Kreis Lörrach Furcht vor schleichender Enteignung

Die Oberbadische

Kreiskliniken erwirtschaften ein Plus von 1,2 Millionen Euro / Mehr Patienten / Fluktuation stabil

Von Marco Fraune

Kreis Lörrach. Die Kreiskliniken haben zum dritten Mal in Folge schwarze Zahlen geschrieben – erstmalig seit Jahren steht wieder ein Millionenplus beim Jahresergebnis zu Buche. Im ersten Quartal dieses Jahres gab es außerdem bereits wieder eine „extreme Wachstumssteigerung“ bei den Patientenzahlen. Jubelstimmung wollte beim Geschäftsführer angesichts der nur geringen Steigerung des Landesbasisfallwert (LBFW) aber nicht aufkommen.

Die Vergütung von Personal- und Sachkosten ist lediglich um 1,07 Prozent angestiegen. „Das ist für uns eine ganz bittere Pille“, kritisierte Armin Müller, Geschäftsführer der Kreiskliniken, gestern bei der Präsentation des Jahresabschlusses. Allein die Personalkosten seien in seinen drei Krankenhäusern um 2,5 Prozent gestiegen. „Das wäre die schleichende Enteignung der Krankenhäuser“, befürchtet Müller, dass diese Entwicklung sich fortsetzt. Daher wollen die Krankenhaus-Verantwortlichen auch die Aussprache mit dem Bundestagsabgeordneten suchen. Die Höhe des LBFW verhandeln die Landesverbände der Krankenkassen und die Landeskrankenhausgesellschaften jedes Jahr für das folgende Jahr. Basis ist die Bundesgesetzgebung.

Wirtschaftsdaten: Bevor heute ab 18 Uhr die Reihe der Bürgerinformationsgespräche zur baulich-strategischen Zukunft der Kliniken im Landratsamt beginnt, konnte die Klinik-Spitze gestern positive Wirtschaftsdaten vorlegen. Das Jahresergebnis 2014 liegt bei rund 1,22 Millionen Euro. Damit stieg auch das Eigenkapital um 3,2 Prozent auf 24,1 Millionen Euro, während der Verschuldungsgrad um 13 Prozent sank. Gesamterlösen von 90,78 Millionen Euro (2013: rund 88 Millionen) standen Personalkosten von 58,5 Millionen Euro (rund 56 Millionen) und Sachkosten von 29,11 Millionen (28,69 Millionen) entgegen. In letzteren waren auch Kosten für die Instandhaltung von 4,1 Millionen Euro enthalten, womit der Geschäftsführer auf Renovierungen, Wartungen und Instandhaltungen verwies. Wie berichtet, stehen darüber hinaus aktuell sieben Szenarien zur Klinikenzukunft zur Diskussion, die von der Sanierung bis zum Neubau mit Standortvarianten reichen, da ein Investitionsstau besteht.

Patientenzahlen: „Wir stoßen an Kapazitäten und Wachstumsgrenzen“, sieht Müller die Kreiskliniken als lokalen Anbieter von Krankenhausleitungen. Dennoch habe man in den ersten drei Monaten dieses Jahres wieder einen Rekord bei den Patientenzahlen hingelegt. Die Zahl stieg im Vergleich zum ersten Vierteljahr 2014 von 5008 auf 5403. Hans-Heinrich Osterhues, Ärztlicher Direktor, wollte nicht nur die Grippewelle dafür verantwortlich machen. Die Kliniken-Verantwortlichen bemerken aber weiterhin einen Ansturm auf die Notaufnahmen in Lörrach, Schopfheim und Rheinfelden. Die Zahl stieg von 33 950 Fälle auf 38 840 – was einen knapp 50-prozentigen Anstieg gegenüber vor fünf Jahren darstellt (2009: 26 818 Fälle).

Mitarbeiter: Mehr als 50 Menschen mehr arbeiten im Vorjahresvergleich bei den Kreiskliniken. Die Zahl der Vollzeitkräfte stieg auf rund 941. Weder in der Ärzteschaft noch im Pflegebereich stellen die Verantwortlichen – Osterhues beziehungsweise Dubravka Kavur, neue Leiterin des Pflege- und Funktionsdienstes – eine stabile Fluktuation fest. Je spezieller die Anforderungen seien, umso länger müsse nach Ärzten gesucht werden. Im Pflegebereich gebe es nach der Aufwertung des Schweizer Frankens „keine Welle in Richtung Schweiz“. Um passendes Personal zu finden, bilden die Kliniken aber verstärkt aus. Künftig sollen auch medizinisch-technische Fachangestellte (früher: Arzthelferinnen) ausgebildet werden. Schon jetzt beläuft sich die Zahl der Azubis auf 107, die meisten davon als Gesundheits- und Krankenpfleger. Alle Mitarbeiter sollen sich an den „Achtsamkeitsknigge“ halten, der im März von 125 Mitarbeitern erarbeitet wurde.

Medizinischer Bereich: Die Qualität soll einerseits durch Zertifizierungen sichtbar werden, erklärte Osterhues. Aber auch die interne Qualitätssicherung ist im Blick. Als Schlaglichter verwies er auf die Rezertifizierung des Traumazentrums, die Zertifizierung des Darmzentrums, die am Montag vorgestellt werden soll, oder auch die stärkere Vernetzung von ambulantem und stationärem Bereich. Investitionen in Millionenhöhe stehen außerdem an. Allein die multifunktionale Durchleuchtung in der Radiologie schlägt mit rund 420 000 Euro zu Buche. Aber auch Patientenfernseher sollen erneuert werden.

Die durchschnittliche Verweildauer in den Kreiskliniken ist im Jahr 2014 gegenüber dem Vorjahr von 6,3 auf sechs Tage gesunken. Auf 10 900 gestiegen ist die Zahl der Operationen (2013: 10 611). Die Patientenzahl (DRG) stieg von 20 666 auf 21 146. Der Case Mix Index, also der Schwere-Index im DRG-System, sank leicht von 0,999 auf 0,985, wobei im ersten Quartal wieder mehr schwere Fälle zu behandeln waren. Die Zahl der Vollzeitkräfte im Krankenhaus stieg von 908,5 auf 916,4.

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