Sozialdemokrat hat pflegerische und wirtschaftliche Zweifel und fordert Bestandszusage fürs Krankenhaus.

Leonberg: Thomas Slotwinski (slo)

Leonberg - Martin Kaufmann, der sozialdemokratische Kandidat für das Amt des Leonberger Oberbürgermeisters, bezweifelt, dass eine Zentralklinik auf dem Böblinger Flugfeld der Garant für eine zukunftsfähige medizinische Versorgung des Landkreises ist.

 

„Ich halte ein solches Projekt für sehr schwierig, insbesondere was die pflegerischen wie auch die wirtschaftlichen Aspekte angeht“, erklärt der amtierende Bürgermeister von Rudersberg im Rems-Murr-Kreis. Kaufmann, der auch der Vorsitzende der SPD-Fraktion im dortigen Kreistag ist, verweist auf den Bau der Großklinik in Winnenden, deren Kosten aus dem Ruder gelaufen waren und die trotz aller offiziellen Beteuerungen rote Zahlen schreibt.

Krankenhaus Backnang wurde für Winnenden geopfert

„Der Kreistagsbeschluss für den Neubau vor acht Jahren war äußerst knapp“, erklärt Kaufmann. „Das Krankenhaus in Backnang wurde damals dem Neubau in Winnenden geopfert.“

Die Gefahr einer Kostenexplosion sieht der OB-Kandidat auch bei der geplanten Flugfeldklinik. Schon jetzt sind die Kosten gegenüber 2012 um mehr als 100 Millionen Euro nach oben korrigiert worden und werden jetzt mit rund 440 Millionen Euro benannt. Kritiker gehen davon aus, dass die Grenze von einer halben Milliarde Euro klar überschritten wird.

Für Martin Kaufmann bedeutet dies, dass der Landkreis sich stark verschulden muss, um die Kosten zu stemmen. Dies wiederum hätten dann mit einer erhöhten Kreisumlage die Kommunen auszubaden.

Grundsätzlich sieht der Kommunalpolitiker bei der Klinik-Thematik den Bund und das Land in der Pflicht: „Beide haben die Kreise und die Kommunen so auszustatten, dass eine flächendeckende medizinische Versorgung der Menschen möglich ist“, erklärt Kaufmann. „Niemand versteht, dass im Bund Unsummen für alles mögliche ausgegeben werden, die Krankenhäuser aber dauerhaft unterfinanziert sind.“

Leidtragende sind Patienten und Personal

Den Kurs des baden-württembergischen Gesundheitsministers Manfred Lucha (Grüne), ausschließlich auf Großkliniken zu setzen, hält Kaufmann für falsch. Leidtragende wären nicht nur die Patienten, gerade die älteren, sondern auch das Pflegepersonal und die Ärzte. „Wer wohnortnahe Krankenhäuser schließen will, der hat nicht verstanden, was die Menschen vor Ort wirklich brauchen“, erklärt der SPD-Politiker. Millionen, die in teure Neubauten gesteckt werden, würden bei der Personalausstattung wieder eingespart. „Nicht nur die Schwestern und Pfleger sind heillos überbelastet“, sagt Kaufmann. „Auch die Klinik-Ärzte machen 16-Stunden-Dienste oder sind in Bereitschaft.“ Das Ziel, Kliniken zu gewinnbringenden Einrichtungen mit möglichst kurzer Verweildauer zu machen, ist für ihn sehr fragwürdig. „Mit Gesundheit Geld verdienen zu wollen, halte ich für äußerst schwierig. Und mit einem millionenschweren Neubau bekommt man das sowieso nicht hin. Das wäre ja viel zu einfach.“

Zumal ein weiterer Ausbau des bestehenden Böblinger Krankenhauses, das erst vor wenigen Jahren aufwendig saniert worden war, deutlich kostengünstiger wäre und auch bezuschusst würde.

Verbindliche Zusage steht aus

Mit Blick auf das Leonberger Krankenhaus plädiert Martin Kaufmann für eine echte Grundversorgung und weitere medizinische Schwerpunkte unter Leitung von erfahrenen Chefärzten. Bisher habe es noch keine verbindliche Zusage des Sozialministers für den dauerhaften Erhalt des Krankenhauses Leonberg gegeben. „Stattdessen stülpt Lucha seine Groß-Krankenhaus-Konzeption den Landkreisen auf. Ich erwarte vom Minister, dass er klar und öffentlich erklärt, dass der Bestand des Krankenhauses Leonberg gesichert ist. Diese Aussage steht nach wie vor aus.“

Martin Kaufmann ist seit zehn Jahren Bürgermeister der 11 500 Einwohner großen Gemeinde Rudersberg in der Nähe von Schorndorf. Der 52-Jährige hatte als erster bereits im Mai seine Kandidatur erklärt. Mit ihm bewirbt sich der Erste Bürgermeister von Leonberg Ulrich Vonderheid um das höchste Amt der Stadt. Er wurde Ende 2008 vom Gemeinderat zum Finanzbürgermeister gewählt. Der 52-Jährige ist zwar CDU-Mitglied, wird aber von seiner Partei nicht unterstützt.

Offizieller Kandidat der CDU und der Freien Wähler ist Andreas Knörle (40). Der Dezernent für Verkehr, Wirtschaft und Infrastruktur beim Landkreis Calw ist erst vor einer Woche angetreten und wird von Grünen, FDP, SALZ und Neuer Liste unterstützt.