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Streit über Krankenhauskosten "Die bekommen keinen Cent von uns"

Zusammenarbeit ja, Geldspritzen nein: Niedersachsen lehnt Forderungen aus Bremen ab, sich an den Kosten für die Krankenhäuser in der Hansestadt finanziell zu beteiligen.
24.08.2015, 00:00 Uhr
Lesedauer: 3 Min
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Von Peter Mlodoch

Zusammenarbeit ja, Geldspritzen nein: Niedersachsen lehnt Forderungen aus Bremen ab, sich an den Kosten für die Krankenhäuser in der Hansestadt finanziell zu beteiligen. „Die bekommen keinen Cent von uns“, sagte Sozialministerin Cornelia Rundt (SPD) dem WESER-KURIER. „Wir sind selbst dermaßen knapp mit Mitteln.“ Bei notwendigen Strukturreformen von Kliniken in und um Bremen mache aber eine Absprache durchaus Sinn, meinte die Ministerin. „Wir reden natürlich miteinander.“

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Bremens Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) hatte kürzlich eine engere Kooperation der beiden Nachbar-Bundesländer angeregt und dabei ausdrücklich die Krankenhausplanung benannt: „Das müssen wir besser verzahnen, zu sinnvoller Arbeitsteilung kommen und einzelne Kliniken in Schwerpunktzentren umwandeln.“ Im September wollen sich Sieling und Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) zu einem Gespräch treffen.

Bremen behandelt Patienten aus dem Umland

Hintergrund des Streits: Viele Patienten aus dem Umland lassen sich in den Krankenhäusern des Stadtstaates behandeln. Auf 30 Prozent taxiert die Bremer Krankenhausgesellschaft den niedersächsischen Anteil. Und dies hat dort natürlich – außer den reinen Arztkosten, für die die Krankenkassen aufkommen – einen höheren Aufwand für Investitionen und Sanierungen zur Folge. Daran soll sich Niedersachsen bitteschön beteiligen, finden die Bremer. Bei den Schulen sei dies schließlich auch so: Ein Abkommen zwischen den beiden Bundesländern regele, dass Niedersachsen die Belastungen Bremens, die durch die unter dem Strich größere Zahl an niedersächsischen Schülern entstehen, einen pauschalen Jahresbetrag zahlt.

In Hannover sieht man das für den Gesundheitsbereich freilich anders. „Bremen zieht die Patienten geradezu an sich“, erklärte Ressortchefin Rundt. Damit laste die Hansestadt ihre Kliniken besser aus, während den Krankenhäusern im Umland die Patienten dann fehlten. Dadurch würden diese Häuser unwirtschaftlich; in der Folge werde es schwerer, die medizinische Versorgung im Bremer Umland aufrecht zu erhalten. Die Ministerin: „Und das liegt natürlich nicht im niedersächsischen Interesse.“

Kliniken rund um Bremen nicht ausgelastet

Schon heute sind rund um Bremen wie allerdings auch in anderen Teilen Niedersachsens Kliniken mangels Auslastung zu Fusionen oder der Schließung von Abteilungen gezwungen. Das Land unterstützt solche Strukturreformen mit millionenschweren Investitionszuschüssen. Beispiel Bassum: Nach der Sanierung des somatischen Kreiskrankenhauses zieht die Abteilung Psychiatrie/Psychosomatik aus Twistringen vollständig komplett dorthin. In Delmenhorst kooperieren das dortige Klinikum und das St.-Josef-Stift seit Juni unter dem Dach einer gemeinsamen Holding – mit dem Ziel der „räumlichen Zusammenführung“.

Verstärkt wird das Problem durch die Vergütungssysteme, wonach die Kassen für die Grundversorgung relativ wenig bezahlen, für Spezialbehandlungen dagegen deutlich mehr springen lassen. Dies fördert gerade bei gewerblichen Anbietern den Hang zu kleinen, aber feinen Häusern. Niedersachsen befürchtet eine Art Kannibalisierung, wenn attraktive Häuser mit supermodernen Geräten die hoch qualifizierten Spezialisten weglocken und auf allgemeine Behandlungen fokussierte Krankenhäuser ausbluten lassen.

Lösung denkbar

„Wir müssen raus aus dem ruinösen Wettbewerb, in dem sich alle gegenseitig kaputt machen“, betonte die Ministerin. Auch der Bremer Regierungschef sieht das in diesem Punkt ähnlich. „Die Kliniken sollen auch über die Landesgrenze hinaus nicht konkurrieren, sondern sich ergänzen“, erklärte Sieling. „So schaffen wir für alle eine gewinnbringende Situation.“ Denkbare Lösung: Bremen verzichtet zugunsten des Umlands auf bestimmte Spezialabteilungen, auch wenn dann die Patienten von hier nach Niedersachsen fahren müssten.

Weiteres Ungemach droht freilich durch das neue Krankenhausreformgesetz des Bundes. Die große Koalition plant einschneidende Änderungen im System der Betriebskostenfinanzierung. Erklärtes Ziel ist der Abbau von Betten. Niedersachsen fühlt sich davon nicht angesprochen, weil es mit seiner niedrigen Quote von 543 Betten pro 100 000 Einwohner im bundesweiten Ranking auf dem vorletzten Platz liegt und nur von Baden-Württemberg (535) untertroffen wird. Absoluter Spitzenreiter ist dagegen Bremen mit 779 Betten.

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