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Kliniken: 2000 von 8000 Jobs fallen weg

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Wie gut bleibt die Notfallversorgung? Am Donnerstag berät das Rathaus über die Kliniken.
Wie gut bleibt die Notfallversorgung? Am Donnerstag berät das Rathaus über die Kliniken. © Bodmer Oliver

München - Jetzt beginnt die große und lang vorbereitete Not-OP zur Rettung der bislang fünf Krankenhäuser: Die Stadt rechnet bis 2022 mit weiteren Kosten von 704 Millionen Euro!

Das Rathaus hat den kranken städtischen Kliniken schon Finanzspritzen von mehr als 300 Millionen Euro gesetzt. Aber das war nur die Nothilfe – jetzt beginnt die große und lang vorbereitete Not-OP zur Rettung der bislang fünf Krankenhäuser: Die Stadt rechnet bis 2022 mit weiteren Kosten von 704 Millionen Euro! Am Ende wird der Steuerzahler nach bisherigen Rechnungen mit mehr als einer Milliarde Euro geradestehen.

Am Donnerstag beraten die Ausschüsse im Rathaus das Sanierungskonzept vom Februar, das die Berater der Boston Consulting Group für die Stadt erstellt haben. Kommende Woche entscheidet der Stadtrat. Wenn nichts geschieht, ist das Klinikum in den nächsten Monaten pleite. Aber kann die verordnete Therapie die vier Krankenhäuser wirklich retten? Ausgerechnet die Ärzte der Gewerkschaft Marburger Bund schlagen Alarm! Die tz beantwortet die wichtigsten Fragen zur Sanierung.

Was ändert sich für die Münchner?

Darüber gehen die Meinungen auseinander: Die Ärzte sehen die Notfallversorgung in Gefahr! Die Sanierer wollen die Kliniken nämlich gesundschrumpfen und 800 der bislang 3300 Betten abbauen. In München gibt es zu viele: Nur 216 Einwohner müssen sich ein Klinik-Bett teilen, in anderen Großstädten sind es dreimal so viele. Die kleine Haut-Klinik an der Thalkirchner Straße soll geschlossen werden, die vier großen Häuser bleiben erhalten. Aber mit anderen Schwerpunkten: Während Bogenhausen und Neuperlach leicht wachsen, werden Schwabing und Harlaching zu lokalen Notfallzentren mit nur noch 290 und 545 Betten amputiert. Das heißt für die Münchner: Bei Lebensgefahr müssen sie mit Blaulicht weiter nach Bogenhausen, Neuperlach oder gleich ins Rechts der Isar oder Großhadern gefahren werden.

Was sagen die Ärzte?

Der Marburger Bund protestiert und kämpft um alle Standorte. Die Gewerkschaft fürchtet einen Notfall-Engpass im Norden und Westen der Stadt, wo immer mehr Wohnungen und Unternehmen entstehen. Harlachings Betriebsratschef Herbert Schneider fliegt seit 30 Jahren im Rettungshubschrauber und warnt: Vor Ort könne der Notarzt selten eine genaue Diagnose stellen. Wenn sich die Krankheit dann im kleinen Notfallzentrum als gefährlich entpuppe, „geht’s mit dem Sanka weiter über die Ständlerstraße nach Neuperlach …“ Genau so fehle beim Geburten-Zentrum die Gynäkologie, wenn es plötzlich der Mutter schlechter gehe. Die Gewerkschaft glaubt, das Schwabing und Harlaching darum bald ausbluten. Stattdessen sollten dort größere Notfall-Kliniken erhalten bleiben, während sich Bogenhausen und Neuperlach auf planbare Eingriffe spezialisieren.

Was sagt die Politik?

CSU und SPD wollen nachsteuern und heute Änderungsanträge einreichen. So sollen Infarktpatienten künftig überall per Herzkatheter untersucht werden können. FDP, Piraten und HUT wollen Harlaching ausgliedern und mit dem Umland und Investoren betreiben.

Was ändert sich für die Mitarbeiter?

Viel! 2000 der 8000 Jobs sollen abgebaut werden – möglichst sozialverträglich – Alt-OB Christian Ude (SPD) hatte betriebsbedingte Kündigungen nicht ausgeschlossen, Nachfolger Dieter Reiter (SPD) lehnt sie ab. Weil auch das bestehende Personal im Vergleich zu teuer ist, soll über die Sonderzahlungen verhandelt werden. Die Kosten pro Stelle sollen von 65 800 Euro um 5000 Euro sinken! „Das lehnen wir kategorisch ab“, sagt Marburger Bund-Landeschef Christoph Emminger. Die jungen Ärzte würden an andere Kliniken abwandern.

Bogenhausen

Hier wird von 950 auf 1020 Betten aufgerüstet und bis 2022 alles saniert. Dafür soll ein Zusatzbau für 277 Millionen Euro entstehen. Schwerpunkt wird Onkologie.

Harlaching

Es bleibt beim geplanten Neubau, der aber kleiner ausfallen soll: Statt 750 ­werden es 550 Betten für Mutter & Kind, Altersmedizin und kleiner Notfallstation.

Schwabing

Die Problem-Klinik – zu weitläufig, zu alt, zu teuer. Der Standort schrumpft von 870 auf 290 Betten mit Mutter-Kind-Zentrum und Notfallstation. Der moderne kleine Neubau soll 100 Millionen kosten.

Neuperlach

Der Gewinner: Das Haus wächst von 550 auf 650 Betten für die meisten medizinischen Bereiche. Der erste Neubau soll bald fertig werden, dann wird angebaut.

David Costanzo

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