München (jur). Auch Geistheiler gehören zum Gesundheitswesen – jedenfalls wenn es um die gesetzliche Unfallversicherung geht. Für die Versicherungspflicht komme es auf die Zielrichtung, nicht aber auf Wirkung und wissenschaftliche Belege an, wie das Bayerische Landessozialgericht (LSG) in München in einem am Montag, 24. April 2017, veröffentlichten Urteil entschied (Az.: L 2 U 106/14).

Die 1942 geborene Klägerin ging 2002 in Rente und betreibt seitdem selbstständig eine Praxis für „energetische Körperarbeit“. Zu ihrem Angebot gehören auch Methoden, die der Geistheilung zuzurechnen sind, etwa die „Reconnective Therapy“ nach Herwig Schön. Durch eine „Rückverbindung mit dem Energiekörper“ sollen dabei Traumata aufgelöst werden können, ohne dass der Betroffene – wie etwa bei der Psychotherapie - sich daran erinnern muss. Andere Methoden sollen die Selbstheilung stärken, etwa durch „energetische Impulse“ oder durch eine Rückbesinnung auf den Embryonalzustand.

Die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege meinte, die Frau sei im Bereich alternativer Heilmethoden tätig und daher bei ihr in der Unternehmerversicherung versicherungspflichtig.

Methoden seien wissenschaftlich nicht belegt

Gegen die Beitragsbescheide von 2008 bis 2012 in Höhe in Höhe von 127 Euro bis 138 Euro klagte die Heilerin. Sie betreibe ausschließlich Geistheilung. Die von ihr angewendeten Methoden seien wissenschaftlich nicht belegt, und sie benötige auch keine Erlaubnis als Heilpraktikerin. Daher seien ihre Behandlungen nicht dem Gesundheitswesen zuzurechnen.

Wie schon vor dem Sozialgericht Augsburg hatte die Klage nun auch vor dem LSG keinen Erfolg.

Zielrichtung der Behandlung ist entscheidend

„Die Klägerin ist als selbstständige Geistheilerin kraft Gesetzes versicherungspflichtig in der gesetzlichen Unfallversicherung“, heißt es in dem Münchener Urteil. Aus ihrem Internetauftritt gehe klar hervor, dass sie Heilbehandlungen anbieten will. Durch verschiedene Techniken wolle sie die Selbstheilungskräfte des Körpers fördern. Ob die Methoden wissenschaftlich anerkannt sind, spiele dabei keine Rolle. Entscheidend sei vielmehr die Zielrichtung der Behandlung.

Ob dabei eine Heilpraktikererlaubnis erforderlich ist, sei vorrangig eine Frage der „Gefahrenabwehr“, also der mit der Behandlung verbundenen Risiken. Für die Frage der Unfallversicherungspflicht sei dies daher ebenfalls ohne Belang.

Gegen dieses jetzt schriftlich veröffentlichte Urteil vom 30. November 2016 ließ das LSG wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zum Bundessozialgericht in Kassel zu.

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