Lernziele

Nach der Lektüre dieses Beitrags …

  • werden Sie Ihre Freude an der englischen Fachsprache/Fachliteratur (neu) entdecken.

  • vertrauen Sie zukünftig auf richtige anstelle „falscher Freunde“ (false friends).

  • kennen Sie die häufigsten und wichtigsten englischen Akronyme/Fachbegriffe im Bereich der Pneumologie.

  • fühlen Sie sich sicherer in der Aussprache englischer Fachbegriffe.

  • sind Sie in der Lage, „Insider“ zu verstehen und wesentliche „Fettnäpfchen“ (pitfalls) erfolgreich auszulassen.

Hintergrund

Stellen Sie sich folgende Szene vor: nach sechs Jahren Studium der Humanmedizin und weiteren fünf bis acht Jahren Facharztausbildung arbeiten Sie im Bereich der Pneumologie und sprechen tagtäglich eine Sprache, welche Sie formal nie gelernt haben, denn Medical English ist in Deutschland keine Pflichtweiterbildung.

Fachwissen auf dem neuesten Stand beziehen Sie aus englischen Fachzeitschriften (journals) über PubMed oder via UpToDate, Patientenpfade beschreiben Sie als „SOP“ und Sie wissen, dass Ihre US-amerikanischen ärztlichen Kollegen ein „USMLE“ zähneknirschend hinter sich bringen mussten. Sie erfreuen sich gerade eines CME-Artikels mit „MCQ“ und CT-Bilder tauschen Sie kollegial im „DICOM“-Format aus. Vielleicht gab es auch diesen einen kurzen (sehr kurzen) Moment, als Sie der Medizinstudierenden stolz übersetzen wollten, was „CPR“ bedeutet, als anstelle der „Resuscitation“ doch die „Reanimation“ durch Ihre Gehirnwindungen gezuckt ist. Und sind Sie sich wirklich sicher, wie man „Pneumonie“ auf Englisch ausspricht?

Seien wir ehrlich: häufig fischen wir im Trüben, verwenden vermeintlich souverän haufenweise englischsprachige Akronyme , welche wir nicht im Traum erklären könnten, erliegen nicht selten false friends, ohne es überhaupt zu merken, und sprechen englische Wörter und Begriffe derart falsch aus, dass es einem Muttersprachler (dem legendären native speaker) vermutlich körperliche Schmerzen zufügen würde. Falls Sie – wie der Autor dieses Artikels – um Ihre Unzulänglichkeiten bei diesem elementar wichtigen Thema wissen und gerne etwas dazu lernen wollen, dann lesen Sie bitte weiter – Sie werden es nicht bereuen!

Anamnese und körperliche Untersuchung

Der Grundstein jeglicher pneumologischer Patientenbetreuung wird mit der Anamnese und der körperlichen Untersuchung gelegt. Als Gesprächseröffnung dient im Englischen anstelle unseres „Was führt Sie zu mir?“ z. B. ein freundliches what brings you here today? oder ein what can I do for you?. In der Patientenvorstellung folgt bei z. B. Dyspnoe dann ein the patient presents with shortness of breath. Das Leitsymptom ist das leading, principal oder cardinal symptom. Aus Patientensicht sind die Hauptbeschwerden die chief complaints. Wichtig ist, zwischen Symptomen und klinischen Zeichen zu unterscheiden: signs and symptoms (Abkürzung S/S) meinen von außen (für die Ärztin) sichtbare krankhafte Veränderungen im Gegensatz zu subjektiven Beschwerden. Trommelschlägelfinger wären ein solches sign und werden im Englischen mit clubbing bezeichnet. Vereinbaren Sie mit Ihrem Patienten, z. B. bei einer wenige Millimeter messenden Raumforderung, zunächst abzuwarten und zu beobachten (Kontrolluntersuchungen etc.), so ist diese Strategie im Englischen (und mehr und mehr auch in Deutschland) als watchful waiting oder auch active surveillance bekannt.

Wie im deutschen Sprachgebrauch herrscht bei den pulmonalen Auskultationsbefunden teils Verwirrung: wheezing meint Giemen. Rasselgeräusche wurden früher als rales, heutzutage zumeist als crackles bezeichnet. Grobblasige Rasselgeräusche (z. B. beim kardialen Lungenödem) sucht der englische Pneumologe als coarse crackles. Feinblasige Rasselgeräusche (Synonym: Knisterrasseln) – die bibasiläre Sklero(si)phonie z. B. bei der idiopathischen Lungenfibrose – entsprechen fine crackles oder auch velcro crackles in Anlehnung an das charakteristische Geräusch beim Öffnen eines Klettverschlusses (Velcro®). Der Begriff rhonchus taucht manchmal ebenfalls als „Rasselgeräusch“ auf – vermutlich wäre er jedoch eher mit unserem „Brummen“ vergleichbar.

Falsche Freunde – false friends

Hiermit werden Wortpaare in zwei verschiedenen Sprachen bezeichnet, welche bei gleicher grammatischer Funktion trotz gleicher (ähnlicher) Form (völlig) unterschiedliche Bedeutungen haben. Ein echter Klassiker im Englischen wäre beispielsweise, dass Ihre Tochter auf das Gymnasium geht und Ihr Gegenüber versteht, dass sie in der Turnhalle ist. Auch in der Medizin sind false friends häufig besonders peinliche Momente bzw. können auch fatale Fehler in der Übersetzung und Interpretation nach sich ziehen. Das Gefährliche an false friends ist die Tatsache, dass einem selbst in Ermangelung des korrekten Begriffs häufig gar nicht bewusst ist, dass man einen solchen Fehler begeht. Diese Fehlerquelle besteht in beiden sprachlichen „Richtungen“. Etwas erweitert rechnet zu diesem Themenkomplex auch die Gefahr, dass man eine Wortneuschöpfung kreiert, weil man der Meinung ist, dass dieses Wort/dieser medizinische Ausdruck doch in der anderen Sprache ebenfalls existieren müsste (z. B. Reanimation = resuscitation) oder schlichtweg gar nicht weiß, wie die Übersetzung lauten könnte (z. B. Danksagung = acknowledgment). Die Krönung dieser Gattung wäre für den Pneumologen wohl das Wort cold. Hierbei könnte „Erkältung“ mit „kalt“ verwechselt werden oder aber das (veraltete) Synonym „COLD“ (chronic obstructive lung disease) für die chronische obstruktive Lungenerkrankung „COPD“ (chronic obstructive pulmonary disease) gemeint sein. Einige ausgewählte Beispiele von false friends und fehlerhaften Übersetzungen in der Pneumologie/Medizin sind in Tab. 1 aufgeführt.

Tab. 1 Ausgewählte Beispiele von false friends und fehlerhaften Übersetzungen in der Pneumologie/Medizin

Eigennamen und Abkürzungen

Traditionell verwendet die deutschsprachige Medizin häufig Eigennamen (Eponyme ) zur Beschreibung einer Krankheit bzw. eines Fachbegriffs, welche nicht selten mit der Entdeckung einer bestimmten Erkrankung, Pathologie etc. vergesellschaftet sind (z. B. Langhans-Riesenzelle bei granulomatösen Erkrankungen). Im englischen Sprachgebrauch sind diese Eigennamen sehr viel seltener anzutreffen. Über die letzten Jahre wurde auch international daran gearbeitet, dass Eigennamen durch korrekte medizinische/pathophysiologische Beschreibungen ersetzt werden. Dies nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass neben einer nicht abzustreitenden inhaltlichen „Leere“ die Erstbeschreiber nicht selten zweifelhafte politische Vitae aufzuweisen hatten (insbesondere Verstrickungen in den deutschen Nationalsozialismus).

Ein Beispiel par excellence hierfür ist die Umbenennung des Morbus Wegener (erkennen Sie die „Leere“ dieses Begriffs?) in Granulomatose mit Polyangiitis (GPA). Hierbei wird u. a. sofort klar, dass es sich um eine granulomatöse Grunderkrankung mit Vaskulitis handelt. Friedrich Wegener war nicht nur deutscher Pathologe, sondern u. a. auch Mitglied der NSDAP und des NS-Ärztebundes. Wundern Sie sich nicht, wenn Sie in Klammern bei der GPA manchmal fka finden (fka Wegener granulomatosis): dies bedeutet „ehemals“ (formerly known as). Nichtzutreffend ist die gleichwohl ebenfalls anzutreffende Bezeichnung aka, welche bedeuten würde: „auch bekannt als“ (also known as).

Falls im Englischen doch Eponyme verwendet werden, so lässt sich eine gewisse „Begeisterung“ für die eigene – um nicht zu sagen eine gewisse Ignoranz gegenüber der anderen – Sprache bzw. gegenüber den eigenen Landsleuten nicht immer verheimlichen: aus der charakteristischen Damoiseau-Ellis-Linie in der stehenden Thorax-Röntgenaufnahme beim Pleuraerguss wird so das Ellis’ sign (Calvin Ellis war Arzt in Boston, USA). Im Übrigen wird die Thorax-Röntgenaufnahme im Englischen chest X‑ray genannt (– merken Sie etwas? Wilhelm Conrad Röntgen ist verschwunden).

Eine hilfreiche und spannende Quelle in Bezug auf medizinische Eponyme ist die Homepage www.whonamedit.com. Sie eignet sich u. a. hervorragend für Quizrunden bei verregneten Medizinerabenden – Sie werden staunen, wie unendlich viele Eponyme die Medizin kennt.

Eine Schwierigkeit der beschreibenden Begriffe liegt in ihrer Länge begründet. Dadurch werden häufig Abkürzungen geschaffen, um im medizinischen Alltagsgeschehen „handlungsfähig“ zu bleiben. Die Abkürzungen entstehen hierbei zumeist in Form eines Akronyms, indem die Anfangsbuchstaben der einzelnen Wörter zu einer Buchstabenfolge zusammengefasst werden. Sehr viel seltener werden reine Abkürzungen der hinterlegten Wörter verwendet (z. B. resp. failure für respiratorische Insuffizienz).

Auch hier ein Beispiel: die eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis wird so zur „EGPA“ (fka Churg-Strauss syndrome). Jacob Churg und Lotte Strauss haben übrigens keine (bekannte) zweifelhafte politische Vergangenheit, nichtssagend bleibt der Begriff dennoch. Durch diese Akronyme entsteht jedoch ein nicht mehr zu durchringender Dschungel an Abkürzungen, welche teils auch noch für verschiedene medizinische Inhalte stehen – spätestens hier wird es gefährlich (z. B. HWI im Deutschen für Hinterwandinfarkt oder auch Harnwegsinfekt). Über die letzten Jahre nähern sich viele der zumeist aus dem englischen Sprachgebrauch entstandenen Akronyme auch in ihrer (vermeintlich) deutschen „Übersetzung“ sehr stark einander an – was nicht selten den gemeinsamen lateinischen (seltener: griechischen) Ursprung dieser Wörter über die Umwege englisch bzw. deutsch erkennen lässt (z. B. ECMO: extracorporal membrane oxygenation, extrakorporale Membranoxygenierung).

Akronyme können auch für komplexe Modelle in der Medizin stehen: das SNAPPS-Modell ist hier ein schönes Beispiel in der medizinischen Lehre (Tab. 2). Nicht selten stolpert man z. B. in Arztbriefen, Fachliteratur, Vorträgen etc. über Fehler im Umgang mit Eponymen und Akronymen. So wird aus dem Eponym „Wells Score“ (benannt nach dem kanadischen Arzt Philip S. Wells) z. B. ein „Well’s Score“ oder auch ein „WELLS-Score“ (vermeintliches Akronym). Ähnliches gilt auch für ein „Gold-Stadium“ bei welchem ein Akronym (g lobal initiative for chronic o bstructive l ung d isease; GOLD) mit einem glänzenden Edelmetall verwechselt wird. Das (Wort‑)Spiel mit bekannten Begriffen aus dem Alltag ist gerade bei Akronymen durchaus beliebt (gold).

Tab. 2 Das auf den Lernenden zugeschnittene (learner-driven/learner-centered) SNAPPS-Modell für die medizinische Lehre/Patientenversorgung (Wolpaw et al. [2003] Acad Med 78:893–898)

Verkompliziert wird der Sachverhalt dann auch noch durch die Tatsache, dass sich aus Akronymen auch in der Pneumologie immer häufiger bestimmte Scoring-Systeme (noch ein Wort, dessen deutsche Übersetzung „Punktzahl“ keine Anwendung findet) ableiten bzw. sich dahinter „verbergen“. Wenn diese dann auch noch bei ein und demselben Krankheitsbild mit Eponymen „konkurrieren“, wird es nicht selten unübersichtlich (gefährlich). Bleiben wir hierzu nochmals bei der Lungenarterienembolie: Philip S. Wells kennen Sie ja bereits. „Sein“ Scoring-System ist nach ihm benannt (=Eponym), und Sie können leider nicht aus dem Namen Wells den Inhalt des Scoring-Systems herleiten. Auch das Akronym sPESI sagt Ihnen zunächst nur, dass es sich um eine vereinfachte (simplified) Form des p ulmonary e mbolism s everity i ndex (PESI) handelt.

Da haben es unsere Freunde in der Kardiologie schon einfacher: wer sich den CHA2DS2−VASc-Score gut eingeprägt hat, der kann anhand des Akronyms gleich die entsprechende Punktzahl und die korrekte therapeutische Konsequenz ableiten. Aber keine Angst, die Pneumologen kommen nicht zu kurz: beim CRB-65-Score , welcher als Risikoabschätzungsmodell bei ambulant erworbener Pneumonie eingeführt wurde, lässt sich ebenfalls alles Wissenswerte aus dem Akronym herleiten. Das „C“ steht für confusion, also Verwirrtheit als Hinweis auf eine (beginnende) septische Enzephalopathie. Das „R“ fragt nach der Atemfrequenz (respiratory rate) und das „B“ nach blood pressure (Blutdruck). Die Zahl 65 steht ganz international für das Alter des Patienten. Erweitert wurde dieser Score – und auch das Akronym – jüngst durch „D“ (underlying diseases) in Form der Grunderkrankung sowie „S“ in Form der oxygen saturation (Sauerstoffsättigung bei Raumluft).

Stilblüten der besonderen Art können auch im Zusammenhang mit den Sepsis-3-Kriterien entstehen: wenn der pneumologische Patient in der zentralen Notaufnahme plötzlich „auf dem Sofa“ 2 Punkte erreicht, müssen wir uns als Ärzteschaft fragen, wie undurchdringlich wir unser eigenes Dickicht gestalten wollen (korrekt wäre das Akronym qSOFA für q uick s epsis-related o rgan f ailure a ssessment score).

In Tab. 3 ist eine kleine, unvollständige und willkürliche Auswahl an wichtigen Akronymen in der Pneumologie, Beatmungs- und Intensivmedizin aufgelistet. Sie können sich selbst testen, indem Sie die Antwortspalte zunächst verdecken.

Tab. 3 Ausgewählte wichtige Akronyme aus der Pneumologie, Beatmungs- und Intensivmedizin in alphabetischer Reihenfolge unter Angabe des Kontextes

Aussprache und Schreibweise

Zunächst ist es wesentlich, sich stets darüber im Klaren zu sein, ob man in British English ( BE ) oder American English ( AE ) kommuniziert. So sind neben kulturellen Unterschieden im Sprachgebrauch, Patientenumgang etc. auch einzelne Wörter anders zu schreiben bzw. auszusprechen. Klassiker wäre z. B. der Ösophagusdruck im Zusammenhang mit beatmeten Patienten, bei welchem der Brite oe sophageal pressure, der US-amerikanische Kollege jedoch e sophageal pressure dokumentieren würde. Auch Wörter wie acknowledg e ment (BE) bzw. acknowledgment (AE) unterscheiden sich. Taucht die Endung „‑er“ bzw. „‑se“ im AE auf, wird im BE daraus zumeist ein „‑re“ bzw. „‑ce“ (z. B. AE: cent er , licen se; BE: cent re , licen ce). Aus dem „z“ im AE wird im BE häufig ein „s“ (z. B. AE: hospitali z ation; BE: hospitali s ation).

Im Englischen werden zumeist getrennt geschriebene, kurze, prägnante Wörter verwendet und die deutschen Wortungetüme nicht umsonst belächelt. So wird aus dem Beatmungsentwöhnungspatienten ein weaning patient oder aus dem geschlossenen Kommunikationskreislauf die closed loop communication. Bezüglich der Groß- und Kleinschreibung gilt weiterhin, dass mit Ausnahme von Eigennamen etc. im Englischen zumeist klein geschrieben wird. Es ist jedoch ein gewisser Trend zu verzeichnen, dass u. a. im Rahmen der vielen Akronyme viele Initiativen, Wörter etc. immer häufiger großgeschrieben werden, wie z. B. Global Initiative for Asthma (GINA).

Für die Pneumologin von entscheidender Bedeutung ist die korrekte Aussprache der Buchstabenabfolge „pn“ wie in pneumology, pneumonia, pneumococcal etc. Hierbei gilt, dass ein fast nicht hörbares „P“ gehaucht wird, im Grunde jedoch ein Wortlaut aus dem ungeübten Mund hervortritt, welcher der Aussprache von z. B. new (wie in New York) gleichkommt. Auch der Psychiater (Abfolge „ps“) klingt grundsätzlich anders – eher wie in z. B. cyber und keinesfalls mit hartem „P“ zu Beginn. Bevor man sich blamiert, kann der Pneumologe sich jedoch jederzeit mit einem chest physician gekonnt aus der Affäre ziehen.

Auch das „W“ bereitet nicht selten Probleme: wir sind es nicht gewohnt, diesen Buchstaben weich auszusprechen. Übertrieben wird daraus fast ein „U“ bzw. ein ausgesprochenes englisches „V“ wie z. B. in volume. Hervorragend üben können Sie dies ab jetzt täglich bei jedem Ihrer Weaning-Patienten – mit extra weichem „W“. Das Gegenteil wäre z. B. das deutsche „W“ in „Wasser“ oder auch „warum“.

Bei einzelnen Wörtern hilft dagegen fast nur, dass man sie einmal korrekt von einem native speaker ausgesprochen gehört hat – und selbst dann ist nicht gesagt, dass man in der Lage sein wird, eine auch nur annähernd korrekte Aussprache zu erreichen. Erinnern Sie sich noch an das Eichhörnchen aus dem Englischunterricht (squirrel)? Um es kurz zu machen: ich habe aufgeben. Drangeblieben bin ich jedoch an dem Wort für Honigwabe honeycombing, welches in der Aussprache das „B“ nahezu verstreichen lässt, ähnlich klingt wie z. B. homing und ein gedehntes „O“ erfordert.

Nicht selten sind die englische Schreibweise und Aussprache derart komplex, dass urplötzlich bei Unachtsamkeit oder Unwissen völlig andere Sachverhalte transportiert werden. Um dies theoretisch zu verdeutlichen: sprechen Sie bitte einmal das berühmte fiktive englische Wort ghoti korrekt aus. „Goti“? Nicht ganz; richtig wäre „Fisch“! Wie das? Nehmen Sie „gh“ wie in cou gh, „o“ wie in w o men und „ti“ wie in na ti on. Fatalerweise könnte so z. B. der Pneumologe der seine medizinisch-ethisch korrekte Arbeitsweise mit dem Hippokratischen Eid (Hippocratic Oath) als hypocritical hervorheben möchte am Ende als „scheinheilig/heuchlerisch“ enttarnt werden.

Wortabfolge bei medizinischen Fachausdrücken

Interessanterweise unterscheidet sich bei medizinischen Fachausdrücken die Wortabfolge im Englischen erheblich von der im Deutschen. Dies ist umso bemerkenswerter, als dass sich beide Sprachen im medizinischen Bereich Lehnwörter aus dem Lateinischen bedienen. Während im Lateinischen und Deutschen zunächst das Substantiv und dann ein oder mehrere Adjektive folgen, ist dies im Englischen genau umgekehrt: so wird beim Rechtsherzkatheter aus der Vena jugularis interna urplötzlich die internal jugular vein, aus dem Nervus phrenicus der phrenic nerve. Man muss schon kurz nachdenken, wenn beim respiratorisch erschöpften Patienten der schöne Musculus scalenus anterior zum anterior scalene muscle werden soll. Trickreich hierbei zudem, wenn dann lateinische Wörter noch durch englische ersetzt werden: so kann der Musculus scalenus medius zum middle scalene muscle werden.

„Insider“

Neben aller Systematik und Versuchen der Strukturierung lebt eine (Fremd‑)Sprache natürlich davon, dass sie gesprochen wird – mit all ihren Eigenheiten. Daher möchte der Autor dieses Artikels es nicht versäumen, mit Ihnen noch einige englische „Besonderheiten“ zu teilen.

Der großen Beliebtheit der Akronyme im Medical English ist folgender „Insider“-Begriff zu verdanken: Tripple A  = abominales Aortenaneurysma; abdominal aortic aneurysm. Auch Medikamentenanordnungen kommen hierauf – und auf den lateinischen Ursprung – zurück (die wichtigsten Punkte hierzu sind in Tab. 4 gezeigt). Auch das in der Pneumologie immer wichtiger werdende Fehlermanagement bedient sich der Akronyme: hinter „CUS“ verbirgt sich I’m c oncerned, I’m u ncomfortable, it’s a s afety issue. Es will uns an speak up erinnern – etwas beschäftigt uns, wir sollten sagen, warum es uns unbehaglich ist, und so erkennen wir (hoffentlich) den Sicherheitsaspekt dahinter.

Tab. 4 Wichtige Medikamentenanordnungen und deren Bedeutung in englischer Fachsprache

Sind Sie in der Medizin auch schon über ein „Zebra“ gestolpert? Dieser Ausdruck für seltene (unwahrscheinliche) Differenzialdiagnosen geht auf den amerikanischen Arzt und Wissenschaftler Theodore E. Woodward zurück, der sagte: when you hear hoofbeats, think of horses not zebras.

Auch umgangssprachliche englische Ausdrucksweisen eines Pneumologen wie the patient is satting in the mid 70s (verschärft: the patient’s sats are in the mid 70s) sind nicht ohne Weiteres als „der Patient hat eine Sauerstoffsättigung zwischen 70–80 %“ zu verstehen.

Für die Pneumologie wichtig zu kennen ist auch die trough FEV 1 welche sich von der „Talsohle“ oder dem „Tiefpunkt“ einer Kurve ableitet und nur bedingt mit dem (Schweine)Trog zu tun hat.

Welche drei Krankheitsentitäten werden in einer triple-rule-out-Computertomographie (TRO-CT) eingegrenzt? Es sind die Lungenarterienembolie, die Aortendissektion sowie das Koronarereignis, geliefert mittels one-stop-shop-Ansatz.

Besonderheiten in der englischen Sprache in Bezug auf Fachartikel (paper) wäre z. B. der Singular von data (this data implies that …), obwohl von mehreren Daten (Plural) die Rede ist. Eine Aufzählung mit A, respektive B lautet im Englischen: A, B, respectively.

Erfrischend sind zudem die gewählten Vergleiche und Begrifflichkeiten, mit welchen im Deutschen und Englischen versucht wird, „Kardinalbefunde“ zu beschreiben. So entsteht z. B. bei der thorakalen Ultraschalldiagnostik bei Vorliegen eines Pneumothorax das barcode sign oder auch stratosphere sign, während der Normalbefund ein seashore sign zeigen würde.

Das Beste kommt zum Schluss: falls Sie als Pneumologe schon einmal auf der Suche nach einem Ausatemventil bei nichtinvasiv beatmeten Patienten gewesen sind, wie wäre es mit dem whisper swivel? Hier hätten Sie ein „flüsterndes Drehgelenk“ für Ihre Patienten zur Verfügung. Apropos flüstern: das kongenitale zentrale Hypoventilationssyndrom – auch als Undine-Fluch-Syndrom bekannt – verdankt seinen englischen Begriff Ondine’s curse im Grunde einer fehlerhaften literarischen „Weiterentwicklung“ des seelenlosen naturbefohlenen Wasserwesens „Undine“ (lateinisch unda = Gewässer, Strom, Woge) in Friedrich Heinrich Karl Baron de la Motte Fouqué’s Werk von 1811.

Weiterführende Literatur

Aufgrund der Komplexität und „Besonderheit“ dieses Themas verzichtet der Autor auf die ansonsten übliche Zitierweise im Fließtext. Hingewiesen sei jedoch auf ein äußerst hilfreiches und umfassendes Werk zum Thema:

Friedbichler I, Friedbichler M (2016) Fachwortschatz Medizin Englisch – Sprachtrainer und Fachwörterbuch in einem. KWiC – Key Words in Context, 3. unveränderte Auflage, Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart; ISBN 9783132402409 (868 Seiten, 69 Abbildungen)

Fazit für die Praxis

  • Die englische Terminologie ist wichtig, alltäglich und zugleich äußerst unterhaltsam.

  • Akronym (Abkürzung) und Eponym (Eigenname) sind nicht immer leicht zu unterscheiden.

  • Für die meisten Eponyme existieren inzwischen internationale medizinisch/pathologische Beschreibungen.

  • Hinter manchem Akronym kann sich ein Insider-Begriff verbergen.

  • Nur wenige Scoring-Systeme lassen sich inhaltlich am Akronym herleiten.

  • Die Wortabfolge medizinischer Fachbegriffe ist im Deutschen und Englischen umgekehrt.

  • Korrekte Aussprache und Schreibweise, insbesondere Unterschiede zwischen AE und BE, gilt es zu beachten.

  • Zusammenfassend müssen wir uns fragen, wo es sich als Pneumologe lohnt, wie viel Energie hineinzustecken und so darf der Autor schließen mit: pick your battles carefully and choose the hill you’re gonna die on oder kurz gesagt: pick your battles!.