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Klinikum Wilhelmshaven Filz und fehlende Millionen

JÜrgen Westerhoff

Wilhelmshaven - Die Welle der Empörung ist groß und ebbt nicht ab. Jede Menge Kommentare im Internet sprechen von Vetternwirtschaft, verfilzten Strukturen, einer Angelegenheit mit Geschmäckle, von Korruption, Scheinheiligkeit und dreckigem Sumpf.

Es geht dabei um die umstrittene Einstellung von Dr. Tanja Trarbach als Medizinische Direktorin eines am Wilhelmshavener Klinikum geplanten Zentrums für Tumorbiologie. Hintergrund der Aufregung ist, dass die Medizinerin die Lebensgefährtin des Krankenhaus-Geschäftsführers Reinhold Keil ist, dem schon vor Monaten vorgeworfen worden war, das ganze Zentrum nur geplant zu haben, um seiner Freundin eine Stelle zu schaffen.

Hintergrund: Neues Tumorzentrum als Familiensache, NWZ, 27. August 2015

Bereits im Februar trat der damalige Aufsichtsratsvorsitzende des Krankenhauses, SPD-Ratsherr Peter Debring, zurück und warf Klinik-Geschäftsführer Keil vor, die Stellenausschreibung so genau am Lebenslauf der Freundin orientiert zu haben, dass die Stelle für niemanden sonst infrage kommen konnte. Tatsächlich ist es kein Geheimnis, dass mit extrem detaillierten Stellenausschreibungen oft signalisiert wird, dass es für die Stelle bereits einen Wunschkandidaten oder -kandidatin gibt und die Ausschreibung nur der Form halber stattfindet.

Kritik an Finanzierung

Auf Debrings Rücktritt gab es im Februar unterschiedliche Reaktionen. Da war zum einem die Rede davon, dass Keils Freundin Trarbach ihre anfängliche Bewerbung inzwischen zurückgezogen habe, zum anderen hieß es, sie habe sich gar nicht beworben. Dass Debring auch das Finanzierungskonzept des geplanten Zentrums als unseriös kritisiert hatte, blieb in der öffentlichen Diskussion außen vor.

Tatsächlich teilte der Aufsichtsrat, in dem inzwischen Oberbürgermeister Andreas Wagner (CDU) unter anderem gegen die Stimmen von CDU und SPD den Vorsitz übernommen hatte, in dieser Woche mit, dass das Gremium auf die Medizinerin zugegangen sei und sie um eine Bewerbung als Geschäftsführende Direktorin gebeten und später dann eingestellt habe.

Während sich die öffentliche Diskussion mit der umstrittenen Personalie beschäftigt, untersuchen Staatsanwaltschaft und Kommunalaufsicht weitere Vorgänge im Zusammenhang mit dem städtischen Krankenhaus. Dabei geht es um den Vorwurf der Untreue in Millionenhöhe, um Dienstpflichtverletzungen und um das Belügen des Rates.

In zwei Strafanzeigen, die derzeit von der Staatsanwaltschaft Oldenburg geprüft werden, geht es um Vorgänge bei der Übernahme des katholischen St. Willehad-Hospitals durch das städtische Krankenhaus, das damals noch Reinhard-Nieter-Krankenhaus hieß. Im Zuge der komplizierten Kaufvereinbarungen sollen prominenten Wilhelmshavener Bürgern, die geschäftlich am Gesundheitszentrum des Willehad-Hospitals beteiligt waren, Kreditrückzahlungen in Millionenhöhe erlassen worden sein. Ob das so war und wie das gegebenenfalls juristisch zu bewerten ist, prüfen derzeit die Experten der Staatsanwaltschaft.

Bei der Kommunalaufsicht im Innenministerium wird die Rechtmäßigkeit der Wahl von Oberbürgermeister Wagner zum Aufsichtsratsvorsitzenden des Klinikums geprüft, nachdem der zurückgetretene Vorsitzende Debring formale Zweifel geäußert hatte.

Ermittlungen dauern

Von Debring stammt auch eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Wagner, die ebenfalls von der Kommunalaufsicht untersucht wird. Dabei geht es um Dienstpflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Aufsichtsratstätigkeit und um den Vorwurf, dass Wagner den Rat der Stadt belogen haben soll. In dieser Sache gibt es auch einen Antrag an den Rat, das Verhalten des Oberbürgermeisters offiziell zu rügen.

Wer darauf hofft, in absehbarer Zeit Antworten auf die anstehenden Fragen zu erhalten, sei gewarnt: Bereits seit 2012 läuft ein weiteres offizielles Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Oldenburg im Zusammenhang mit dem Krankenhaus.

In diesem Verfahren geht es um den Vorwurf schwerer Untreue gegen den ehemaligen Oberbürgermeister Eberhard Menzel (SPD) und den früheren Krankenhausgeschäftsführer Jörg Brost, der 2011 vorzeitig in den Ruhestand wechselte – und weiterhin 18000 Euro monatlich vom Krankenhaus bezahlt bekam. Das Ende dieser Ermittlungen, so eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft, sei derzeit noch nicht abzusehen.

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