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Protest gegen Krankenhausreform: "Welle der Empörung": Kliniken drohen Minister Gröhe mit heißem Herbst
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Ein Krankenpfleger im Dienst
dpa/Daniel Bockwoldt
  • FOCUS-Magazin-Korrespondentin

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft hat einen Drohbrief an die Regierung geschrieben: Wird die Krankenhausreform nicht abgeschwächt, folgen bundesweite Protestaktionen. Es herrsche eine „Welle von Kritik und Empörung“ in den Kliniken.

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  • DKB schreibt Drohbrief an Regierung
  • 2000 Krankenhäuser auf Protest vorbereitet
  • Koalition zieht Angebot zurück

Zwischen Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe und den Kliniken in Deutschland bahnt sich heftiger Streit an. Der CDU-Politiker will die Krankenhauslandschaft neu ordnen. Das Entgelt für die Kliniken soll sich künftig auch an der Qualität orientieren. Und mittelfristig sollen Überkapazitäten abgebaut werden. Wo heute noch eine Klinik steht, könnte bald ein Pflegezentrum oder Hospiz entstehen. Mit einem Strukturfonds von bis zu einer Milliarde Euro soll dieser Wandel unterstützt werden. Fest steht also: Es wird bald weniger Kliniken geben in deutschen Landen.

"Welle von Kritik und Empörung"

Doch die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) läuft Sturm gegen das Gesamtpaket. In einem Brief an Kanzleramtsminister Peter Altmaier droht DKG-Präsident Thomas Reumann unverhohlen: „Sollte der Referentenentwurf so vom Bundeskabinett beschlossen werden, sehen sich die 2000 Krankenhäuser zu bundesweiten Protestaktionen über den Sommer und bis zum Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens im Herbst veranlasst.“ Der Brief liegt FOCUS vor. Reumann berichtet von einer „Welle von Kritik und Empörung“ in den Kliniken. Zur Finanzierung des Personals und der Notfallambulanzen sowie zu den Investitionsmitteln „gibt diese Reform nicht nur keine Antwort, sondern verschärft diese zum Teil auch noch“, rügt Reumann.

 

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DKG verzichtet bis auf weiteres auf Protestanzeigen

Und – siehe da – die Bundesregierung zeigte sich kompromissbereit. Durch Veränderungen unter anderem bei den Mehrleistungsabschlägen und den Versorgungszuschlägen sollten die Krankenhäuser weniger stark belastet werden. Dies hatten Gesprächspartner der Koalition den Krankenhäusern nach FOCUS-Informationen signalisiert.

Nachdem die Unterhändler des Ministeriums bei der Krankenhausreform kurzfristig Einlenken in zentralen Punkten signalisier t hatten, kam die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) am Mittwoch zu einer außerordentlichen Vorstandssitzung zusammen. Die Spitzenfunktionäre vereinbarten, bis auf weiteres auf Protestanzeigen und Plakataktionen zu verzichten.

"Ich weiß von nichts"

Doch es war die Ruhe vor dem richtigen Orkan. Denn zum Entsetzen des Krankenhausgesellschaft zog die Regierung am Freitagmorgen ihr Angebot zurück, wie ein Insider bestätigt. Warum das Angebot? Warum dann die Rücknahme des Angebots? Die Koalition gibt sich unbeteiligt. CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn beteuert: „Ich weiß von nichts.“ Das allerdings wäre bemerkenswert. Denn nach Darstellung eines Krankenhaus-Lobbyisten war Spahn – neben Gesundheits-Staatsekretär Lutz Stroppe – einer der Unterhändler.

Es wurden verschiedene Optionen diskutiert

Union und SPD sind sich jetzt offenkundig zumindest in einem Punkt einig: Man will das peinliche Hin und Her unter dem Deckel halten. „Ich möchte das nicht kommentieren“, sagte SPD-Experte Karl Lauterbach. Auch zu der Darstellung, dass es die Sozialdemokraten  waren, die eine Besserstellung der Kliniken verhinderten, wollte sich Lauterbach auf Anfrage nicht äußern. Die Reaktionen im Ministerium fallen ähnlich schmallippig aus. „Es wurden verschiedene Optionen diskutiert, um den Krankenhäusern entgegen zu kommen“, heißt es nur. Wurden diskutiert, nicht werden.

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Es gibt den heißen Herbst

Nun also steht der Gesetzentwurf zur Krankenhausreform am kommenden Mittwoch auf der Tagesordnung des Kabinetts, als wäre nichts gewesen. Reumann hat ja unmissverständlich angekündigt, was das heißt: Es gibt den heißen Herbst. Schon bald werden die Krankenhäuser massive Proteste anzetteln. Sie  sehen das als eine Art Notwehr. Denn die Krise der deutschen Kliniken ist chronisch. Gut 42 Prozent schreiben rote Zahlen. Seit Jahren bekommen viele von den Ländern nicht das Geld für Investitionen, das sie dringendst brauchen. Inwieweit Patienten direkt unter den Protesten zu leiden haben, wird sich bald zeigen.

Gröhe hat die Reform nicht nur mit der SPD abgestimmt, sondern auch die Bundesländer seit langem beteiligt. Ob alle Verantwortlichen auch dann noch zusammenstehen, wenn in den Krankenhäusern die Protestwelle startet und die ersten Kommunalpolitiker begreifen, dass just „ihrer Klinik“ in ihrer Stadt das Aus droht?

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