Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Dem Spital Thun droht eine Fichenaffäre

Gegen die Spitalgruppe Thun werden schwere Vorwürfe erhoben.

Als «Zorro» wurde FDP-Grossrat Hans-Jörg Pfister aus Zweisimmen bereits bezeichnet. Ihm selbst gefällt der Vergleich mit der Romanfigur, die sich mit Maske und Peitsche für Gerechtigkeit einsetzt. Jetzt lebe er die Rolle neu aus, sagt Pfister. Seit einiger Zeit liefert er sich einen wüsten Streit mit dem Verwaltungsrat der Spitäler Thun und Zweisimmen (STS AG). Pikanterweise gehört Pfister dem Gremium ebenfalls an.

Eine Aussprache mit der Kantonsregierung gab es schon, diese Woche beschäftigt sich der Grosse Rat mit dem Fall. Pfister verlangt in einem Vorstoss Massnahmen, damit in den regionalen Spitalzentren «elementare Führungsgrundsätze und gesetzliche Bestimmungen hinsichtlich der Geschäftsführung» eingehalten werden. Laut Pfister ist das in der STS AG nicht der Fall. Vor einem Jahr wurde publik, dass es im Verwaltungsrat Differenzen bei der Ernennung eines neuen Chefchirurgen gab. Dabei kam es zum Abgang einer Verwaltungsrätin, sie soll am Ende nicht mehr zu den Sitzungen eingeladen worden sein. Nun erhebt Pfister Vorwürfe, die noch weiter gehen.

Aus Verwaltungsrat geplaudert

Die Vorwürfe drehen sich um die Schliessung der Geburtenabteilung in Zweisimmen, die 2014 vom STS-Verwaltungsrat beschlossen wurde. Gemäss Pfister teilte Verwaltungsratspräsident Thomas Bähler später dem Gemeindepräsidenten von Zweisimmen mit, wie Pfister im Verwaltungsrat abgestimmt hatte. «Das ist eines Verwaltungsratspräsidenten nicht würdig», sagt Pfister.

Möglicherweise ist es sogar illegal. Gemäss Peter V. Kunz, Professor für Wirtschaftsrecht an der Universität Bern, sind die Ergebnisse von Abstimmungen in Verwaltungsräten «geheim». Wenn das Abstimmungsverhalten einzelner Verwaltungsräte nach aussen getragen werde, könne dies «als strafbar qualifiziert werden».

Wie zerrüttet das Verhältnis im STS-Verwaltungsrat ist, zeigt ein Brief, den das Gremium 2015 dem Regierungsrat schrieb. Die STS AG gehört dem Kanton. Im Brief, der dem «Bund» vorliegt, wird Pfister vorgeworfen, er habe den Gesamtverwaltungsrat «wiederholt diskreditiert» und gegen den Verhaltenskodex des Spitals verstossen. Zudem ist festgehalten, dass sich Pfister im Verwaltungsrat «explizit nicht» gegen die Schliessung der Geburtenabteilung aussprach, sondern das neue Konzept «als bestmögliche Lösung» bezeichnet habe.

Aus Pfisters Sicht sind diese Aussagen falsch. Er habe sich im Verwaltungsrat der Stimme enthalten, obwohl er gegen die Schliessung war. Gemäss Protokollauszug hat Pfister gesagt: «Die Schliessung der Geburtenabteilung in Zweisimmen ist ein Wermutstropfen.» Im Protokoll stand am Anfang etwas anderes, Pfister setzte daher eine Korrektur durch. Dass Falschaussagen über ihn gemacht wurden, kritisiert er scharf: «Das ist Sizilien.» Wobei Pfister damit nicht den Wein meint.

Der Verwaltungsratspräsident liess sogar eine «Fiche» über Pfister erstellen: ein siebenseitiges Dokument mit Aktivitäten und Äusserungen in den Jahren 2014 und 2015. Darin ist nicht nur aufgelistet, was Pfister in den Medien sagte und an welchen Anlässen er auftrat. Festgehalten ist auch seine Präsenz an den STS-Verwaltungsratssitzungen.

«Keinerlei Falschaussagen»

Verwaltungsratspräsident Thomas Bähler sagt, bei der Aufstellung wie auch beim Brief handle es sich um vertrauliche Dokumente. Im Brief seien «keinerlei Falschaussagen» gemacht worden. Die Regierung habe 2014 verlangt, dass die kantonalen Spitäler einen Muster-Verhaltenskodex einführten. «Verfehlungen gegen diesen Kodex und gegen die Interessen der STS wurden zuhanden des Eigners dokumentiert.»

Zudem sagt Bähler, er habe 2014 an einem öffentlichen Infoabend in Zweisimmen orientiert, dass die Schliessung der Geburtenabteilung «ohne Gegenstimme» vom Verwaltungsrat beschlossen worden sei. Der Gemeindepräsident sei damals im Publikum gewesen.

Aufgrund der Differenzen wollte der Verwaltungsrat Pfister bereits 2015 loswerden. Er wurde nicht zur Wiederwahl vorgeschlagen. Der Regierungsrat, der damals noch eine rot-grüne Mehrheit hatte, bestätigte den FDP-Grossrat trotzdem. In diesen Tagen wählt die Regierung erneut. Der neue Gesundheitsdirektor Pierre Alain Schnegg (SVP) setzt nicht mehr auf Pfisters Dienste: nicht nur wegen des Zwists, Schnegg will grundsätzlich keine Grossräte in den Verwaltungsräten haben.

Pfister sagt, er könne «ein Unangenehmer sein» – sobald er feststelle, dass etwas nicht demokratisch ablaufe. Sein Ziel sei es, aufzurütteln, damit Parlament und Regierung hinsähen. Er wartet nun den Entscheid des Grossen Rats ab. Wenn sein Vorstoss abgelehnt wird, will er juristische Schritte einleiten.