Freie Spitalwahl
Baselland unterschätzt den Sog der Basler Spitäler

2013 gingen viel mehr Baselbieter Patienten nach Basel als budgetiert. Mit der vollständigen Freizügigkeit zwischen den Spitälern beider Basel, die seit Anfang Jahr gilt, dürfte dieser Trend weiter gehen. Der Kanton muss nun über die Bücher.

Michael Nittnaus
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Immer mehr Baselbieter Patienten gehen in Basel ins Spital. Im Unispital zum Beispiel steigt die Zahl der Baselbieter Patienten seit Jahren stetig.Martin Töngi

Immer mehr Baselbieter Patienten gehen in Basel ins Spital. Im Unispital zum Beispiel steigt die Zahl der Baselbieter Patienten seit Jahren stetig.Martin Töngi

Martin Toengi

So positiv die Baselbieter Staatsrechnung 2013 am vergangenen Mittwoch auch ausfiel: In einem Punkt hat sich der Kanton komplett verspekuliert. Satte 36 Millionen Franken mehr als budgetiert musste Baselland an ausserkantonale Spitäler für deren Baselbieter Patienten zahlen. Der Blick in die detaillierte Rechnung zeigt: 80 Millionen Franken wurden als Entschädigungen und Beiträge an den Bereich Akutsomatik der Basler Spitäler budgetiert. Die Rechnung weist nun aber Kosten von 109 Millionen Franken aus.

An Spitäler anderer Kantone und dem Ausland muss Baselland 19 Millionen zahlen – auch hier ist die Differenz zum Budget mit 7 Millionen Franken markant. Im Bereich Rehabilitation der Basler Spitäler dasselbe Bild: Budgetiert waren 1,7 Millionen Franken an Entschädigungen, zu Buche schlagen nun ganze 4,2 Millionen.

Da im Gegensatz dazu die Beiträge an den Bereich Akutsomatik des Kantonsspitals Baselland sogar tiefer ausfallen als budgetiert (110 statt 115 Millionen Franken), liegt der Schluss nahe: Der Kanton hat unterschätzt, wie viele Patienten sich 2013 für die Behandlung in einem Basler Spital entscheiden würden. «Wie sollen wir das auch präzise budgetieren können?», entgegnet Rolf Wirz. Der Sprecher der Volkswirtschafts- und Gesundheitsdirektion (VGD) betont, wie schwierig Patientenströme vorherzusagen seien.

Immer mehr gehen ins Unispital

An den nackten Kosten ändern die Patientenströme wenig: Baselland bezahlt 55 Prozent der Behandlung, egal in welchem Spital. Doch erstens fallen durch die etwas höhere Base Rate in der Stadt gewisse Mehrkosten an – das Unispital etwa beziffert diese auf Anfrage für 2013 auf total rund 200 000 Franken. Und zweitens hat der Kanton natürlich ein übergeordnetes Interesse, dass seine Bewohner auch die eigene Infrastruktur nutzen und damit stützen.

Bei den Spitälern scheint das je länger desto weniger der Fall zu sein. Das Beispiel des Basler Unispitals zeigt: Die Zahl der Baselbieter Patienten steigt und steigt. 2013 waren es total 8054. Das sind 4,8 Prozent oder knapp 400 Patienten mehr als noch 2012. Seit 2010 stieg die Zahl gar um 1400, während die Anzahl Basler oder anderer auswärtiger Patienten relativ stabil blieb.

Und mit der vollständigen Freizügigkeit zwischen den Spitälern beider Basel, die seit Anfang Jahr gilt, dürfte dieser Trend weiter gehen. Dies stützt auch der Blick ins Budget 2014: Bei der Basler Akutsomatik rechnet Baselland mit anfallenden Entschädigungen von 94 Millionen Franken. Eine massive Aufstockung. «Das Einzige, das wir steuern können, ist die Attraktivität unserer eigenen Spitäler», sagt Wirz denn auch – und verweist ganz bewusst auf die aktuellen Probleme des Bruderholzspitals, dessen Image unter den Abgängen in Orthopädie und Gynäkologie gelitten hat.

Prognosen werden erst 2015 besser

Das Problem erkannt hat auch die Finanzdirektion. «Direktionsübergreifend beschäftigen wir uns intensiv damit, wie wir die Patienten im Baselbiet halten können», sagt Finanzverwalter Roger Wenk. Die Beträge, die anfielen, seien tatsächlich «unglaublich hoch». Gegenüber der bz kündigt Wenk daher an: «Wir sind momentan zusammen mit der VGD daran, die Berechnungsgrundlagen der Fallpauschalen zu überprüfen, damit wir fürs Budget 2015 präzisere Prognosen machen können.»

Wenk betont, dass man sich noch immer in der Übergangsphase seit der Einführung der Fallpauschalen 2012 befinde. «Erst beim Budget 2015 können wir uns wenigstens auf die Erkenntnisse der beiden Rechnungen 2012 und 2013 stützen.» Ob die Baselbieter Anstrengungen fruchten werden, bleibt abzuwarten. Kein Zweifel besteht aber, dass die Basler Spitäler sie nur zu gerne scheitern sehen würden. Oder wie es Martin Jordan, Sprecher des Unispitals, trocken formuliert: «Wir haben durchaus Platz für noch mehr Baselbieter Patienten.»