1. Startseite
  2. Lokales
  3. München

Städtischen Kliniken laufen die Mitarbeiter weg

KommentareDrucken

München - Für das Personal der Städtischen Kliniken wird es ungemütlich: Die Verhandlungen um Einsparungen bei den Mitarbeitern sind in vollem Gange. Im vergangenen Jahr haben rund 1000 Angestellte die Kliniken verlassen. Kritiker fürchten, man verliert die besten Köpfe.

Seit Monaten wird bei den Städtischen Kliniken (Bogenhausen, Harlaching, Neuperlach, Schwabing, Thalkirchner Straße) im Hintergrund gerungen. Um den Lohn, um Überstunden, Dienstpläne, Zusatzleistungen. Es sind schwierige Verhandlungen, weil sie eine Gratwanderung bedeuten: So viel sparen, dass es die Kliniken langfristig aus den tiefroten Zahlen schaffen. So wenig kürzen, dass sie ein attraktiver Arbeitgeber bleiben. Letzteres Ziel sehen Kritiker stark gefährdet.

Heute legt die Klinikleitung dem Stadtrat aktuelle Personalzahlen vor. Im vergangenen Jahr haben 1072 Mitarbeiter die Kliniken verlassen. Ohne die Azubis der Akademie bleiben 958 Austritte. Das sei eine „angemessene und mit anderen Klinikunternehmen vergleichbare Fluktuation“, heißt es im Bericht. Das sehen aber nicht alle so. „Die Austrittszahlen sind erschreckend hoch“, sagt Christoph Emminger, Betriebsrat im Klinikum Schwabing. „Mit diesen Kollegen geht uns ein unheimlich hoher Erfahrungsschatz verloren“, klagt er. Es würden zwar auch neue Ärzte eingestellt, das seien aber häufig Mediziner, die erst am Anfang ihrer Karriere stünden.

Der Betriebsrat schaut deshalb besonders kritisch hin, wenn es nun um die Sparmaßnahmen beim Personal geht. Ein Anliegen der Geschäftsführung ist es unter anderem, die relativ hohe Zahl an Krankheitstagen in der Belegschaft zu reduzieren. Dazu hat man beispielsweise die Attestpflicht ab dem ersten Tag eingeführt, was neben anderen Maßnahmen die Zahl der Krankheitstage reduziert und laut Bericht rund 600 000 Euro einbringt. „Das sind ja autoritäre Maßnahmen“, schimpft Verdi-Gewerkschaftssekretär und Vize-Aufsichtsratschef Dominik Schirmer. „Damit wird suggeriert, man kassiert die ganzen Blaumacher ein“, sagt er. Stattdessen müsse man mehr nach den Gründen für die Krankheitsfälle fragen.

Die vorgestellten Maßnahmen kratzten alle nur an der Oberfläche. Deshalb haben Schirmer, Emminger und die anderen Betriebsräte der Kliniken vor einigen Tagen einen offenen Brief an Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) geschickt – in dem sie bemängeln, es fehle ein Gesamtkonzept hinter den Personalmaßnahmen. „Das sind alles Maßnahmen, die nicht aufeinander abgestimmt sind“, sagt Schirmer. Heiß diskutiert wird auch ein Sanierungstarifvertrag, der für die Klinik-Angestellten bis zu sechs Prozent weniger Jahreslohn bedeuten könnte. Bedingung dafür ist, dass es während der Absenkung keine betriebsbedingten Kündigungen geben darf. „Das kann die Klinikleitung doch gar nicht garantieren, wenn so viele Stellen abgebaut werden sollen“, sagt Schirmer.

Der Plan sieht vor, dass bis zum Jahr 2022 rund 2000 der etwa 8000 Mitarbeiter gehen müssen. Schirmer und die Betriebsräte stehen einem Sanierungstarifvertrag deshalb sehr skeptisch gegenüber. „Die Beschäftigten tragen ohnehin schon den größten Teil an der Sanierung“, sagt Schirmer. Wenn man nun noch den Lohn kürze, schneide man den Ast ab, auf dem man sitze. „Die guten Leute hauen ab, wenn sie andere attraktive Angebote bekommen.“ Trotz der Kritik will die Politik am grundlegenden Weg festhalten. „Wir dürfen den Sanierungskurs jetzt nicht verwässern“, sagt CSU-Fraktionsvize Michael Kuffer.

Einen Sanierungstarifvertrag halte er für unumgänglich. „Wir dürfen da auch nicht mehr viel Zeit verstreichen lassen“, so Kuffer. Immerhin: Die ersten Zahlen, die zum Sanierungsverlauf vorliegen, geben Anlass zur Hoffnung. Nach rund 40 Millionen Euro Verlust in den vergangenen Jahren zeichnet sich offenbar eine erste Entspannung ab. Auch die Chefetage dürfte bald wieder vollständig sein – seit Jahresbeginn sind die Posten des kaufmännischen Geschäftsführers und des Medizinchefs vakant. Ende März, heißt es aus dem Aufsichtsrat, könne man vielleicht schon die Nachfolger präsentieren.

Auch interessant

Kommentare