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Kritik an Berlin

Soll jetzt auch das Krankenhaus ausbluten?

Demmin / Lesedauer: 3 min

Deutschland hat zu viele Klinikbetten, findet der Bundesgesundheitsminister. In Demmin kommen solche Kürzungspläne gar nicht gut an. Ist nach dem Amtsgericht die Klinik dran?
Veröffentlicht:13.04.2014, 17:20

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Auf die Nachricht hat Kai Firneisen gerade noch gewartet. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe will die Zahl der Krankenhausbetten reduzieren. Droht nach dem Aus für das Amtsgericht nun der nächste Kahlschlag? Gröhe sieht Überkapazitäten bei den Krankenhausbetten der Republik. Auch das Demminer Kreiskrankenhaus steht mit einer durchschnittlichen Auslastung von 75 Prozent nicht eben rosig da.

Firneisen bringen solche Statistik-Wahrheiten auf die Palme. „Die Patienten kommen doch nicht linear über das Jahr verteilt, sondern wenn sie krank sind“, hält der Geschäftsführer des Kreiskrankenhauses fest. „Was sagt so ein Durchschnittswert schon aus? Das ist eine Zahl, mehr nicht. Wir haben auf der Inneren Station Auslastungen bis zu 97 Prozent, sind im Moment gerade wieder nah dran. Natürlich stehen zwischenzeitlich auch einmal Betten leer, aber das ist ganz normales Geschäft, wir müssen diese Kapazitäten vorhalten.“

Gerade habe der Rettungsdienst zwei Verletzte eines schweren Unfalls bei Lindenhof nach Greifswald und Malchin bringen müssen, da die Demminer Intensivstation mit ihren zehn Betten voll belegt gewesen sei, so Firneisen. „Und das ist kein Einzelfall. Das zeigt, wir brauchen diese Kapazitäten.“

Unterm Strich stehen rote Zahlen

Die Notfallambulanz versorgte im vorigen Jahr mehr als 7000 Patienten. Insgesamt sind die Behandlungszahlen des Kreiskrankenhauses mit seinen 216 Betten in den letzten drei Jahren allerdings deutlich zurückgegangen, das muss der Klinikchef einräumen. Er sieht es als Folge der Kreisgebietsreform: „Demmin ist in eine Randlage geraten, viele Fachleute haben genau davor genau gewarnt. Für uns haben sich dadurch Patientenströme deutlich verändert, nicht zu unseren Gunsten, muss man leider sagen. Wir sind jetzt dabei, in Gesprächen mit niedergelassenen Ärzten und den Rettungsleitstellen den alten Zustand wieder herzustellen.“ Er sei da optimistisch, sagt Firneisen. „Ziel muss es doch bleiben, den Patienten in das nächstgelegene Krankenhaus einzuweisen.“

Mittelfristig sieht Firneisen das Kreiskrankenhaus eigentlich solide aufgestellt. Man baue derzeit ein flexibles Schichtsystem auf, um auf Schwankungen in der Belegung zu reagieren. Denn es gibt Handlungsbedarf: Wirtschaftlich schreibt das mit Millionenaufwand modernisierte Klinikum in der Wollweberstraße rote Zahlen. Personalkosten machen im Etat des Krankenhauses fast 70 Prozent der Kosten aus.

Es wird Ernst für die Kinderklinik

Der demografische Wandel wird in den nächsten Jahren zu einer zusätzlichen Herausforderung, soviel ist sicher. Immer mehr Senioren, immer weniger junge Familien. „Herz-Kreislauf-Erkrankungen, neurologische Behandlungen, die gesamte geriatrische Medizin, das wird zunehmen“, sagt Firneisen. „Darauf werden wir unser Profil neu einstellen müssen.“

Ernster ist die Lage für die beiden kleinen der sechs Kliniken des Krankenhauses – die Geburtenhilfe und die Kinderabteilung. „Hier wird der demografische Wandel in den nächsten Jahren am stärksten niederschlagen“, sagt Dr. Ralph Richter, Chef der Kinderabteilung. Aktuell sei das noch nicht zu spüren, aber langfristig wird es ein Thema, wenn die Entwicklung so weitergeht. Ich wünschte mir da schon ein Signal aus der Politik aber nicht so eins, wie es der Gesundheitsminister da gerade schickt. Er sollte mal die Auslastung der Schreibtische in seinem Hause berechnen lassen, da wird er auf ähnliche Zahlen kommen.“

Richter warnt eindringlich davor, ausgerechnet die Kinderabteilung und die Geburtenhilfe zum Opfer von Mittelkürzungen zu machen. „Kinder, die jungen Familien, sind die Zukunft unserer Gesellschaft. Gerade hier können wir der Demografie doch etwas entgegensetzen.“