Kreißsäle werden rar

13.9.2015, 14:49 Uhr
Kreißsäle werden rar

Vor fünf Jahren hat das Krankenhaus Martha-Maria seine Geburtshilfe-Abteilung aufgegeben, auch in der Sana-Klinik kommen schon seit 2012 keine Babys mehr zur Welt. In Schwabach wurden zum Jahreswechsel die letzten Frauen entbunden, und in Lauf können derzeit neue Erdenbürger nur werktags ihren ersten Schrei tun – am Wochenende bleibt der Kreißsaal vorerst zu. Für Schwangere bedeutet dies immer weniger Auswahlmöglichkeiten und oft auch längere Wege. Und dies, obwohl die Geburtenzahlen steigen. Das statistische Bundesamt meldete für 2014 mit 715 000 Geburten ein neues Zehnjahres-Hoch. Bayernweit ermittelten die Statistiker mit 113 935 Neugeborenen ein ähnlich positives Ergebnis: vier Prozent mehr als noch 2013.

Immer mehr Babys

Auch in Nürnberg zeigt die Nachwuchskurve nach oben. Im Südklinikum wurden mit 2010 (Mehrlings-) Geburten mit 2093 kleinen Neu-Nürnbergern bis jetzt schon 122 Entbindungen mehr gezählt als zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres. Und in der Klinik Hallerwiese rechnet man bis Ende des Jahres mit mehr als 3200 Geburten — nach 3115 im Vorjahr. Im Theresien-Krankenhaus kommen jährlich 600 Babys auf die Welt, 2015 waren es bislang schon rund 370 Geburten. Durch den Zustrom von Flüchtlingen können all diese Zahlen aber noch weit übertroffen werden.

In diese Situation platzte nun die Nachricht, dass das Theresien-Krankenhaus seinen Kreißsaal von September bis Mitte Dezember schließt. „Wir modernisieren sehr umfangreich. Wir sind mehrere Optionen durchgegangen und haben uns etwa überlegt, den Kreißsaal zu verlagern. Doch es ging letztlich nicht anders“, meint Sprecherin Anja Müller.

Anfang 2016 eröffnet die katholische Einrichtung in Kooperation mit der Frauenklinik des Erlanger Universitätsklinikums eine neue Hauptabteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe mit Prof. Dr. Matthias Beckmann an der Spitze. Die Geburtshilfe gehört seit Gründung im Jahr 1928 zur Einrichtung mit dazu. Die TGE gTrägergesellschaft mbH für die Einrichtungen der Schwestern vom Göttlichen Erlöser will für Umbau und Investitionen in die neue Hauptabteilung rund 1,5 Millionen Euro ausgeben. Mit der neuen Hauptabteilung werden neue Ärzte eingestellt, bis Anfang 2018 soll das Team aus drei Oberärzten und sechs Assistenzärzten bestehen.

Und natürlich will das katholische Krankenhaus in diesem Bereich wachsen, verdeutlicht Anja Müller: „Geplant sind künftig 900 bis 1000 Geburten im Jahr.“ Und merkt an: „Wir bleiben nach wie vor die Alternative zu den zwei großen Kliniken in Nürnberg: Wir haben eine familiäre Atmosphäre und eine persönliche Betreuung.“

Mit der neuen Hauptabteilung verabschiedet sich das Theresien-Krankenhaus in der Geburtshilfe allmählich vom Belegarzt-Modell. Ein Belegarzt ist ein Vertragsarzt, der seine sowie ihm zugewiesene Patienten stationär behandelt. Steht im Theresien-Krankenhaus eine Geburt an, werden die Belegärzte gerufen — am Wochenende, früh am Morgen, mitten in der Nacht oder auch dann, wenn der Arzt eigentlich gerade Sprechstunde in seiner Praxis hat. Dienst nach Plan gibt es nicht. Deshalb ist es nicht leicht, Belegärzte zu finden, so Anja Müller. Das bestätigt der Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Reinhold Kütt. Er ist seit 25 Jahren Belegarzt am Theresien-Krankenhaus: „Früher waren wir mal 15 Belegärzte, heute sind wir zu dritt. Wir sind sieben Tage pro Woche, 24 Stunden am Tag in Bereitschaft: Das wollen heute viele Ärzte nicht mehr.“ Die drei verbliebenen Belegärzte will die Klinik nach wie vor halten, betont Anja Müller.

Zusätzliche Betten

In den nächsten vier Monaten bleiben Gebärenden also nur zwei Anlaufstellen in Nürnberg — die Klinik Hallerwiese und das Südklinikum. Die beiden Häuser haben sich auf einen verstärkten Zustrom von Schwangeren eingestellt. „Der September ist bei uns ohnehin schon der geburtenstärkste Monat“, erklärt der Vorstand des Klinikums, Dr. Alfred Estelmann, der von der vorübergehenden Schließung der Geburtshilfe im Theresien-Krankenhaus aus der Zeitung erfahren hat. Da schon jetzt immer wieder Frauen aus Kapazitätsgründen zum Beispiel von der Hallerwiese ans Südklinikum verwiesen werden, hat Estelmann bereits Pläne entwickelt, wie möglichst schnell zusätzliche Betten für werdende Mütter bereitgestellt werden können.

In der Klinik Hallerwiese geht man „mit gespannter Gelassenheit“ in die kommenden Monate, meint Kathrin Meckel, Assistentin der Verwaltungsleitung. Doch sie sagt auch: „Wir schaffen das.“

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