Patientin im Krankenhaus Foto: fotolia

Große Koalition und Krankenkassen wollen die Kliniken teils nach der Qualität ihrer Leistungen bezahlen. Die Krankenhäuser setzen einen Werbefeldzug dagegen.

Große Koalition und Krankenkassen wollen die Kliniken teils nach der Qualität ihrer Leistungen bezahlen. Die Krankenhäuser setzen einen Werbefeldzug dagegen.

Berlin/Stuttgart - Das Klima für die Kliniken wird rauer, wenn Union und SPD es ernst meinen mit dem, was im Koalitionsvertrag steht. Da heißt es: „Gute Qualität muss sich für die Krankenhäuser auch finanziell lohnen. (. . .) Das heute bestehende System der Mehrleistungsabschläge (Kürzungen der Vergütung, wenn eine vereinbarte Zahl von Behandlungen überschritten wird, d. Red.) wollen wir dabei differenzieren: Leistungen mit nachgewiesen hoher Qualität können von Mehrleistungsabschlägen ausgenommen werden, für besonders gute Qualität sind Zuschläge möglich. Umgekehrt sollen bei unterdurchschnittlicher Qualität für einzelne Leistungen auch höhere Abschläge möglich sein.“

Es ist kein Wunder, wenn bei den Krankenhäusern und bei ihren Funktionären alle Alarmglocken schrillen. Es geht ums Geld, da hört für die Kliniken der Spaß auf. Seit Jahren weisen sie die Politik regelmäßig darauf hin, dass sie chronisch unterfinanziert seien. Gebetsmühlenhaft fordern sie eine grundlegende Reform der Krankenhausfinanzierung, die für bestehende bedarfsgerechte und wirtschaftlich arbeitende Häuser eine auskömmliche Vergütung bringen müsse. Davon allerdings steht im Koalitionsvertrag nun rein gar nichts. Stattdessen wollen die Koalitionäre gute Qualität finanziell belohnen und weniger gute bestrafen.

Während Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) in Berlin bereits an einem Gesetzentwurf bastelt, setzen die Kliniken auf Öffentlichkeitsarbeit. Am Dienstag starteten ihre Verbände einen bundesweiten Werbefeldzug unter dem Motto: „Wann immer uns das Leben braucht.“ Hauptanliegen ist es, auf die insgesamt gute Behandlungsqualität auf den Stationen hinzuweisen. „Unsere Erfolge lassen sich belegen. Aber es reicht nicht aus, nur gute Arbeit zu machen, man muss auch darüber reden“, sagte Thomas Reumann, Vorstandschef der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft (BWKG) und Reutlinger Landrat im Diakonie-Klinikum zum Auftakt in Stuttgart.

In Sachen Qualität sehen sich die Kliniken zu Unrecht am Pranger. Insbesondere die Krankenkassen haben zuletzt immer wieder auf Mängel hingewiesen, beispielsweise auf ihrer Auffassung nach zu viele medizinisch nicht erforderliche Operationen und auf Behandlungsfehler mit gravierenden gesundheitlichen Folgen für Patienten bis hin zum Tod. Werner Wölfle, Vorstandschef des Verbands der Krankenhäuser in Stuttgart und Bürgermeister der Landeshauptstadt, äußerte am Dienstag die Befürchtung, dass manche Patienten durch solche Meldungen verunsichert werden könnten. Deshalb stellte er klar: „Wer ins Krankenhaus geht, dem wird geholfen, keiner muss Angst haben.“

Matthias Einwag, BWKG-Geschäftsführer, und Bernd Rühle, Geschäftsführer und Verwaltungsdirektor des Diakonie-Klinikums, betonten die Anstrengungen der Krankenhäuser im Rahmen der gesetzlichen und freiwilligen Qualitätssicherung. Die Kliniken im Land gehörten zu den besten. So sei es gelungen, die Zahl der in Kliniken erworbenen Infektionen mit MRSA-Keimen zwischen 2010 und 2013 von 1033 auf 592 zu drücken. Investiert werde auch in eine neue Fehlerkultur. „Aus Beinahe-Fehlern kann man lernen. Aber nur, wenn ohne Angst darüber gesprochen werden kann“, so Einwag.

Der BWKG-Geschäftsführer wandte sich strikt gegen das Vorhaben der Koalition, sich bei der Bezahlung an der Behandlungsqualität zu orientieren. Diese sei nicht messbar, die entsprechenden wissenschaftlichen Verfahren seien anfechtbar. Wie eine Klinik bei einem Eingriff abschneide, hänge immer auch vom Gesundheitszustand des Patienten ab, so Einwag. Es könne nicht sein, dass ein Krankenhaus mit vielen älteren Patienten gerade deshalb schlechter abschneide und dafür finanziell bestraft werde.

Die Qualität im Krankenhaus steht auch beim nächsten Forum Gesundheit unserer Zeitung am 19. März im Diakonie-Klinikum in Stuttgart im Mittelpunkt. Leserinnen und Leser sind herzlich eingeladen (Anmeldung siehe Info). Die Veranstaltung steht unter dem Motto „Wie finde ich ein gutes Krankenhaus?“ Dabei geht es um die Frage, wie Patienten sich vor einer planbaren OP informieren können. Experten bemängeln, dass die gesetzlichen Qualitätsberichte Transparenz eher erschweren (siehe Interview.)

BWKG-Vorstandschef Reumann nahm diese Kritik am Dienstag auf. Zum Beiweis, dass die Kliniken mit Transparenz gar kein Problem haben, will er Bürger und Politiker im Rahmen einer Aktion „Gläsernes Krankenhaus“ einladen.