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„Alle Fehler gemacht“

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Die Elbphilharmonie und der Großstadtflughafen sind ein paar Nummern größer. Aber auch Bremen hat Probleme mit seinem aktuell größten Bauprojekt: Der Teilersatzneubau am Klinikum Mitte wird teurer als geplant und viel später fertig. Mit Kostensteigerungen und Bauzeitverzögerung befasst sich jetzt ein Untersuchungsausschuss, der sich gestern konstituierte.
Die Elbphilharmonie und der Großstadtflughafen sind ein paar Nummern größer. Aber auch Bremen hat Probleme mit seinem aktuell größten Bauprojekt: Der Teilersatzneubau am Klinikum Mitte wird teurer als geplant und viel später fertig. Mit Kostensteigerungen und Bauzeitverzögerung befasst sich jetzt ein Untersuchungsausschuss, der sich gestern konstituierte. © dpa

Bremen - Von Jörg Esser. Berlin hat seinen Großstadtflughafen, Hamburg die Elbphilharmonie. Und auch Bremen hat ein Großprojekt, das Zeit- und Kostenrahmen sprengt – den Teilersatzneubau des Klinikums Bremen-Mitte. Doch gemach, gemach: In Bremen ist alles einige Nummern kleiner.

Trotzdem hat die Bremische Bürgerschaft gestern in einer Sondersitzung einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss eingesetzt, der sich mit Kostensteigerung und Zeitverzug beschäftigen soll. Die 20-köpfige CDU-Fraktion hat die Einsetzung beantragt und sich als Unterstützer die beiden Abgeordneten der Gruppe Bürger in Wut (BIW) ins Boot geholt. Für die Einsetzung des Ausschusses sind 21Stimmen nötig. Die Regierungsfraktionen von SPD und Grünen enthielten sich gestern bei der Abstimmung, die vier Abgeordneten der Linken votierten dagegen.

Der Klinikbau sei das derzeit größte staatliche Investitionsvorhaben im Land Bremen und beherrsche die Schlagzeilen in der politischen Landschaft, sagte CDU-Fraktionschef Thomas Röwekamp. Seit 2006 werde geplant, zunächst seien 192 Millionen Euro für einen Neubau als PPP-Projekt (Public-Private-Partnership) veranschlagt worden. Zwei Jahre später sei die Privatbeteiligung gekippt worden. Neue Planungen, neue Planungskosten. Am 9. Mai 2011 gab es den ersten Spatenstich auf dem Klinikareal. Kalkuliert wurde mit 230 Millionen Euro. Es folgten Bauverzögerungen, Probleme mit Generalplaner und Trockenbauunternehmen. Derzeit werden die Kosten auf 265 Millionen Euro beziffert. In einem Risikobericht ist von weiteren 16 Millionen Euro die Rede. Röwekamp und Martin Korol (BIW) gehen davon aus, dass sich die Gesamtkosten auf mindestens 300 Millionen Euro anhäufen. Mit der Fertigstellung wird nicht vor Ende 2017 gerechnet.

Für Röwekamp steht fest: „Der Senat hat alle Fehler gemacht, die man bei so einem Projekt und so einer Großbaustelle machen kann.“ Der Oppositionsführer nahm vor allem Finanzsenatorin Karoline Linnert ins Visier. Die Grüne habe schon frühzeitig „aus ideologischer Verblendung eine Zusammenarbeit mit privaten Unternehmen beim Neubau abgelehnt“ und in der Folgezeit bei Problemen „auf stumm geschaltet“. Laut Röwekamp habe weder die Klinik-Holding Gesundheit Nord noch der rot-grüne Senat „die Baustelle im Griff gehabt“.

Matthias Güldner, Fraktionschef der Grünen, sagte, die Vorwürfe gegen Linnert entbehrten jeder Grundlage. „Sie sind so absurd, dass davon nichts hängenbleibt.“ Der CDU warf er vor, „gemeinsame Sache mit Rechtspopulisten zu machen“. Björn Tschöpe sieht keine Notwendigkeit für einen Untersuchungsausschuss. „Der Ausschuss wird bunte Einzelgeschichten ans Licht der Öffentlichkeit bringen“, sagte Tschöpe. Das sei auch alles. SPD und Grüne fürchten, dass den Kliniken neue Schäden zugefügt werden. Güldner: „Für die Mitglieder im Ausschuss besteht die verdammte Pflicht und Schuldigkeit abzuwägen, welche Schäden man in den Krankenhäusern anrichten will.“ Claudia Bernhard von den Linken hält den Untersuchungsausschuss für nicht gerechtfertigt, da es keine Hinweise auf eine schuldhafte Verstrickung von politischen Gremien gebe. Sie sagte, die CDU plane mit dem Ausschuss eine „Verkaufskampagne für das Produkt des privaten Kapitalismus und für die alte Wirtschaftspolitik aus Zeiten der großen Koalition“.

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