Am Anfang dieser Geschichte steht eine Zahl, scheinbar klein und doch gewaltig. 205 MRSA-Infektionen hatte der Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge von 2010 bis 2013 an das Robert-Koch-Institut gemeldet. Seit Mitte 2009 muss jedes Labor es mitteilen, wenn es einen der gefährlichen MRSA-Keime im Blut oder in der Wirbelsäulenflüssigkeit eines Patienten findet. Die Statistik darüber führt das RKI, die wichtigste Institution in Deutschland, wenn es um Seuchen und Infektionsbekämpfung geht.

205 Fälle klingt nicht nach viel, doch gemessen an den rund 250.000 Einwohnern des Kreises ist es eine Menge. In den Jahren 2010 und 2012 war der sächsische Flecken nach Infektionen pro Einwohner sogar Spitzenreiter in der Liste der deutschen Landkreise.

Seit Jahren schon diskutieren Ärzte, Hygieniker und Gesundheitspolitiker, wie am besten mit den gefährlichen sogenannten Krankenhauskeimen umgegangen werden sollte. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe hat deshalb jüngst einen Zehn-Punkte-Plan für den Kampf gegen multiresistente Bakterien aufgelegt. Denn das Problem ist gewaltig. Die Krankenkasse hkk bezifferte 2013 die Zahl der Todesfälle durch Infektionen mit solchen Keimen auf über 10.000. Das Bundesgesundheitsministerium ging von 10.000 bis 15.000 aus.

Auskunft nicht möglich

Recherchen von ZEIT ONLINE, DIE ZEIT, CORRECT!V  und der Funke-Mediengruppe hatten im vergangenen Herbst gezeigt, dass die Zahl sogar noch weit größer sein könnte. Aus Abrechnungsdaten aller deutschen Krankenhäuser geht hervor, dass es Ärzte 2013 bei verstorbenen Patienten mehr als 30.000 Mal mit einem der drei meistverbreiteten multiresistenten Keime MRSA, ESBL oder VRE zu tun hatten. In den Zeitungsarchiven finden sich Dutzende Artikel über Keimausbrüche in Kliniken in Berlin, Leipzig oder Bremen.

Doch über den Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge? Kein Wort. Dabei gehört der Kreis zu den zehn Landkreisen und Städten, die die meisten Infektionen im Verhältnis zu ihrer Einwohnerzahl gemeldet haben. Die anderen sind Holzminden, Goslar, Nienburg (Weser), Northeim, Peine, Mönchengladbach, Hameln-Pyrmont, Höxter und Duisburg.

Die Anzahl der Fälle im Kreis sagt allerdings noch nicht allzu viel aus. Wichtiger ist die Frage: Wie verteilen sich die Fälle auf die Krankenhäuser im Kreis? Und warum sind die Zahlen so hoch: Weil sich eine Klinik auf die Behandlung multiresistenter Keime spezialisiert hat; weil ein Krankenhaus besonders groß ist und sehr viele Patienten betreut; weil es in einem Spital Probleme gibt, schlechtere hygienische Zustände beispielsweise?

Woher die tödlichen Keime kommen und warum Multiresistenzen so gefährlich sind.

Um das herauszufinden, beginnt im Januar 2014 ein Mailverkehr, unter anderem mit dem örtlichen Gesundheitsamt im Kreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge. Die einfache Frage: Wie genau verteilt sich die große Zahl der MRSA-Fälle auf die einzelnen Kliniken des Kreises? Kurz darauf kommt eine lapidare Antwort: "Informationen, wie von Ihnen gewünscht, unterliegen dem Datenschutz. Daher ist eine Auskunft dazu leider nicht möglich."

Eine Antwort, die nicht zufriedenstellen kann. Es folgt ein langes Hin und Her, über Monate hält das Gesundheitsamt die angeforderten Zahlen zurück und teilt sie erst mit, als ZEIT ONLINE schließlich mit Klage droht.

"Da können Sie nicht rein, da liegen Patienten mit Keimen", sagt Anett Wambach. Sie ist Geschäftsleiterin für den Bereich Hygiene und führt den Besucher durch die Bavaria-Klinik in Kreischa. Hier liegen also die Fälle, über die ZEIT ONLINE gerne mehr vom osterzgebirgischen Gesundheitsamt erfahren hätte. Patienten, die multiresistente Keime wie MRSA und VRE auf der Haut oder in ihrem Blut haben.

Multiresistente Keime sind ein gewaltiges Problem. Die Bavaria Klinik versucht es zu bekämpfen. Mit Einzelzimmern, die man nur im Kittel betreten darf. Mit speziellen Cremes und Lotionen, die die Keime von der Haut der Patienten beseitigen sollen. Mit konsequentem Händewaschen und Desinfizieren.