Beiträge von MDK.Opfer

    Man sollte aber auch die wesentliche Einschränkung erwähnen: In dem verlinkten Interview geht es um ein Forschungsprojekt zur onkologischen Versorgung. In dem Bereich geht es um Menschenleben. Außerdem wird da mittlerweile recht viel mit interdisziplinären Konferenzen gearbeitet, es gibt tonnenweise Studien und Leitlinien - das alles verringert natürlich den Spielraum für ökonomisch motivierte Manipulationen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass man z.B. in den Bereichen interventionelle Kardiologie, Endoprothetik, Wirbelsäulenchirurgie, Schmerztherapie (um nur einige zu nennen) weitaus mehr Anhaltspunkte gefunden hätte...

    Wenn es primär nicht um das Zusatzentgelt, sondern um die Therapie geht (und ich hoffe natürlich mal, dass das die Motivation ist), stellt sich natürlich die Frage, ob man angesichts der Mondpreise für Spravato das Esketamin nicht lieber off-label als Infusion gibt, was die Medikamentenkosten um ca. 99,7% senken würde (bei geschicktem Einkauf sind Sie mit 2 Euro pro Dosis dabei). Aufklärungs- und Haftungsfragen sind bei off-label-Einsatz natürlich zu berücksichtigen, insbesondere, wenn eine on-label-Option existiert. Wie handhaben das denn jetzt die Häuser, die in der Vergangenheit schon Ket i.v. zur Depressionstherapie gegeben haben?

    Was die erfolglose Recherche angeht: Probieren Sie's doch einfach mal mit Google. Eine Suche nach "Depression Schweregrad" oder "Depression mittelschwer schwer" liefert die Information im ersten Treffer. Und im zweiten. Und im dritten. Und im - ach, lassen wir das. Alternativ hilft auch ein Blick in die nationale Versorgungsleitlinie. Und im Extremfall können Sie auch einen Psychiater oder Psychologen fragen, die wissen das alle. Sorry wenn das jetzt etwas harsch klingt, aber es nimmt leider (nicht speziell in diesem Forum) überhand, dass mit dem Verweis auf "erfolglose Recherchen" nach Dingen gefragt wird, die sich mühelos innerhalb von 30 Sekunden ergoogeln lassen...

    Es geht sogar noch wesentlich seltsamer: Zum Thema "teilstationär" stellt IGES lapidar fest:

    „Teilstationäre Behandlungen nutzen die medizinisch-organisatorische Infrastruktur eines Krankenhauses, sind aber durch eingeschränkte Verweildauern gekennzeichnet, d. h. die Zeit des Aufenthalts in der Klinik ist geringer als 24 Stunden bzw. ein Tag und eine Nacht. Im somatischen Bereich sind teilstationäre Behandlungen somit ambulanten Behandlungen im Krankenhaus gleichzusetzen“

    Tageskliniken im somatischen Bereich gibt’s also eigentlich gar nicht, das ist alles ambulant – und zwar ohne jede weitere Begründung. Für ein wissenschaftliches Gutachten ist das doch eine eher -äähm, sagen wir: bemerkenswerte Herangehensweise. Demzufolge sind dann die 8-91c und die 8-98a (die einzigen explizit teilstationären DRGs in der Erwachsenenmedizin) als ambulant vorgeschlagen.

    Da stellen sich unter anderem die Fragen:

    - Wenn das so sonnenklar ist, dass man es ohne jede Begründung in ein Gutachten schreiben kann, - wie kommt es dann, dass Kassen, Krankenhäuser, Ministerien, Gesetzgeber u.s.w jahrzehntelang ein offensichtliches Phantom gepflegt haben? Da wäre etwas Abgleich mit der Realität vielleicht nützlich gewesen.

    - Warum werden pädiatrischen teilstationären DRGs nicht aufgeführt? Eine i.v.-Injektion oder Infusion unter 18 kann teilstationär sein, eine Komplextherapie aber nicht?

    - Wenn "weniger als 24h" automatisch ambulant bedeutet, warum dann nur für den somatischen und nicht auch für den psychiatrisch-psychosomatischen Bereich?

    - Und wenn die Unterscheidung tatsächlich gerechtfertigt sein sollte: Warum sind dann die multimodale Schmerztherapie und die Geri-Komplex ambulant erbringbar, obwohl die Betreuungsintensität *mindestens* so hoch ist wie in psychiatrischen/psychosomatischen TKen (im Bereich Schmerz sogar um einiges höher). Ach so, klar, steht in Kapitel 8, dann muss man sich die Realität ja nicht mehr anschauen...

    Für ein Institut, dass sich Wissenschaft auf die Fahne geschrieben hat, ist das schon ziemlich armselig...

    Wo spielt den die Anzahl der Neuropsychologen eine Rolle?

    Im Begutachtungsleitfaden für die StrOPS wird für jeden Fachbereich auch eine Vertretung gefordert. Ob das rechtlich zulässig ist, ist umstritten, mir sind (allerdings aus Vor-StrOPS-Zeiten) mindestens 2 Urteile bekannt, die das anders sehen (allerdings 1. und 2. Instanz, nix vom BSG). Das BMG hat in seiner "Klarstellung" zu dieser Frage (im Leitfaden enthalten) leider eben gar nichts klargestellt. Hilft aber praktisch nicht weiter - bis zum BSG dauert es Jahre und es braucht auch nicht viel Phantasie, um sich vorzustellen, wie der 1. Senat entscheiden würde.

    Die Neuropsychologie ist m.E. keine Fachrichtung, sondern eben ein Teil der Fachrichtung Psychologie u.o. Neurologie.

    Auch die Geriatrie, die spezielle Schmerztherapie und vieles andere sind nur Zusatzweiterbildungen. Trotzdem käme niemand auf die Idee, die Geriatrie oder die multimodale Schmerztherapie ohne die entsprechenden Therapeuten abzurechnen. Mit dieser Unterscheidung werden sie weder den MDK noch das BSG überzeugen können - wer einen Bereich repräsentiert, braucht den entsprechenden Zettel.

    Die Neuropsychologie ist eben eine offizielle Zusatz-Weiterbildung - und da sie im OPS gefordert wird, verlangt der MDK halt die entsprechenden Nachweise. Statt eines Physiotherapeuten dürften Sie ja auch keinen Orthopäden einstellen, auch wenn der die Übungen noch so gut drauf hat.

    Das ist in diesem Falle auch nicht nur der böse MDK, sondern mal wieder das BSG, wie schon erwähnt. Ich hatte mich nur mit dem Datum vertan, das Urteil ist B 1 KR 25/19 R (27.10.20). Da ging es zwar um Psychotherapeuten in der Schmerztherapie, aber das BSG hat sich auch allgemein geäußert, und zwar in Absatz 16:

    "Denn der Begriff der Fachdisziplin bringt zum Ausdruck, dass deren Angehörige über den Grad der fachlichen Spezialisierung verfügen, der sich nach den für die jeweilige Fachdisziplin geltenden Regeln definiert. Wer über eine solche fachliche Spezialisierung nicht verfügt, kann keine Fachdisziplin repräsentieren und das damit verbundene Wissen und Können nicht in die interdisziplinäre Diagnostik, Behandlung und Besprechung einbringen. Ob ein Behandler aufgrund seiner fachlichen Qualifikation einer Fachdisziplin zuzuordnen ist, richtet sich danach, ob er nach den für die jeweilige Fachdisziplin geltenden Regeln seine fachliche Qualifikation nachweisen kann. "

    Rein formal würde ich da wenig Spielraum sehen...

    Meines Wissens nach handelt es sich bei der klinischen Neuropsychologie um eine Weiterbildung, die von den Psychotherapeutenkammern geregelt ist (zumindest in meinem Bundesland ist es so).

    Damit gibt es also eine offizielle Weiterbildung. Dann gilt für den MDK der Grundsatz, dass eine Fachrichtung nur von jemandem vertreten werden kann, der auch den entsprechenden Zettel besitzt. Das ist auch von der Rechtsprechung des BSG gedeckt, im Urteil zu Psychotherapeuten in der multimodalen Schmerztherapie von 2021 wurde dazu ausführlich Stellung genommen.

    Hallo Zakspeed,

    ich fürchte, sie werfen 2 Dinge durcheinander:

    Das eine ist die Frage "1 oder 2 Fälle" - da geht es tatsächlich nur bei Quartalswechsel um die Zuschläge. Wir haben Kassen, die das explizit als 2 Fälle haben wollen, andere nicht, wieder andere interessiert es nur bei Quartalswechsel. Hat mich als Kliniker ehrlich gesagt noch nie tangiert - um die paar Kröten Zuschläge würde ich mich auch nicht streiten wollen.

    Sachliches Argument für die Trennung: Das Assessment erfolgt ergebnis-offen. Es dient eben nicht nur der Indikationsstellung für die multimodale Therapie und deren Vorbereitung, sondern kann auch in ganz andere Therapieplanungen münden. Es handelt sich also um eine eigenständige Leistung, die auch unabhängig von einer nachfolgenden Therapie erbracht werden kann.

    Ein ganz anderes Thema ist die Frage, ob das Assessment tagesklinisch abgerechnet werden kann - und da sind sie, mit Verlaub, ziemlich auf dem Holzweg:

    Eine tagesklinische Abrechnung des ersten Falles (inkl. aller Zuschläge, die fallen bei Quartalswechsel ja erneut an) ohne Durchführung der multimodalen Therapie (OPS) würde ich ablehnen.

    Mit welchem Recht? Wo steht, dass eine Tagesklinik nichts anderes machen darf als 8-91c? Ein Assessment wird in aller Regel die Anforderungen der 1-910 erfüllen. Ganz abgesehen davon kann eine teilstationäre Abrechnung - ebenso wie eine stationäre - auch ganz ohne OPS erfolgen.

    Wenn Sie sich die Anforderungen an das Assessment ansehen ( s00482-013-1337-7.indd (fachklinik-enzensberg.de) ), werden Sie feststellen, dass das über eine ambulante Therapie weit hinausgeht und die spezifischen Mittel des Krankenhauses erfordert, damit ist die teilstationäre Aufnahme gerechtfertigt. Sowohl der Aufwand als auch das Maß an Interdisziplinarität sind sogar deutlich höher als an einem normalen tagesklinischen Therapietag - ein eintägiges Assessment wird trotz tagesklinischer Abrechnung in aller Regel ein Verlustgeschäft sein. Kurz gesagt: Die teilstationäre Aufnahme ist an diesem Tag noch wesentlich besser gerechtfertigt als an den Therapietagen.

    Oder Sie rechnen vorstationär ab

    Das geht definitiv nicht. §115a SGB V regelt klar, in welchen Fällen eine vorstationäre Behandlung möglich ist, nämlich um "die Erforderlichkeit einer vollstationären Krankenhausbehandlung zu klären oder die vollstationäre Krankenhausbehandlung vorzubereiten".
    Dies ist hier aber nicht gegeben, es geht ja um teilstationäre Behandlung.

    die Kosten für die Untersuchungen sollten in die Preiskalkulation des tagesklinischen Entgeltes einfließen

    Sind sie aber eben nicht. Die verhandelten Tagessätze bilden den Aufwand für die Therapie am jeweiligen Tag an und keine wie auch immer gearteten Vorher- oder Nachher-Leistungen. Die Therapiekonzepte aller mir bekannten Schmerztageskliniken (und das sind einige) sehen ein tagesklinisches Assessment vor. Und alle diese Therapiekonzepte wurden vom MDK begutachtet und vom Staatsministerium genehmigt und sind den Kostenträgern bekannt. Das System funktioniert seit über 20 Jahren ganz gut.

    Natürlich könnte man das ändern, die Tagessätze aller Tageskliniken neu verhandeln und das Assessment einpreisen - aber wozu? Ein solches Vorgehen führt nur zu Fehlanreizen: Zum einen verführt es dazu, das Assessment zu minimieren (schlecht, weil ein gutes Assessment essentiell für die Therapie ist), zum zweiten werden die Kliniken dann versuchen müssen, nur noch solche Patienten zu assessen, bei denen die Wahrscheinlichkeit der Aufnahme schon a priori sehr hoch ist - das würde bedeuten, dass viele Patienten eben nicht mehr von der therapeutischen Weichenstellung profitieren könnten, die ein Assessment auch ohne anschließende IMST in vielen Fällen ist (dass wir einen Patienten ohne weitergehende Therapieempfehlung aus dem Assessment entlassen, kommt in 1-2% aller Fälle vor).

    Fazit: Assessment ist klar eine tagesklinische Leistung - aber so was von! ;)

    Guten Morgen,

    darf ich mal raten: Somatisch, Behandlungsplanung, danach 4 Wochen Therapie - das klingt verdächtig nach Schmerztagesklinik?

    Wenn ja: Da ist das von Ihnen geschilderte Vorgehen tatsächlich Standard und wird so von Kassen und MDK akzeptiert - zumindest in dem Bundesland, in dem über die Hälfte der deutschen Schmerztageskliniken beheimatet sind. Die Zeiträume zwischen Assessment und Aufnahme sind teils sogar deutlich länger. Probleme gibt es am ehesten mit kleineren BKKen aus anderen Bundesländern, die das Konzept einfach nicht kennen.

    Die teilstationäre Erbringung ist auch absolut gerechtfertigt (wenn es gut gemacht wird) - sowohl vom Aufwand her als auch unter dem Aspekt "besondere Mittel des Krankenhauses". Der Assessment-Tag ist ressourcenmäßig immerhin das aufwendigste an der ganzen Therapie