Stenum/Delmenhorst - Noch im April hatte der ehemalige Geschäftsführer der Stenumer Fachklinik für Orthopädie einen Deal mit dem Gericht abgelehnt. Er stand wegen besonders schwereren Betruges in drei Fällen, besonders schwerer Untreue in drei Fällen sowie Insolvenzverschleppung vor Gericht. Doch dann überlegte er es sich anders. Wenige Tage nach dem ersten Prozesstag reichte der 49-Jährige ein schriftliches Geständnis ein – in der Hoffnung, dass sich das Gericht doch noch auf die Einigung einlasse.

Und das tat es: Am Donnerstag bot das Gericht diesen Deal erneut an, da die Ermittlungen aufwendig und teuer werden würden. Der Bad Zwischenahner wurde zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verurteilt. Voraussetzung war ein Geständnis. Der Angeklagte ließ sich darauf ein. Der Richter hatte ihn vorher darauf hingewiesen, dass es am 1. Juli eine Reform der Vermögensabschöpfung gebe, die für ihn fatale finanzielle Folgen haben könnte. Der ehemalige Klinik-Chef trägt außerdem die Kosten des Verfahrens.

Alle Taten ereigneten sich 2010 und 2011. Der Angeklagte gab zu, in drei Fällen einem Pfändungsbeschluss nicht nachgekommen zu sein. 2009 war er in Köln wegen gewerbsmäßiger Untreue in 40 Fällen zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe verurteilt worden. Sein Gehalt sollte gepfändet werden. Das stellte er gegenüber der Stenumer Klinik anders dar, so dass sie drei Gehälter an den gelernten Physiotherapeuten auszahlte. Es entstand ein Schaden von rund 40 000 Euro. Außerdem gab er zu, ein Darlehen über 20 000 Euro, das er für die Klinik beantragt hatte, selbst verwendet zu haben, und der Klinik rund 135 000 Euro für Leistungen in Rechnung gestellt zu haben, die er gar nicht erbracht hatte. Zudem hat er 250 000 Euro, die eine Versicherung an die Klinik zahlte, an seinen Anwalt geleitet. Hinzu kommt, dass er die Zahlungsunfähigkeit der Klinik verschwieg.

Eine Bewährungsstrafe sei rechtlich nicht möglich, so der Richter, da der Angeklagte in der Bewährungszeit mehrmals vor Gericht stand, zwei Mal wurde er verurteilt, einmal bereits wegen einer Insolvenzverschleppung. Die Bewährungszeit wuchs auf siebeneinhalb Jahre. Derzeit laufen zwei weitere Verfahren. Der Richter ließ durchblicken, dass er davon ausgehe, dass noch andere Klinikmitarbeiter „partizipiert“ hätten. Der Staatsanwalt betonte, dass die Klinik den 49-Jährigen aufgrund seiner Vorstrafen gar nicht hätte einstellen dürfen.

Die Freiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten kann übrigens noch länger werden: Wird das Kölner Urteil wegen der aktuellen Verurteilung widerrufen, drohen dem 49-Jährigen weitere zwei Jahre Gefängnis. Gegen das Urteil kann der Ex-Klinik-Chef innerhalb einer Woche Rechtsmittel einlegen.