OBWALDEN: Spitalvergleich sorgt für erhöhten Pulsschlag

Der Verein für Qualitätsentwicklung und der Verein Spitalvergleich liegen sich über das Kantonsranking bei den Wundinfektionen in den Haaren. Und das Spital in Sarnen wehrt sich für seine Reputation.

Balz Bruder
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Die Geschichte schlug hohe Wellen – vor allem im Kanton Obwalden. Dass das örtliche Kantonsspital in einem nationalen Vergleich über die Häufigkeit von Wundinfektionen am Schluss der Rangliste landete (vgl. Ausgabe vom 7. Juni), sorgte für Aufsehen. Aber auch für Unmut. Denn das Ranking, das der Verein Spitalvergleich auf seiner Homepage publizierte, geriet ins Fadenkreuz des Nationalen Vereins für Qualitätsentwicklung in Spitälern und Kliniken (ANQ). Zwar stammten die Zahlen, die im Spitalvergleich verwendet wurden, vom ANQ, sie wurden nach Ansicht des Urhebers der Daten allerdings nicht sachgerecht verwendet. Petra Busch, Geschäftsleiterin des Vereins, sagt: «Wir distanzieren uns von dieser so­genannten Auswertung beziehungsweise Analyse, weil ein Rating – insbesondere eines, das Kantone vergleicht – auf dieser Datengrundlage nicht möglich ist.» Es vermittle «ein falsches Bild von den Spitälern und deren Leistungen», führt sie im Namen des ANQ sowie von Swissnoso, dem Nationalen Zentrum für Infektionsprävention, aus.

Der ANQ fuhr denn auch scharfes Geschütz gegen den Verein Spitalvergleich auf: «Wir prüfen im vorliegenden Fall entsprechende Schritte», hiess es Anfang Juni. Die Prüfung ist inzwischen erfolgt – bislang ist rechtlich aber nichts unternommen worden. Was nichts daran ändert, dass «eine nicht abgesprochene, reduzierte, unkommentierte oder teilweise Übernahme der ANQ-Messresultate der Sache nicht dient und kontraproduktiv wirkt», wie Busch auf Anfrage sagt. Der Verein für Qualitätsentwicklung habe in diesem Frühjahr deshalb alle Betreiber von Spitalsuch- und Spitalvergleichsportalen angeschrieben, um sie darauf aufmerksam zu machen.

Ranking von der Homepage entfernt

Pikant dabei: Der Verein Spitalvergleich hat das nationale Ranking über die Häufigkeit von Wundinfektionen beziehungsweise den Kantonsvergleich Ende vergangener Woche von der Homepage entfernt. Sehr zur Freude des Kantonsspitals Obwalden (KSOW) in Sarnen: Auf Druck von ANQ und Swissnoso sei das Ranking verschwunden, hielt CEO Daniel Lüscher Anfang Woche in einer Medienmitteilung fest. Allerdings: Einen Zusammenhang zwischen der Androhung von Schritten gegen den Verein Spitalvergleich und der Löschung auf der Homepage gebe es ihrer Ansicht nach nicht, sagt ANQ-Geschäftsleiterin Busch.

Was also hat den Verein Spitalvergleich zum Zurückkrebsen bewogen? Vizepräsident Urs Schönenberger sagt auf Anfrage, es sei den Verantwortlichen zum Zeitpunkt der Publikation «nicht in diesem Umfang bewusst gewesen, dass das Thema so brisant sein könnte». Gleichzeitig be­stätigt Schönenberger, die Meinungsunterschiede mit dem ANQ hätten sich «zugespitzt», und verteidigt das Vorgehen: Erstens sei dem Verein bewusst, dass die Qualität eines Spitals «nur unter Einbezug unterschiedlichster adäquater Kriterien» dargestellt werden könne. Zweitens verwende der Verein «nur die aktuellsten verfügbaren Daten und geht mit diesen sorgfältig um». Drittens wäre eine «umfassendere, differenziertere und aktualisierte Datengrundlage auch für uns wünschenswert». Und viertens seien die Vorwürfe des ANQ «nicht korrekt». Fallzahlen, Anzahl Messungen und beteiligte Spitäler seien «klar deklariert» worden. Schönenberger spricht denn auch ohne Umschweife von «Machtgehabe» und «unnötig herabsetzenden Äusserungen» seitens des ANQ an die Adresse des Vereins Spitalvergleich.

Kantonsspital Obwalden hat sich verbessert

Wie dem auch sei: «Das Ranking wurde zwar von der Homepage entfernt, aber der Schaden ist angerichtet», sagt KSOW-CEO Lüscher. Dies zeigten Rückfragen aus der Bevölkerung und von Mitarbeitenden. Der Spitaldirektor betont, dass das KSOW in der Wahrnehmung der Bevölkerung «ein vertrauensvolles Image» habe und in den Patientenbefragungen «durchwegs mit Spitzenergebnissen brilliert». Und was ist mit den postoperativen Infektionen? Die aktuellen Messdaten zeigten «bereits erhebliche Verbesserungen», die mit verschiedenen Massnahmen erreicht werden konnten. Das KSOW räumt damit ein, dass es Opti­mierungspotenzial gab. Dieses konnte unter anderem durch den Bau einer eigenen Sterilisation für Medizinalprodukte ausgeschöpft werden. Vor allem aber auch durch den Einsatz einer spitaleigenen Fachexpertin für Infektionsprävention, die ein strenges Controlling aufgezogen hat. «Wir sind überzeugt, mit unserer gelebten Kultur des Lernens aus Fehlern, mit fachlicher Kompetenz und Transparenz unseren Weg erfolgreich weitergehen zu können», resümiert Lüscher nach der Kontroverse um das Ranking des Spitalvergleichs.

Übrigens: Dass das Thema damit nicht für alle Zeiten vom Tisch ist, steht schon heute fest. Der ANQ selber will dafür sorgen, «die Information über die Resultate zu optimieren und noch verständlicher aufzubereiten – soweit dies aus wissenschaft­licher Sicht möglich ist».

Balz Bruder

balz.bruder@luzernerzeitung.ch