Guatemala / Soziales

Gesundheitssystem in Guatemala vor dem Kollaps

Eines von zwei öffentlichen Krankenhäusern in der Hauptstadt vor Schließung. Ärztevertreter fordern von Präsident Ausrufung des Notstandes

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Anzeige aus der Protestkampagne gegen die Krise im Gesundheitswesen in Guatemala
Anzeige aus der Protestkampagne gegen die Krise im Gesundheitswesen in Guatemala

Guatemala-Stadt. Von den zwei öffentlichen Krankenhäusern in Guatemala-Stadt steht ein Haus vor der Schließung, weil es über keine Lebensmittel, Medikamente und medizinische Hilfsmittel mehr verfügt, berichten lokale Medien. Derzeit betreut das Roosevelt-Krankenhaus täglich rund 1.300 Patienten im ambulanten und stationären Bereich. Die Ambulanz ist schon seit zwei Wochen geschlossen. Das Direktorium des zweiten staatlichen Krankenhaus, San Juan de Dios, hat vergangene Woche zu Spendenaktionen aufgerufen, um der Notlage Herr zu werden.

Die Lage in der Hauptstadt des mittelamerikanischen Landes ist Ausdruck einer allgemeinen Krise im guatemaltekischen Gesundheitswesen. Den 44 öffentlichen Krankenhäusern in Guatemala fehlt es am Budget, viele sind bei Zulieferern verschuldet. Diese Probleme drohen nun zu einer generellen akuten Unterversorgung im ganzen Land zu führen.

Mittlerweile hat das Finanzministerium reagiert und den staatlichen Häusern umgerechnet rund 40 Millionen Euro zugewiesen. Die Gelder sollen für die Bezahlung der Löhne, Medikamente und Hilfsmittel verwendet werden.

Damit ist das grundsätzliche Problem der Finanzkrise bei den Krankenhäusern jedoch nicht behoben. Zurzeit wird zudem ein großer Korruptionsfall der staatlichen Gesundheitsbehörde rund um den illegalen Verkauf von Medikamenten und medizinischen Produkten untersucht. Die daraus resultierende Krise hat nicht nur die Medikamentenpreise in die Höhe getrieben, sondern den Fiskus stark belastet. Wenige staatliche Institutionen verfügen noch über genügend Mittel, um ihren Betrieb aufrechterhalten zu können. Medikamentenlieferanten der staatlichen Kliniken werden seit einem Jahr nicht mehr bezahlt. Laut einer Untersuchung des Zentralamerikanischen Instituts für Finanzstudien und von Oxfam-Guatemala könnten bis zu 30 Prozent des Staatsbudgets von Guatemala von Korruption betroffen sein.

Das guatemaltekische Gesundheitsministerium verfügt über ein Budget in Höhe von einem Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP), während andere zentralamerikanische Länder rund sechs Prozent ihres BIP für diesen Betreich verwenden. Die geringen Mittel in Guatemala vermögen das Gesundheitssystem nicht einmal annähernd aufrechtzuerhalten. Das Grundrecht auf Gesundheitsversorgung wird, so kritisieren Medien des Landes, verstärkt von den finanziellen Ressourcen der Patienten abhängig.

Die Krise im Gesundheitssystem hat in den vergangenen Wochen und Monaten Protestaktionen der Gesundheitsangestellten provoziert. Der Präsident müsse den Ausnahmezustand wegen des kollabierenden Gesundheitssystems ausrufen, forderte Jaime Cáceres, Direktoriumsmitglied des Krankenhauses San Juan de Dios. In den Sozialen Netzwerken haben verschiedene soziale Organisationen und Studierende dazu aufgerufen, ab der kommenden Woche gegen den Kollaps des Gesundheitssystems zu protestieren.