Beiträge von RA Berbuir

    N'abend zurück,
    ohne jetzt zu tief einzusteigen: Der Einzelne muss Eingriffe in die informationelle Selbstbestimmung auf Basis einer gesetzlichen verfassungsgemäßen Ermächtigungsgrundlage grundsätzlich hinnehmen. § 276 Abs. 2 SGB V gibt dem MDK hier ein entsprechendes Informationsrecht. In der Theorie muss nach S. 5 ff. auch eine strikte Trennung von Identifikations- und medizinischen Daten erfolgen, eine Zusammenführung ist nur besonders ermächtigten Personen möglich. Wie dies in der Praxis gehandhabt wird, ist ggf. ein anderes Blatt... 8)

    Wäre letztlich auch eine spaßige Variante: Wenn ich als Patient eine Herausgabe der Unterlagen den den MDK verbiete, kann sich meine KK dann das Geld bei mir zurückholen, weil ich den Prüfanspruch vereitelt habe, sie müsste mir dann ja nachweisen, dass die Rechnung falsch war und das kann sie ohne Akte nicht...!?

    in diesem Sinne schönen Feierabend!
    RA Berbuir

    Hallo Alex,
    da es eine gesetzliche Grundlage zur Akteneinsicht des MDK gibt (§§ 275 f. SGB V) und das BSG ja bereits bestätigt hat, dass kein Tatortprinzip beim MDK gilt, würde ich hier tatsächlich im Falle einer Anfrage versuchen, einen anderen MDK beauftragen zu lassen, allerdings gibt es dazu m.E. trotz der expliziten Anweisung des Patienten keine Pflicht. Man hat aber ggf. zukünftig einen wohlwollenderen Prüfer und das ist ja auch nicht schlecht - sofern man hier nicht ein Exempel statuieren will, den Prüfer unterhalb der UGVD entlässt und auf die ambulanten Möglichkeiten einer Nachsorge verweist... :D

    alle angaben ohne Gewähr! ;)

    das LSG BaWü hat in einer Entscheidung vom 11.04.2014 festgestellt, dass eine FZF bei einer unvermeidbaren Nebenwirkung einer Chemotherapie aufgrund der Regelung zu Komplikationen in der FPV 2008 nicht infrage kommt, obwohl es wirtschaftlicher wäre, die Fälle zusammen abzurechnen. Die Revision ist zwar zugelassen, aber offenbar nicht eingelegt worden - was angesichts der Entscheidung zum Az. B 1 KR 62/12 R natürlich schade ist...

    Zudem hat das LSG ein eigenes prozessuales Akteneinsichtsrecht der KK verneint, die Unterlagen dürften jeweils nur durch den MDK ausgewertet werden :!:

    Einen insoweit sehr viel einschränkenderen Weg hat hier kürzlich das SG Neuruppin gewählt: Demnach darf die Patientenakte im Gerichtsverfahren nur nach Vorlage einer Schweigepflichtentbindungserklärung des Patienten verwendet werden. Kann das klagende KH diese nicht vorlegen, bleibt es beweisfällig und die Klage wird abgewiesen. Eine Ausnahme sei nur dann möglich, wenn der Patient bereits vor Klageerhebung verstorben sei (hier und hier). Es bleibt zu hoffen, dass die KHs hier die zugelassene Sprungrevision eingelegt haben - wenn das Schule macht... ;(

    Wie sich aus einer Mitteilung der KGRP ergibt, will man dort zunächst die Entscheidung des BSG (B 3 KR 7/14 R), die offenbar auf den 08.10.2014 terminiert wurde, abwarten. Ein Schlichtungsausschuss soll dann ggf. bis Ende November verhandelt und noch vor Jahreswechsel konstituiert werden. Es wurde zudem mit Blick auf die Auffangzuständigkeit der Schiedsstellen nach § 18a KHG eine Absprache zwischen KHs und KKen getroffen, dass dort eingereichte Fälle lediglich angenommen, aber nicht bearbeitet werden und man diese nach Einrichtung der Landesschlichtungsstelle dorthin verweist.


    in NRW gibt es einen vorläufigen Schlichtungsausschuss seit 01.09.2014.

    kurze Ergänzung: der LSA in NRW ist bislang nur provisorisch, nach Angaben der KGNW soll erst ab 01.03.2015 der "richtige" LSA arbeitsfähig sein. Die Kosten für das Verfahren sollen € 300 (€ 150 für beide Seiten) betragen, bei fakultativen Prüfungen mit SW > 2000€ werden es € 600. Ungeklärt ist übrigens, ob diese Pauschalen in einem etwaigen anschließenden Klageverfahren als außergerichtliche Kosten geltend gemacht werden können...

    Unverständlich sind für mich die deutlich unterschiedlichen Kosten für das Schlichtungsverfahren je Bundesland.
    Ich hoffe in anderen Ländern wird es nicht noch teurer, aber so kann man sich auch Fälle fernhalten....

    in diesem Zusammenhang darf ich auch auf den hervorragenden Aufsatz von Prof. Felix in der Neuen Zeitschrift für Sozialrecht (NZS 2014, 601) hinweisen, die die komplette Neuregelung auseinandernimmt und die vielfältigen Mängel des Gesetzes aufzeigt. Insbesondere die Schlussfolgerung, die Kosten für die Schlichtungsverfahren dürften letztlich dazu führen, dass es wirtschaftlich unsinnig wird, Forderungen unter € 2000,- weiterzuverfolgen, wodurch eine verfassungswidrige Rechtsschutzlücke geschaffen wird, erscheint mir bemerkenswert. :thumbup:

    /edit: die Kosten in HH erscheinen mir allerdings nicht zu hoch angesetzt, ob dies letztlich kostendeckend ist bzw. welche Qualität hier erwartet werden kann, wäre eine andere Frage

    Hallo zusammen,
    nach Auskunft der LKGen in BaWü und RLP sollen dort die Schlichtungsausschüsse bis Ende November 2014 eingerichtet werden. Bis dahin gilt die gesetzliche Auffangregelung, von der jedoch kein Gebrauch gemacht werden soll. In Hessen sollte eigentlich bis Anfang September ein Ausschuss konstituiert werden, dies ist jedoch bislang offenbar nicht erfolgt. :D
    wie sieht es in anderen Bundesländern aus?
    MfG, RA Berbuir

    Schönen Wochenstart zusammen!

    wie bereits unter den News berichtet, die Entscheidungen des BSG vom 01.07.2014 sind nun im Volltext online: B 1 KR 2/13 R und B 1 KR 1/13 R

    Aus Sicht der Rechtsanwender wird es insbesondere mit Blick auf das erste Urteil leider immer schwieriger, das Vorgehen der beiden Senate zu verstehen. ?(

    Der 1. Senat befeuert zunächst die - eigentlich aufgrund der Entscheidungen des 3. Senats bereits beendete - Diskussion um die zeitliche Begrenzung der Rechnungskorrekturen, indem er ausführt:

    Zitat

    Das Rechtsinstitut der Verwirkung findet nur in besonderen, engen Ausnahmekonstellationen Anwendung, etwa wenn eine Nachforderung eines Krankenhauses nach vorbehaltlos erteilter Schlussrechnung außerhalb des laufenden Haushaltsjahres der KK erfolgt.

    Kein Wort dazu, ob er die Ausführungen des 3. Senats (laufendes Rechnungsjahr plus Folgejahr) mitträgt, sondern lediglich der Verweis auf die eigenen Formulierungen. ;(

    Dann noch eine schöne Volte zum Schluss:

    Zitat

    Der erkennende Senat weicht damit nicht in einer Weise von Rechtsprechung des 3. Senats des BSG ab, die eine Vorlage an den Großen Senat (§ 41 Abs 3 SGG) erfordert. Die Rechtsprechung des 3. Senats des BSG deutet offensichtlich lediglich in obiter dicta eine abweichende Auffassung an. Der 3. Senat des BSG hat bei dem erkennenden 1. Senat nicht wegen Abweichung von dessen Rechtsprechung angefragt (vgl § 41 Abs 3 S 1 SGG).

    Hier wird also die Vorlage an den Großen Senat deswegen verweigert, weil nach Auffassung des 1. Senats bereits der 3. Senat vor seiner Entscheidung vom 18.07.2013 hätte vorlegen müssen. Deshalb wird nun so getan, als handele es sich bei den Ausführungen des 3. Senats um unverbindliche nicht-entscheidungstragende "obiter dicta". Sieht man sich jedoch die Entscheidung des 3. Senats an, ist festzustellen, dass es die dortigen Ausführungen zur Verwirkung innerhalb der Verjährungsfrist gerade entscheidungserheblich waren, da die Zurückweisung der Revision der KK ja gerade mit dem Argument der Verwirkung erfolgte (s. unter Rz 21 "Der Anspruch scheitert darüber hinaus daran..."; damit wird die Entscheidung auch auf diesen Aspekt gestützt). Selbst wenn insoweit dem 3. Senat ein verfahrensrechtlicher Vorwurf zu machen sein sollte, ist dies m.E. nicht geeignet nun den 1. Senat zum selben Fehler zu berechtigen, anstatt durch eine Vorlage zum großen Senat für Rechtssicherheit zu sorgen... Damit existieren wieder einmal zwei divergierende höchstrichterliche Urteile in einer Rechtsfrage mit weitreichender Bedeutung! :cursing:

    Immerhin scheint heute mal die Sonne 8)