Anzeige gegen einen Ex-Chefarzt des Ortenau-Klinikums
Ein ehemaliger Chefarzt des Ortenau-Klinikums Offenburg und dessen Kollege sind von der Medizintechnik-Firma Syntellix angezeigt worden. Anlass ist eine Studie, die im Bereich Handchirurgie durchgeführt wurde. In der Anzeige ist von gefährlicher Körperverletzung an Patienten die Rede.
Die Strafanzeige, deren Folgen auch das Ortenau-Klinikum in Offenburg erreichen, ging am 25. April bei der Staatsanwaltschaft Hannover ein. Erstattet wurde die Anzeige von der Medizintechnik-Firma Syntellix des ehemaligen EnBW-Chefs Utz Claassen.
Schwere Vorwürfe
Das Unternehmen mit Sitz in Hannover richtet sich darin gegen einen ehemaligen Chefarzt des Ortenau-Klinikums sowie dessen Kollegen und erhebt gegen die beiden schwere Vorwürfe. Grund ist eine Studie im Bereich der Handchirurgie, die im Jahr 2014 an Patienten im Offenburger Krankenhaus durchgeführt worden sei – angeblich mit zweifelhaften Mitteln.
Schrauben auf Magnesium-Basis
Für die Studie wurden den Patienten demnach bei Knochenoperationen Schrauben auf Magnesium-Basis aus der Produktion von Syntellix eingesetzt. Die Schrauben sollen sich im Körper nach einiger Zeit auflösen, eine zweite Operation, wie bei Titan-Implantaten, soll nicht mehr nötig sein.
Das Ergebnis der Studie publizierten die beiden Mediziner 2016 in einer Fachzeitschrift. Ihr Ergebnis: Die Schrauben könnten für den Einsatz im klinischen Alltag derzeit nicht empfohlen werden.
Massive Vorwürfe
Der Hersteller Syntellix macht nun dem ehemaligen Offenburger Chefarzt und dessen Kollegen massive Vorwürfe. »Im Rahmen der Anzeige wird der Vorwurf erhoben, die Ärzte hätten die Studie nicht ordnungsgemäß durchgeführt, sodass sie sich unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung an den an der Studie teilnehmenden Patienten strafbar gemacht hätten«, erklärte Miriam Kümmerle, Sprecherin der Staatsanwaltschaft Offenburg, an die die Anzeige von den Kollegen aus Hannover zur Prüfung der Übernahme weitergeleitet worden ist.
»Ermittlungen wurden noch keine angestellt«, sagte Kümmerle auf Anfrage der Mittelbadischen Presse.Die Anschuldigungen in der Anklage wiegen schwer. Unter anderem soll nicht klar sein, ob die Patienten in die Teilnahme an der Studie eingewilligt hätten.
Gravierender Verstoß
Wussten sie also gar nicht, dass sie bei einem medizinischen Versuch mitmachten? Dies würde einen gravierenden Verstoß gegen die geltenden Standards darstellen.
Das Ortenau-Klinikum hält sich bedeckt. Auf Anfrage unserer Zeitung teilte Sprecher Christian Eggersglüß gestern lediglich mit: »Das Ortenau-Klinikum Offenburg-Gengenbach ist zur Zeit mit der internen Aufklärung des genauen Sachverhalts befasst. Vor Abschluss dieser Klärung kann das Ortenau-Klinikum auch mit Rücksicht auf möglicherweise laufende Ermittlungen den Sachverhalt nicht kommentieren. Wir bitten dafür um Verständnis.«
Interessenkonflikt?
Einem Medienbericht zufolge könnte die Studie, die den Syntellix-Schrauben ein mangelhaftes Zeugnis ausstellte, noch einen anderen Hintergrund haben. Nicht nur Ex-EnBW-Chef Claassen, sondern auch der Hannoveraner Unternehmer Carsten Maschmeyer hatten einst in Syntellix investiert – und sich dabei überworfen.
Claassen dominiert Syntellix und vermutet dem Bericht zufolge einen Interessenkonflikt bei den Ärzten, die die Studie erstellt haben. Sie seien für OP-Kurse und eine Klinik von Maschmeyer gesponsort worden.