Hintergrund

Ökonomische Bedeutung der Hüftendoprothetik

Mit knapp 213.000 durchgeführten Operationen gehört die Implantation einer Endoprothese am Hüftgelenk zu den häufigsten stationären Prozeduren im deutschen Gesundheitswesen [15]. Für die dabei anfallende Krankenhausbehandlung entstehen durchschnittlich 7626 € Kosten, die durch die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) erstattet werden. Somit ergeben sich pro Jahr bundesweit Behandlungskosten von etwa 1,6 Mrd. € [2]. Im Jahr 2012 wurden 65 Mrd. € für die stationäre Krankenhausversorgung durch die GKV ausgegeben, d. h. der Anteil der Hüftendoprothetik beträgt etwa 2,5 % und ist ein bedeutender Kostenfaktor innerhalb der Gesundheitsausgaben [14]. Die Prozedur gilt als kostendeckend, unterliegt aber durch die hohe Standardisierung, die sich in einem seit Jahren fallenden Basisfallwert widerspiegelt, einem stetigen Kostendruck [21].

Versorgungspraxis

Die (teil-)zementierte und unzementierte Verankerung der Hüftprothese sind die beiden häufigsten Verfahren in der Hüftendoprothetik. Bei der teilzementierten Verankerung wird die Hüftpfanne primär per press-fit oder durch Verschraubung zementfrei im knöchernen Lager verankert. Der Schaft wird dagegen mit polymerisiertem Methylmethacrylat, dem Knochenzement, im Femur befestigt. Bei der zementfreien Totalendoprothese (TEP) werden beide Komponenten primär per „press fit“ bzw. Verschraubung verankert und verwachsen im Lauf der Zeit mit dem Knochen. Beide Verfahren werden im deutschen Fallpauschalensystem (G-DRG) gleich erstattet. Laut Behandlungsstatistik des Statistischen Bundesamts ist in Deutschland seit etwa 15 Jahren ein Trend zur unzementierten TEP zu beobachten [14]. Dies deckt sich mit den Ergebnissen einer Umfrage unter orthopädischen und unfallchirurgischen Kliniken in Deutschland, die angaben, TEP etwa zu zwei Dritteln zementfrei und zu einem Drittel zementiert bzw. hybrid zu verankern [23].

Dagegen dominiert laut Endoprothesenregister im skandinavischen bzw. englischen Versorgungsgeschehen die zementierte TEP. Die Auswertung dieser umfangreichen Registerergebnisse und weitere Metaanalysen zeigen dabei ein vergleichbares Outcome zwischen beiden Verankerungstechniken sowie ähnliche Stand- und Revisionszeiten [4, 18].

Rolle für das Abteilungs- und Klinikergebnis

Spätestens seit Einführung des G-DRG-Systems in Deutschland tragen Ärzte in leitender Funktion Verantwortung für die Kostenstruktur ihrer Abteilung bzw. Klinik. [22]. Das dynamische G-DRG-Erstattungssystem reagiert auf die mittlerweile hochstandardisierte und prozessoptimierte Prozedur der Hüftendoprothetik mit jährlich sinkenden Relativgewichten und damit fallenden Erstattungsbeträgen. [7, 10]. Um dem Versorgungsauftrag ökonomisch vertretbar gerecht zu werden, ist die laufende Kontrolle der klinikeigenen Kostenstruktur, im Vergleich zur Benchmark des Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK), die der DRG-Vergütung entspricht, unabdingbar. Daher stellt sich die Frage, ob bei vergleichbarem Outcome die zementierte Hüftendoprothetik mit Kostenvorteilen gegenüber der unzementierten Hüftendoprothetik verbunden ist und dadurch einen höheren Beitrag zum Abteilungs- bzw. Krankenhausergebnis liefern kann. Diese Fragestellung beruht auf der Annahme, dass 3 Faktoren die Behandlungskosten in der Hüftendoprothetik maßgeblich beeinflussen:

  1. 1.

    Die Sachkosten, wobei das Implantat hier mit Abstand der größte Kostenposten ist [5, 6, 17]. Aufgrund der aufwendigeren Oberflächenveredelung zur Osteointegration haben zementfreie Implantate teilweise deutlich höhere Einkaufspreise als vergleichbare zementierbare [3, 5, 8].

  2. 2.

    Die Verweildauer des Patienten im Krankenhaus [17], die in einem pauschalierten Erstattungssystem mit einer definierten Zielverweildauer, bei Überschreitung mit ungedeckten Mehrkosten bzw. bei Unterschreitung mit einem aufwandlosen Zusatzgewinn verbunden ist [10]. Die höhere Primärstabilität von zementierten Patienten könnte demnach zu einer früheren Entlassung führen.

  3. 3.

    Die Nutzung kostenintensiver Krankenhausressourcen, allen voran die Belegungsdauer des Operationssaals und die Inanspruchnahme der Anästhesie während und im Anschluss an die Operation. In Abhängigkeit der Auslastung dieser Ressourcen könnte die Zahl der Operationen sogar erhöht werden, wenn konsequent auf die kürzere Prozedur gesetzt wird [25].

Patienten und Methoden

In diese Untersuchung wurden alle Patienten einbezogen, die zwischen 2009 und 2012 an der Orthopädischen Universitätsklinik Rostock (OUK) mit der ICD-Diagnose M16 Koxarthrose (Arthrose des Hüftgelenkes) behandelt wurden und im Lauf ihrer Behandlung eine Hüftendoprothese erhalten haben (OPS 5–820 Implantation einer Endoprothese am Hüftgelenk). Aus den Daten der Behandlungsdokumentationen – in Form der Behandlungsakte und des Krankenhausinformationssystems (SAP, Walldorf, Deutschland) – wurden die Patienten nach der 6. Stelle im Prozedurenschlüssel nach unzementiert (OPS 5–820.00) und teilzementiert (hybrid, OPS 5–820.02) getrennt: Patienten mit posttraumatischer Arthrose, beidseitigen Eingriffen oder mit erheblichen Komorbiditäten (ASA-Score > 2) und Vorerkrankungen wurden ausgeschlossen. Weitere Einschlusskriterien waren Alter (66–74 Jahre) und ein Body-Mass-Index (BMI) zwischen 23 und 34.

Die Ermittlung der Kosten erfolgte auf Basis der Werte des Jahres 2011, da zum Untersuchungszeitpunkt diese die aktuellsten vorliegenden testierten Kostenwerte waren. Die Kostenkalkulation wurde in Anlehnung an das Verfahren des InEK nach Kostenbereichen durchgeführt. Hierfür wurden die Daten durch das Zentralcontrolling bereitgestellt. Fehlende Werte für Sachkosten wurden anhand der Listenpreise in die Kostenstudie aufgenommen. Die Erlöse wurden nach Eingabe der Behandlungsdaten mit dem ID-Batchgrouper (Information und Dokumentation im Gesundheitswesen GmbH & CO KGaA, Berlin, Deutschland) ermittelt und zur Vergleichbarkeit auf Basis des Bundesbasisfallwerts des Jahres 2011 in Höhe von 2963,82 € errechnet. Die Behandlungskosten wurden mithilfe der Verrechnungssätze und Sachkostenangaben des Zentralcontrollings sowie den Listenpreisen gemäß Behandlungsdokumentation errechnet.

Die Mittelwerte der Erlös- und Kostenergebnisse wurden – da nicht für alle Variablen eine Normalverteilung vorlag – mit dem Mann-Whitney-U-Test mithilfe von IMB SPSS Statistics 22 (IBM, Armonk/NY, USA) bei einem Signifikanzlevel von p < 0,05 auf Unterschiede überprüft.

Ergebnisse

Patienten und Gesamtergebnis

Von 2009 bis 2012 wurden jährlich etwa 400 Patienten in der OUK mit einer primären TEP versorgt. Davon wurden insgesamt 40 Patienten, 20 Patienten je Verankerungstechnik, gemäß der o. g. Kriterien in die Untersuchung eingeschlossen. Hauptausschlussgrund waren ein BMI oder ein ASA-Score außerhalb des festgelegten Rahmens. Je Gruppe waren 11 weibliche sowie 9 männliche Patienten vertreten. Das Durchschnittsalter betrug 69,9 Jahre und der durchschnittliche BMI 27,8. Die Patienten waren im Durchschnitt 12,5 Tage in stationärer Behandlung in der OUK. Alle Fälle führten nach Kodierung zur Einordnung in den DRG I47B, was bei einem Relativgewicht von 2,251 im Jahr 2011 zu einer Erstattung in Höhe von 6671,55 € führte.

Das Durchschnittsalter der Patienten mit unzementierter TEP betrug 69,3 Jahre, während die Patienten mit hybrider Verankerung im Durchschnitt 70,6 Jahre alt waren. Dieser Altersunterschied ist statistisch signifikant (p = 0,018). Der durchschnittliche BMI betrug 27,45 (unzementiert) bzw. 28,32 (hybrid) (p = 0,478), die Aufenthaltsdauer betrug 12,7 Tage (unzementiert) und 12,3 Tage (hybrid) (p = 0,495).

Die Gesamtkosten beliefen sich auf 6.793,52 € für die unzementierte und 6.605,38 € für die hybride TEP (p = 0,640). Die kalkulatorische Unterdeckung für die Patienten mit unzementierter TEP beträgt somit 121,97 €, der kalkulatorische Deckungsbeitrag für die hybrid versorgten Patienten 66,18 € (p = 0,383; Tab. 1).

Tab. 1 Patientendaten und Ergebnisse des Krankenhausaufenthalts

Operationsbereich

Die durchschnittliche Schnitt-Naht-Zeit betrug 61,2 min für die Patienten mit unzementierter TEP, während die Zeit bei hybrider TEP 71,9 min betrug (p = 0,068). Die Anästhesiezeit betrug 136,9 min (unzementiert) und 152,5 min (hybrid). Damit war für die hybride TEP eine statistisch signifikant längere Anästhesiezeit angefallen (p = 0,018). Die Personal- und Sachkosten der Anästhesie betrugen entsprechend 999,37 € (hybrid) und 1113,25 € (hybrid) und sind somit ebenfalls statistisch signifikant höher (p = 0,018). Die Personalkosten der Operation betrugen 140,45 € (unzementiert) und 157,00 € (hybrid) (p = 0,068). Die Sachkosten betrugen 2230,25 € (unzementiert) und 2038,05 € (hybrid). Auch hier lag ein statistisch signifikanter Unterschied vor (p = 0,000; Tab. 2).

Tab.2 Werte des Operationsbereichs

Kosten für Normalstation, Konsil und Labor

Für Patienten mit unzementierter TEP fielen Medikamentenkosten in Höhe von 150,20 €, für hybrid versorgte Patienten in Höhe von 131,58 € (p = 0,056) an. Die gesamten Personalkosten für den Bereich Normalstation betrugen 747,80 € (unzementiert) und 712,40 € (hybrid) (p = 0,398). In diesem Bereich fielen zudem Sachkosten in Höhe von 1199,52 € (unzementiert) und1159,54 € (hybrid (p = 0,495) sowie Kosten für die nichtmedizinische Infrastruktur in Höhe von 1111,93 € (unzementiert) und 1074,86 € (hybrid) (p = 0,461) an.

Für Konsile betrugen die Kosten 26,03 € (unzementiert) bzw. 28,50 € (hybrid) (p = 0,758). Laborkosten trugen mit 187,97 € (unzementiert) und 188,55 € (hybrid) (p = 0,758) zu den Gesamtkosten bei.

Diskussion

Limitationen

Trotz der Anlehnung an die InEK-Kalkulation ergaben sich für einzelne Kostenbereiche deutliche Unterschiede zu den veröffentlichten Normkosten des DRG I47B, die durch das InEK mithilfe der Referenzkrankenhäuser ermittelt werden. Insbesondere bei Personalkosten zeigen sich deutliche Unterschiede, was zum einen auf eine unzureichende innerbetriebliche Verrechnung von Ambulanz-, Stations- und Operationsdienste zurückzuführen ist. Zum anderen dürfte aber auch die Rolle als Universitätskrankenhaus eine andere Kostenstruktur mit sich bringen als die bundesweit gemittelten Werte des InEK, die alle Krankenhaustypen und -größen widerspiegeln. Auch der Zuschlag für Ausbildungsstätten und Ausbildungsvergütung bzw. der Sicherstellungszuschlag dürfte hier kaum ins Gewicht fallen. Zudem haben bereits Effenberger et al. [6] für die hochstandardisierte Prozedur der TEP erhebliche Unterschiede in den Kostenstrukturen zwischen Krankenhäusern feststellen können. Auch das Ansetzen von Listenpreisen führt zu einer deutlichen Erhöhung der ermittelten Behandlungskosten und hat somit direkte Auswirkung auf den kalkulatorischen Deckungsbeitrag. In der Praxis müssten beide Verankerungstechniken einen soliden Deckungsbeitrag zum Klinikergebnis beitragen.

Gravierender wiegt dagegen die Schwierigkeit bei der Bildung der Paare. Trotz des langen Untersuchungszeitraums von 2009 bis 2012 ist es nicht gelungen, 2 Gruppen zu bilden, die hinsichtlich Alter, BMI und ASA-Score homogen waren. Dass in unserem Untersuchungskollektiv ein statistisch signifikanter Unterschied zwischen dem Durchschnittsalter beider Gruppen besteht, bestätigt die Tendenz, die aus den Daten des Statistischen Bundesamts herauszulesen ist [15]: Patienten unter 75 Jahre werden bevorzugt zementfrei behandelt, während Patienten über 75 Jahre teil- oder vollzementiert versorgt werden. Morshed et al. [18] haben in ihrer Metaanalyse zur Hüftendoprothetik vergleichbare Ergebnisse gefunden, nach denen jüngere Patienten bevorzugt zementfrei versorgt werden. Diese Verzerrung spiegelt also offensichtlich die Versorgungsrealität wider und schränkte die Auswertung an der OUK ein.

Auch der Einfluss der Erfahrung des Operateurs blieb außer Acht. Hier konnte bei einer vorherigen Untersuchung an der OUK ein Zusammenhang zwischen Operationsdauer und Erfahrung des Operateurs nachgewiesen werden [26].

Kosten für die höhere Ressourcenauslastung – beispielsweise die längere Belegung des Operationssaals für die hybride TEP – wurden nur mit den direkten Kosten berücksichtigt. Hier hätte eine Betrachtung mit den Opportunitätskosten zu einer Angleichung der Kostenstrukturen zwischen unzementierter und hybrider TEP geführt.

Unberücksichtigt geblieben ist auch der Vergleich des medizinischen und patientenbezogenen Outcomes zwischen beiden Verankerungstechniken. Dies könnte in Verbindung mit Kostendaten Grundlage für Kosten-Nutzwert-Analysen sein, um gesundheitsökonomische Entscheidungshilfen geben zu können.

Interpretation

Statistisch signifikante Kostenunterschiede konnten nur für den Operationsbereich festgestellt werden. Die Annahme, dass hybride TEP zu einem besseren finanziellen Klinikergebnis führen, konnte jedoch nicht bestätigt werden. Zwar ist der Sachkostenunterschied zwischen hybrider und unzementierter TEP statistisch signifikant, dafür verursacht die hybride TEP in anderen Kostenbereichen wiederum statistisch signifikant höhere Kosten. In der Vielfalt der im Markt erhältlichen Gleitpaarungen sind durchaus deutlich höhere Kostenunterschiede als in unserer Studie möglich. Eine Erhebung der tatsächlichen Sachkosten im National Health System zeigte einen Kostenunterschied von bis zu 2312 GBP (etwa 3100 €) zwischen der günstigsten Fixierungstechnik (zementierter Schaft, Metallkopf, zementierte Polyethylen-Hüftgelenkpfanne: 1557 GBP, etwa 2100 €,) und der teuersten Technik (zementfreie Schaft, Keramikkopf, zementfreie Keramikpfanne: 3869 GBP, etwa 5250 €) auf [3].

Die Mehrkosten für den Knochenzement und Zubehör wie ein Vakuummischsystem, die bei der hybriden TEP anfallen, reduzierten den Kostenunterschied zwischen hybrider und unzementierter TEP. Mehrere Autoren hatten dies auch als relevanten Kostenfaktor beschrieben [1, 25].

Auch die Annahme, dass hybrid versorgte Patienten aufgrund der früheren Mobilisation einen kürzeren Aufenthalt in der Klinik haben, konnte nicht bestätigt werden. Hier könnte jedoch der festgestellte Altersunterschied eine Rolle spielen, da bei TEP ein zunehmendes Alter mit einer Verlängerung der Verweildauer einhergeht oder auch sachliche Zwänge einer Mindestverweildauer oder möglicher Wartezeiten auf einen Rehabilitationsplatz bzw. deren Genehmigung dazu führen, dass ein Patient länger als medizinisch notwendig im Krankenhaus verbleiben muss [10, 20].

Die verlängerte Operationszeit der hybriden TEP ist auf den eigentlichen Zementiervorgang zurückzuführen, bleibt mit einer Differenz von 10,75 min jedoch unter den ermittelten Werten von Kallala et al. von 15–20 min [13, 16]. Ursache hierfür dürfte sein, dass Kallala et al. vollzementierte Prozeduren untersucht haben, während in dieser Untersuchung ausschließlich hybride Prozeduren eingeschlossen waren, die einen Zementiervorgang weniger als die vollzementierte TEP umfassen.

Zur verlängerten Anästhesiezeit trägt v. a. die verlängerte Operationsdauer bei; sie könnte zum Teil aber auch durch das Alter bedingt sein [11]. Die Operations- und Anästhesiezeit und die damit verbundenen Kosten der Anästhesie sind analog zu den Operationssachkosten zu betrachten: Zeiteinsparungen werden durch höhere Sachkosten „erkauft“. Die Annahme von Kallala et al. [16], dass eine kürzere Operationsdauer zu mehr möglichen Operationen führt, ist in Deutschland nur eingeschränkt gültig. Zum einen verhandeln die Krankenhäuser mit den Landesverbänden der Krankenkassen vorab eine Zielmenge, bei der eine Überschreitung der Behandlungsfälle mit einem Abschlag auf die Erstattung bestraft wird. Somit ist eine unbegrenzte Mengenausweitung außerhalb des vereinbarten Fallzahlkorridors nicht mit linearen Zusatzeinnahmen verbunden. Zum anderen gibt es in Deutschland – im Gegensatz zu dem von Kallala et al. untersuchten Gesundheitssystem in England und Wales – keine relevanten Wartezeiten für eine TEP, die durch mehr Operationskapazitäten abgearbeitet werden könnte.

Entwicklung der Fallpauschalen

Beim Vergleich der ermittelten Kostendaten ist neben den oben diskutierten Abweichungen zu den Normkosten des InEK der „Verfall“ des Erstattungsbetrags ins Auge gefallen. Dies wurde durch das Absinken des Relativgewichts verursacht. Lag das Relativgewicht für den DRG I47B 2009 noch bei 2,366, ist er bis 2012 auf 2,041 gesunken. Gleichzeitig – und damit hauptursächlich für das Absinken des Relativgewichtes – verkürzte sich die mittlere Verweildauer dieses DRG laut InEK von 12,4 Tage auf 11,4 Tage [12, 13]. Diese Entwicklung ist auch an der OUK zu beobachten. Die mit dem Sinken des Relativgewichts verbundenen Erlösminderungen konnten zumindest teilweise durch einen steigenden Basisfallwert kompensiert werden. Das jährliche Anpassen des Basisfallwerts soll gemäß Krankenhausentgeltgesetz jedoch insbesondere die allgemeine Kostenentwicklung in den Krankenhäusern – v. a. Personalkosten – berücksichtigen. Die Anpassung soll aber explizit nicht zum Ausgleich potenzieller Wirtschaftlichkeitsreserven dienen. Der Systemdruck bleibt somit bestehen.

Eine vorherige Untersuchung an der OUK für den Zeitraum 2004–2007 ergab noch durchschnittliche Erlöse für die TEP in Höhe von 7045,00 € bei Kosten von 6236,59 € und somit einen Deckungsbeitrag von 781,41 €, der damit deutlich über dem nun ermittelten Deckungsbeitrag für TEP liegt [9]. Zwar wurden dabei die TEP nicht nach Verankerungsart getrennt, dies dürfte jedoch keinen Einfluss auf das Gesamtergebnis haben.

Das dynamische G-DRG-System zeigt damit, dass sowohl in den Berichtskrankenhäusern des InEK als auch an der OUK während des Untersuchungszeitraums Optimierungsreserven in den klinischen Prozessen ausgeschöpft werden konnten. In einem wettbewerblichen Klinikumfeld ist es für Kliniken daher unumgänglich, regelmäßig die eigenen Behandlungsprozesse mit den Benchmarks des InEK zu vergleichen und falls notwendig weitere Optimierungsschritte vorzunehmen.

Forschungskontext

V. a. aus dem britischen Gesundheitswesen gibt es mehrere Untersuchungen, die einen Vergleich der Kosten zwischen den verschiedenen Verankerungstechniken der Hüft-TEP ziehen [8, 16]. Griffiths et al. errechneten ein Einsparpotenzial von knapp 20 Mio. britischen Pfund, wenn die gesamte Hüft-TEP-Versorgung im britischen Gesundheitswesen auf Zementierung umgestellt werden würde [8]. Diese Berechnung hatte jedoch einen starken Fokus auf Sachkosten und berücksichtigte nicht die Auslastung von klinischen Ressourcen. Einen gegensätzlichen Ansatz verfolgten Kallala et al. [16], die in ihrer ebenfalls für Großbritannien gültigen Berechnung sich auf die optimierte Nutzung des Operationssaals konzentrierten, dabei aber Preisgleichheit bei den Implantaten annahmen. Somit konnten sie durch die isolierte Betrachtung der kürzeren Operationsdauer der zementfreien TEP Kostenvorteile für diese ermitteln. Auch für die USA hatten Unnanuntana et al. [24] einen Kostenvergleich durchgeführt. Sie bewerteten die zementierte Hüft-TEP aufgrund der geringen Sachkosten als eine ökonomisch interessante Alternative zur sonst mehrheitlich praktizierten zementfreien Hüft-TEP. Für Deutschland liegen Ergebnisse einer Untersuchung aus der Zeit vor Einführung des G-DRG-Systems vor: Die Kosten der reinen Krankenhausbehandlung war für die zementierte Hüft-TEP im Jahr 2001 etwa 700 DM günstiger als die der zementfreien. Auch in dieser Untersuchung ist der Sachkostenunterschied hauptursächlich für die Gesamtkostenunterschiede [19].

Keine der bisherigen Arbeiten zu Kostenunterschieden zwischen verschiedenen Verankerungstechniken umfasst alle relevanten Faktoren, um eine medizinisch wie ökonomisch sichere Entscheidung treffen zu können. Teilweise ist die ökonomische Betrachtung nicht umfangreich genug, meist fehlt aber die Verknüpfung von medizinischen mit ökonomischen Parametern. Um eine abschließende Empfehlung abgeben zu können, ist eine umfangreiche, multizentrische Bewertung unter Berücksichtigung aller bekannten ökonomischen wie medizinischen Faktoren notwendig.

Fazit für die Praxis

  • Die unzementierte und (teil)zementierte Verankerungstechniken unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Kostenstruktur nicht. Es sollte daher nach wie vor in der Entscheidung des Operateurs liegen, mit welcher Verankerungstechnik ein TEP-Patient versorgt werden soll.

  • Beide Techniken haben ihre Vor- und Nachteile und müssen je nach individuellem Zustand des Patienten sorgfältig gegeneinander abgewogen werden.

  • Denkbar wäre es, künftig medizinische Daten mit ökonomischen Daten auf Krankenhausebene zu kombinieren, um aussagekräftige Ergebnisse in Form einer Kosteneffektivitätsanalyse zu generieren. Diese kann wiederum Entscheidungsgrundlage für eine sorgfältig abgestimmte Entscheidung zwischen medizinisch und ökonomisch Verantwortlichen im Krankenhaus sein.

  • Klares Ziel sollte dabei der größtmögliche Patientennutzen sein, solange der Ressourceneinsatz ökonomisch vertretbar erscheint.