und intrakraniellen Eingriffen,
    Mindestens 24 bis höchstens 48 Stunden:
    Vitalparametermessungen erfolgten vom 26.03.2023, Eintrag in Spalte "19/20" Uhr bis zum 27.03.2023, Spalte
    "22/23" Uhr (dokumentiert auf einem Blatt mit der Überschrift "Stroke Unit Monitoring") und somit über mehr
    als 24 Stunden.
    Die Mindestmerkmale des OPS 8-981.20 lauten u.a. wie folgt: Behandlung auf der spezialisierten Einheit mit:
    - Mindestens viermaliger Erhebung pro vollendetem 24-Stunden-Intervall und Dokumentation des
    neurologischen Befundes durch einen Arzt zur Früherkennung von Schlaganfallprogression, -rezidiv und
    anderen Komplikationen. Der Abstand zwischen den einzelnen Erhebungen darf höchstens 8 Stunden
    betragen.
    In diesem Fall liegen die ärztlichen Befunde (aufgeschlüsselter NIHSS) am 26.03.2023 um 20 und 24 Uhr sowie
    am 27.03.2023 um 8 und 14 Uhr vor. Eine andersartige ärztliche Befunddokumentation nach dem 27.03.2023,
    14 Uhr ist gemäß Dokumentation nicht vorliegend. Aus gutachtlicher Sicht beginnt die neurologische Komplexbehandlung mit der Erhebung des ersten
    neurologischen Befundes auf der spezialisierten Einheit im Sinne der Mindestmerkmale und endet mit dem
    letzten dokumentierten neurologischen Befund im Sinne des OPS. Im vorliegenden Fall ist somit ein
    "vollendetes 24-Stunden-Intervall" nicht belegt, da zwischen dem ersten und dem letzten Befund weniger als
    24 Stunden liegen. - Durchführung einer Computertomographie oder Magnetresonanztomographie, bei Indikation zur
    Gutachten für XYZ, geb.: 01.01.XYZ1
    Thrombolyse oder Thrombektomie innerhalb von 60 Minuten, ansonsten innerhalb von 6 Stunden nach der
    Aufnahme, sofern diese Untersuchung nicht bereits extern zur Abklärung des akuten Schlaganfalls
    durchgeführt wurde.
    Belegt.
    Zusammenfassend sind die Mindestmerkmale des OPS 8-981.20 nicht belegt.