L 1 KR 244/16

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 15 KR 521/15
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KR 244/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Krankenversicherung
Vergütung für eine stationäre Krankenhausbehandlung
keine Erforderlichkeit
Wirtschaftlichkeit

Wurde ein Versicherter in einem Krankenhaus stationär behandelt, obwohl dies nicht im Sinne des § 39 Abs.
1 Satz 2 SGB V erforderlich war, weil eine ambulante Krankenbehandlung ausgereicht hätte, steht dem Krankenhausträger weder ein Vergütungsanspruch nach dem DRG-Fallpauschalensystem noch ein bereicherungsrechtlicher Anspruch zu; dies gilt auch dann, wenn die ambulante Behandlung für die Krankenkasse höhere Kosten als die stationäre Krankenhausbehandlung verursacht hätte.
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 1. September 2016 wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 4.907,92 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Vergütung einer im Krankenhaus der Klägerin im Jahr 2015 durchgeführten vollstationären Krankenhausbehandlung.

Bei der am 1957 geborenen und bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherten Z ... (nachfolgend: Versicherte) wurde im Januar 2013 ein Bron¬chialkarzinom rechts (Adenotypus, Stadium IV) mit Pleuritis carcinomatosa und malignem Pleuraerguss sowie Verdacht auf Nebennierenmetastasen diagnostiziert, das in dem gemäß § 108 Nr. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zugelassenen Krankenhaus der Klägerin behandelt wurde. Am 9. Januar 2013 wurde aufgrund des Pleuraergusses eine Talkumpleurodese durchgeführt. Ferner erhielt die Versicherte vom 14. Februar 2013 bis 19. April 2013 vier Zyklen einer palliativen (Erstlinien-) Induktionstherapie mittels Cisplatin und Pemetrexed (Handelsname: Alimta®), die komplikationslos und nebenwirkungsfrei verabreicht wurden. Im Zeitraum vom 16. Mai 2013 bis 18. Dezember 2014 erhielt die Versicherte 27 Zyklen einer (Zweitlinien-) Erhaltungstherapie, bei der einzig Pemetrexed zum Einsatz kam; auch dabei zeigten sich keine Komplikationen.

Am 14. Januar 2015 verordnete die Hausärztin der Versicherten Dipl.-Med. Y ... eine weitere Krankenhausbehandlung aufgrund der Tumorerkrankung. Die Versicherte wurde daraufhin im Zeitraum vom 14. Januar 2015 bis 15. Januar 2015 zwecks Durchführung des 28. Zyklus der Erhaltungstherapie vollstationär im Krankenhaus der Klägerin behandelt. Nach Aufnahme wurden eine ärztliche Anamnese und Untersuchung durchgeführt, ferner zwecks eines Re-Stagings eine Röntgenaufnahme (Thorax, rechtsseitig anliegend, zwei Ebenen) und eine Computertomografie (Oberbauch und Thorax), ein EKG, ein Lungenfunktionstest, eine Blutgasanalyse und eine Blutentnahme zur Laboruntersuchung. Im ärztlichen Untersuchungsbogen war vermerkt, dass die Versicherte in mäßigem Allgemeinzustand und mit "etwas mehr" Atemnot bei Belastung als sonst erschienen sei. Die Aufnahme sei aufgrund einer Erkältung mit leicht erhöhten Temperaturen zum geplanten Aufnahmetermin um sieben Tage verschoben worden. Die Versicherte habe angegeben, sich "jetzt wieder gut" zu fühlen. Bei ansonsten unauffälligen Befunden hätten sich "wenig" Unterschenkelödeme beidseits sowie ein "rechts dorsobasal etwas gedämpftes" Atemgeräusch gezeigt. Die Versicherte erhielt sodann 1.000 mg Pemetrexed in Form einer parenteralen Zubereitung (zehnminütige Infusion) sowie als Begleitmedikation u.a. Dexamethason (hier: Fortecortin®), außerdem am Folgetag eine Infusion mit 6 mg Pegfilgrastim (Handelsname: Neulasta®). Im Pendelbogen für den Hausarzt waren als Nebendiagnosen eine COPD (Stadium II), eine arterielle Hypertonie, ein Diabetes mellitus Typ II, eine Psoriasis, ein Verdacht auf chemotherapiebedingte Fingernägelveränderungen und eine afebrile Neutropänie (seit dem 20. Zyklus der Erhaltungstherapie) angegeben; die Chemotherapie sei wiederum komplikationslos und ohne Infektzeichen verabreicht worden. Das Re-Staging habe einen stabilen Zustand der Tumorerkrankung ("stable disease") ergeben.

Die Klägerin stellte der Beklagten für diese Behandlung 4.907,92 EUR in Rechnung, wobei sie ausgehend von der Hauptdiagnose C34.9 (nach ICD 10-GM, Version 2015: Bösartige Neubildung der Bronchien und der Lunge, nicht näher bezeichnet) die DRG-Fallpauschale E71C (Neubildungen der Atmungsorgane, ohne äußerst schwere CC oder ein Belegungstag, ohne Bronchoskopie, ohne bestimmte Lungenbiopsie) sowie die Zusatzentgelte ZE53.05 (Gabe von Pemetrexed, parenteral; 1.000 mg bis unter 1.100 mg; fester Betrag in Höhe von 3.368,49 EUR) und ZE 71.03 (Gabe von Pegfilgrastim, parenteral; 6 mg bis unter 12 mg; fester Betrag in Höhe von 652,78 EUR) zugrunde legte.

Die Beklagte bezahlte diese Rechnung unter Vorbehalt und veranlasste eine Fehlbelegungsprüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung im Freistaat Sachsen (MDK), was der Klägerin mit Schreiben vom 4. Februar 2015 anzeigt wurde.

Der MDK führte im Gutachten vom 12. März 2015 aus, dass im betreffenden Fall eine Fehlbelegung vorliege, da die "nebenwirkungsarme Chemotherapie" – auch in Verbindung mit einer Computertomografie-Kontrolle – ambulant möglich gewesen wäre.

Die Beklagte teilte der Klägerin daraufhin mit Schreiben vom 16. März 2015 unter Verweis auf das Gutachten des MDK mit, dass die Rechnung zu beanstanden sei, und verrechnete den gezahlten Betrag mit anderen unstreitigen Forderungen der Klägerin.

Am 31. Juli 2015 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Chemnitz (SG) erhoben und beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 4.907,92 EUR nebst Zinsen zu verurteilen. Die vollstationäre Behandlung sei aufgrund der durchgeführten Maßnahmen notwendig gewesen. Insbesondere sei bei der an Diabetes erkrankten Versicherten aufgrund der Gabe von Dexamethason als Begleitmedikation ex ante nicht die Erforderlichkeit einer Anpassung der Therapie unter Gabe von Insulin absehbar gewesen. Des Weiteren hat die Klägerin argumentiert, dass die Durchführung der Erhaltungstherapie als stationäre Behandlung günstiger als eine ambulante Behandlung und daher im Sinne des § 12 Abs. 1 SGB V wirtschaftlicher gewesen sei. Der Bezug der verabreichten Medikamente über öffentliche Apotheken hätte nach den einheitlichen Abgabepreisen Kosten in Höhe von insgesamt 6.806,74 EUR (zwei mal 500 mg Alimta® zu je 2.533,24 EUR zuzüglich 6 mg Neulasta® zu 1.740,26 EUR) verursacht. Demgegenüber habe die Klägerin einschließlich Zusatzentgelte nur 4.907,92 EUR abgerechnet. Die Beklagte müsse die verabreichten Arzneimittel wenigstens aufgrund einer ungerechtfertigten Bereicherung bezahlen. Es sei nicht der Zweck des Grundsatzes über den Vorrang der ambulanten Behandlung, einer Krankenkasse bei einer irrtümlichen stationären Aufnahme die Kosten für Arzneimittel zu ersparen, für die sie auch bei einer ambulanten Behandlung hätte aufkommen müssen.

Die Beklagte hat unter Verweis auf das Gutachten des MDK Klageabweisung beantragt. Eine stationäre Behandlung sei nicht im Sinne des § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V erforderlich gewesen. In diesem Zusammenhang sei die Erforderlichkeit gemäß der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) allein nach medizinischen Gründen zu beurteilen; die von der Klägerin angestellte Wirtschaftlichkeitsbetrachtung sei unerheblich.

Das SG hat den Facharzt für Inneres Prof. Dr. D ... mit der Erstellung eines medizinischen Sachverständigengutachtens beauftragt, das unter dem 23. Mai 2016 vorgelegt worden ist. Demnach hätten sich neben den Aufnahmebefunden laborchemisch eine milde Anämie sowie eine leichte Erhöhung der Blutplättchenzahl, des Blutzuckers und der alkalischen Phosphatasen gezeigt, nach der Röntgenuntersuchung ein leichtes Fortschreiten des fixierten Pleuraergusses und nach der Computertomografie eine Anzahl neuer Herde – wohl Metastasen – in beiden Lungen. Das EKG sei unauffällig gewesen. Die Lungenfunktionsprüfung habe eine mäßig schwere obstruktive Ventilationsstörung entsprechend der Hauptdiagnose ergeben. Das während des stationären Aufenthalts verabreichte Pemetrexed sei ein Zytostatikum, das die Standardbehandlung bei einem Bronchialkarzinom vom Adenotypus darstelle. Nebenwirkungen, die unmittelbar mit der Gabe auftreten könnten, seien Übelkeit und Erbrechen, in seltenen Fällen Allergien und kardiologische Symptome. Im Allgemeinen sei die Behandlung gut verträglich, in relativ kurzer Zeit durchführbar und daher eine "Domäne" der ambulanten Medizin. Kontraindiziert sei eine ambulante Behandlung etwa bei hohem Alter, einer Unverträglichkeit bei bisherigen Therapien oder zahlreichen Nebendiagnosen. Die Versicherte sei aber nach Alter und Aufnahmestatus noch "rüstig" genug für eine ambulante Therapie gewesen. Außerdem habe sie die Behandlung schon 27 Mal erhalten und gut vertragen. Die Versicherte habe zwar eine leichte Herzinsuffizienz aufgewiesen, die sich an den Unterschenkelödemen gezeigt habe, ferner Bluthochdruck und einen Diabetes. Hinsichtlich dieser Erkrankungen – insbesondere hinsichtlich des Blutzuckers – sei die Versicherte aber medikamentös gut eingestellt gewesen. Auch die radiologischen Untersuchungen hätten ambulant durchgeführt werden können. In diesem Behandlungsfall sei der Einsatz besonderer Mittel eines Krankenhauses daher nicht erforderlich gewesen. Aus medizinischer Sicht hätte eine ambulante ärztliche Behandlung der Versicherten ausgereicht.

Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 1. September 2016 abgewiesen. Entsprechend den Ausführungen des Gutachters sei eine stationäre Behandlung nicht erforderlich gewesen. Die Klägerin könne sich auch nicht darauf berufen, dass die stationäre Behandlung wirtschaftlicher gewesen sei. Der Gesetzgeber habe in § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V den Vorrang der ambulanten Behandlung klar zum Ausdruck gebracht; dass dieser im Einzelfall dem Effizienzgebot widersprechen könne, habe er dabei bewusst in Kauf genommen.

Die Klägerin hat gegen den ihr am 12. September 2016 zugestellten Gerichtsbescheid am 24. September 2016 Berufung eingelegt. Es bleibe dabei, dass die stationäre Behandlung im Sinne des § 12 Abs. 1 SGB V wirtschaftlicher und damit geboten gewesen sei. Denn das im "allgemeinen Teil" des SGB V enthaltene Wirtschaftlichkeitsgebot beanspruche auch "im Rahmen der Auswahlentscheidung nach § 39 SGB V unmittelbare Geltung". Im Hinblick auf den hilfsweise geltend gemachten bereicherungsrechtlichen Anspruch sei zu bedenken, dass die Einschätzung, ob die stationäre Behandlung notwendig sei, mit erheblichen Unsicherheiten behaftet sei. Es sei nicht angemessen, dem Krankenhaus das gesamte Kostenrisiko einer Fehleinschätzung aufzuerlegen und ihm einen bereicherungsrechtlichen Anspruch auch hinsichtlich der vom Versicherten benötigten Medikamente zu versagen.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 1. September 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin von 4.907,92 EUR nebst Zinsen in Höhe von vier Prozent hieraus jährlich seit 1. September 2015 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend.

Der Sachverständige Prof. Dr. D ... ist in der mündlichen Verhandlung nochmals befragt worden; insoweit wird auf die Niederschrift verwiesen. Ferner ist in der Verhandlung das den Beteiligten bekannte Gutachten von Dr. X ... vom 16. Februar 2017 zum 3. Zyklus der Erhaltungstherapie der Versicherten (Az. des SG: S 16 KR 2400/15; jetzt L 1 KR 443/17) auszugsweise verlesen worden.

Die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Patientenakte zum Behandlungsfall haben dem Senat vorgelegen. Diese sowie die in der Gerichtsakte befindlichen Schriftsätze nebst Anlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Hierauf und auf den übrigen Akteninhalt wird zur Ergänzung des Tatbestands Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.

1. Die Klage ist als Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, da es sich bei einer Klage, die auf Zahlung der Vergütung eines Krankenhausträgers gegen eine Krankenkasse gerichtet ist, um einen so genannten Parteienstreit im Gleichordnungs-verhältnis handelt, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt außer Betracht bleibt (BSG, Urteil vom 28. November 2013 – B 3 KR 33/12 R – juris Rn. 9).

2. Die Klage ist aber unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von 4.907,92 EUR nebst Zinsen, da der Beklagten ein Erstattungsanspruch in Höhe dieses Betrages zustand, mit dem sie wirksam aufrechnen konnte.

Rechtsgrundlage für die von der Beklagten erklärte Aufrechnung mit einem öffentlich-recht¬lichen Erstattungsanspruch zur Erfüllung von Vergütungsansprüchen eines Krankenhauses ist § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V i.V.m §§ 387 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Auch außerhalb der besonderen Regelungen der §§ 51, 52 Erstes Buch Sozialgesetzbuch über die Aufrechnung gegen Sozialleistungsansprüche besteht im Sozialrecht allgemein die Möglichkeit, einer öffentlich-rechtlichen Forderung im Wege der Aufrechnung – bei entsprechender Anwendung der §§ 387 ff. BGB – entgegenzutreten. Voraussetzung dieses einseitigen Rechtsgeschäfts, mit dem die wechselseitige Tilgung zweier Forderungen bewirkt wird, ist gemäß § 387 BGB, dass sich zum Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung gegenseitige, gleichartige und fällige bzw. erfüllbare Forderungen gegenüberstehen, wobei die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung uneingeschränkt wirksam und fällig sein muss, die Hauptforderung dagegen nur erfüllbar zu sein braucht (BSG, Urteil vom 28. November 2013 – B 3 KR 33/12 R – juris Rn. 13).

Diese Aufrechnungsvoraussetzungen waren hier erfüllt. Die Beklagte hatte an die Klägerin aufgrund der stationären Behandlung der Versicherten in der Zeit vom 14. Januar 2015 bis 15. Januar 2015 zunächst unter Vorbehalt 4.907,92 EUR gezahlt. Die Klägerin hatte jedoch aufgrund dieser Krankenhausbehandlung keinen Zahlungsanspruch gegen die Beklagte, sodass letzterer in Höhe des Zahlbetrags ein wirksamer und fälliger Erstattungsanspruch zustand. Es bestand weder ein Vergütungsanspruch der Klägerin (nachfolgend a) noch ein Anspruch aufgrund ungerechtfertigter Bereicherung (nachfolgend b).

a) Die Klägerin hatte gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Vergütung der betreffenden stationären Behandlung der Versicherten im Rahmen des Vergütungssystems nach DRG-Fallpauscha¬len, da sich die Krankenhausbehandlung als eine Fehlbelegung darstellt.

Rechtsgrundlage des von der Klägerin geltend gemachten Vergütungsanspruchs ist § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V in Verbindung mit § 17b Abs. 1 Krankenhausfinanzierungsgesetz, § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2, § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG), der hier maßgeblichen Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2015 mit dem zugehörigen Fallpauschalen-Katalog der G-DRG-Ver¬sion 2015 und der am 1. Januar 2006 in Kraft getretenen, zwischen der Krankenhausgesellschaft Sachsen e.V. sowie den Krankenkassen und Krankenkassenverbänden geschlossenen Vereinbarung zu den allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung gemäß § 112 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGB V.

Die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse für eine voll- oder teilstationäre Krankenhausbehandlung entsteht – unabhängig von einer Kostenzusage – unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung in einem – wie hier nach § 108 Nr. 2 SGB V – zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und im Sinne des § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V erforderlich und wirtschaftlich ist (z.B. BSG, Urteil vom 17. November 2015 – B 1 KR 41/14 R – juris Rn. 8; ebenso zur teilstationären Behandlung BSG, Urteil vom 19. April 2016 – B 1 KR 21/15 R – juris Rn. 20).

Vorliegend wendet die Beklagte zu Recht ein, dass die stationäre Krankenhausbehandlung nicht erforderlich war (nachfolgend [1]). Die Klägerin durfte die Behandlung auch nicht deshalb stationär durchführen, weil eine aus medizinischer Sicht ausreichende ambulante Behandlung – wie sie meint – "unwirtschaftlich" gewesen wäre (nachfolgend [2]).

(1) Die Erforderlichkeit einer vollstationären Behandlung in einem Krankenhaus setzt nach § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V voraus, dass die Aufnahme "nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann". Dies bringt die Konzeption des Gesetzgebers eines abgestuften Leistungssystems zum Ausdruck, in dem eine Rechtspflicht besteht, insbesondere die Leistungsbreite der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung vorrangig zu nutzen (vgl. Noftz in Hauck/ Noftz, SGB V, Stand 2/2016, § 39 Rn. 68). Auch für eine teilstationäre Behandlung gilt, dass diese erforderlich sein muss, weil das Behandlungsziel nicht durch vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann (BSG, Urteil vom 19. April 2016 – B 1 KR 21/15 R – juris Rn. 22).

Soweit § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V Behandlungsziele in den Blick nimmt, wird auf § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V Bezug genommen, d.h. es ist insbesondere danach zu fragen, ob eine ambulante Krankenbehandlung ausreicht, um die Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Erforderlich ist die Krankenhausbehandlung, wenn bezogen auf ein Behandlungsziel die besonderen Mittel eines Krankenhauses eingesetzt werden müssen. Als solche Mittel hat die Rechtsprechung insbesondere die apparative Mindestausstattung eines Krankenhauses, besonders geschultes Pflegepersonal und einen jederzeit präsenten bzw. rufbereiten Arzt herausgestellt. Vorausgesetzt wird weder der Einsatz all dieser Mittel, noch genügt die Erforderlichkeit lediglich eines der Mittel. Es ist vielmehr eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, bei der den mit Aussicht auf Erfolg angestrebten Behandlungszielen und den Möglichkeiten einer vorrangigen ambulanten Behandlung entscheidende Bedeutung zukommt (zusammenfassend z.B. BSG, Urteil vom 17. November 2015 – B 1 KR 18/15 R – juris Rn. 11).

Ob eine Krankenhausbehandlung die Voraussetzungen des § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V erfüllt, richtet sich allein nach medizinischen Erfordernissen (BSG, Beschluss des Großen Senats vom 25. September 2007 – GS 1/06 – juris Rn. 15 ff.). Eine Auslegung, nach der die Notwendigkeit einer stationären Behandlung nicht mit medizinischen, sondern anderen Gründen – z.B. dem Fehlen alternativer Versorgungs- und Unterbringungsmöglichkeiten – begründet wird, verbietet sich (BSG, Beschluss des Großen Senats vom 25. September 2007 – GS 1/06 – juris Rn. 22). Dabei ist die Frage, ob eine stationäre Behandlung erforderlich war, ausgehend von dem im Behandlungszeitpunkt verfügbaren Wissens- und Kenntnisstand des verantwortlichen Krankenhausarztes grundsätzlich uneingeschränkt gerichtlich überprüfbar (BSG, Beschluss des Großen Senats vom 25. September 2007 – GS 1/06 – juris Rn. 27 ff., siehe auch juris Rn. 29: keine Vertretbarkeitsprüfung, keine Einschätzungsprärogative, kein Beurteilungsspielraum).

Nach diesen Maßgaben hat das SG zu Recht die Notwendigkeit einer stationären Behandlung der Versicherten im Zeitraum vom 14. Januar 2015 bis 15. Januar 2015 aus der allein maßgeblichen medizinischen Sicht verneint.

Zunächst ist entsprechend den Ausführungen von Prof. Dr. D ... festzustellen, dass die Erhaltungstherapie mittels des Zytostatikums Pemetrexed bei einem Bronchialkarzinom vom Adenotypus normalerweise ambulant durchgeführt werden kann bzw. eine "Domäne" der ambulanten Medizin darstellt, da es sich um eine gut verträgliche Standardtherapie handelt. Bei der Gabe können zwar Übelkeit und Erbrechen, Schüttelfrost, Fieber, grippeartige Symptome und selten allergische Reaktionen auftreten. Um diesen Symptomen vorzubeugen, wird jedoch – wie im vorliegenden Fall – eine Begleitmedikation eingesetzt, mittels derer akut-toxische Nebenwirkungen weitgehend vermieden werden können. Mit gleichem Ergebnis hat Dr. X ... in seinem Gutachten ausgeführt, dass eine längere Überwachung eines Patienten und damit ein stationärer Aufenthalt nach der Gabe von Pemetrexed aufgrund möglicher Nebenwirkungen nicht gefordert wird und nach medizinischer Erfahrung normalerweise auch nicht erforderlich ist. Er hat ferner klargestellt, dass die in der Zulassungsstudie bzw. der Packungsbeilage aufgeführten potentiell lebensbedrohlichen Nebenwirkungen von Pemetrexed (z.B. Schlaganfall, Herzinfarkt) ebenfalls keine Überwachung mit den Mitteln eines Krankenhauses erfordern, wenn deren Auftreten im konkreten Behandlungsfall unwahrscheinlich erscheint; solche Nebenwirkungen können gleichermaßen bei einer Vielzahl anderer Medikamente auftreten, die zulässigerweise in der ambulanten Medizin eingesetzt werden. Entsprechendes gilt für entzündliche Vorgänge (Colitis, Ösophagitis usw.), die in Einzelfällen durch die Gabe von Pemetrexed ausgelöst werden können, sich aber – wie Prof. Dr. D ... ausgeführt hat – meist erst über Tage entwickeln. Der Senat folgt auch nicht dem von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgebrachten Argument, dass die Erhaltungstherapie mittels Pemetrexed bei Bronchialkarzinomen des Stadiums IV aufgrund von Empfehlungen der S3-Leitlinie (Prävention, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Lungenkarzinoms; Stand 1. Februar 2010, gültig bis 28. Februar 2015) generell nicht ambulant durchgeführt werden dürfe. Soweit es dort heißt, dass diesen Patienten der Zugang zu einem "stabilen und zuverlässigen [sowie] interdisziplinären Betreuungskontext ermöglicht" werden sollte (vgl. Zusammenfassung Nr. 7.5.8), ist dies zum einen mit dem Empfehlungsgrad D gekennzeichnet (bloße Meinung; Empfehlung nach Leitlinie offen) und damit – wie Prof. Dr. D ... zutreffend erläutert hat – keine für die Leistungserbringung im Bereich der Gesetzlichen Krankenversicherung verbindliche Vorgabe oder gar eine allgemein anerkannte medizinische Erkenntnis im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V gewesen. Zum anderen ist dem Einwand des Gutachters zuzustimmen, dass auch die im Freistaat Sachsen zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen und zur Durchführung ambulanter Chemotherapien berechtigten Ärzte, medizinischen Versorgungszentren und ggf. ermächtigten Ärzte eine kontinuierliche und fachbereichsübergreifende Betreuung hätten gewährleisten können bzw. hierzu gemäß der Onkologie-Vereinbarung Sachsen, der die Beklagte zum 1. Oktober 2009 beigetreten ist, auch verpflichtet gewesen wären (z.B. aufgrund der Pflicht zur ständigen Zusammenarbeit mit behandelnden Ärzten, Tumorärzten und Krankenhäusern sowie der Pflicht zur Mitwirkung in einer onkologischen Kooperationsgemeinschaft aus Ärzten verschiedener Fachbereiche gemäß §§ 3, 5 und 8 der Vereinbarung). Soweit die Klägerin auf die Notwendigkeit einer kontinuierlichen psychoonkologischen Betreuung von Patienten mit Bronchialkarzinomen hingewiesen hat, ist ebenfalls nicht ersichtlich, weshalb diese im Rahmen einer ambulanten Betreuung nicht hätte ermöglicht werden können – zumal ein stationärer Aufenthalt zur Verabreichung von Pemetrexed nur von kurzer Dauer ist.

Demzufolge ist der Einsatz besonderer Mittel eines Krankenhauses und damit eine stationäre Behandlung bei einer Erhaltungstherapie mittels Pemetrexed nur ausnahmsweise geboten, z.B. bei hohem Alter, psychiatrischen Erkrankungen oder geistiger Verwirrtheit, Organversagen, vielen oder besonders überwachungsbedürftigen Nebendiagnosen oder vergleichbaren Beeinträchtigungen. Der Senat folgt den überzeugenden Ausführungen der Gutachter, dass solche Gründe hier nicht vorlagen. Demnach war die Versicherte während des stationären Aufenthalts 57 Jahre alt, d.h. noch nicht in hohem Alter. Auch aus dem Aufnahmebefund ergab sich nicht, dass besondere Umstände für eine stationäre Behandlung sprachen. Das rechts dorsobasal abgeschwächte Atemgeräusch resultierte aus dem Pleuraerguss. Im Übrigen hatte die Versicherte angegeben, sich "wieder gut" zu fühlen, nachdem die Aufnahme aufgrund eines Infekts verschoben worden war. Sie stellte sich nicht in einem besonders beeinträchtigten Allgemeinzustand vor und ihre Untersuchungswerte (u.a. Laborwerte) erschienen nicht bedenklich, sodass sie – wie Prof. Dr. D ... festgestellt hat – nach der maßgeblichen Sicht des Krankenhausarztes ex ante gesundheitlich stabil genug für eine ambulante Behandlung erschien. Ebenso wenig musste im Einzelfall mit ernsthaften Komplikationen – insbesondere aufgrund von Nebendiagnosen – gerechnet werden. Dagegen sprach schon, dass die Versicherte Pemetrexed bereits 27 Mal im Rahmen der Erhaltungstherapie komplikationslos erhalten hatte. Soweit die Klägerin die Notwendigkeit einer besonderen Überwachung der Versicherten zuletzt mit einer Herzinsuffizienz begründet hat, ist darauf hinzuweisen, dass in den Behandlungsunterlagen eine Herzinsuffizienz unter den Nebendiagnosen (neben anderen, z.B. der Psoriasis) nicht aufgeführt war, obwohl diese – wenn das Argument zuträfe – schon aus Abrechnungsgründen hätte dokumentiert und der Beklagten mitgeteilt werden müssen (vgl. BSG, Urteil vom 21. April 2015 – B 1 KR 10/15 R – juris Rn. 11). Es ist auch kein ärztlicher Behandlungsplan aufgrund der Erwartung kardiologischer Komplikationen ersichtlich. Insoweit hat Dr. X ... eingewandt, dass in diesem Fall während der Infusion und kurze Zeit danach ein Monitorcontrolling hätte durchgeführt werden müssen, was während der hier streitgegenständlichen stationären Behandlung offenbar nicht stattgefunden hatte. Darüber hinaus hat der Gutachter Prof. Dr. D ... dargelegt, dass u.a. angesichts eines unbedenklichen EKG, eines medikamentös hinreichend eingestellten Blutdrucks und der mittels Diuretika behandelten "wenigen" Ödeme nicht ersichtlich war, weshalb mit ernsthaften kardiologischen Komplikationen hätte gerechnet werden müssen. Er hat ferner klargestellt, dass auch eine mehr oder weniger starke Atemnot bei Belastung, eine COPD des Stadiums II und die beim Lungenfunktionstest festgestellte obstruktive Ventilationsstörung keine Überwachung im Rahmen eines stationären Aufenthalts erforderten. Eine derartige Überwachung war nach übereinstimmenden Angaben der Gutachter Prof. Dr. D ... und Dr. X ... ebenso wenig aufgrund des medikamentös eingestellten Diabetes mellitus Typ II sowie der leicht erhöhten Blutzuckerwerte, die durch das im Vorfeld der Infusion bzw. im Rahmen der Begleitmedikation verabreichte Dexamethason ausgelöst worden waren, erforderlich; vor allem bedrohliche Entgleisungen des Blutzuckers waren nicht zu erwarten. Bei unauffälligen Nierenwerten der Versicherten musste auch nicht mit einem Nierenversagen gerechnet werden. Des Weiteren ergab sich die Notwendigkeit zum Einsatz besonderer Mittel eines Krankenhauses nicht aus der am zweiten Behandlungstag verabreichten Infusion von Pegfilgrastim; insoweit handelte es sich um eine Behandlung, die zur Abmilderung von Nebenwirkungen der Chemotherapie eingesetzt wurde und – so Prof. Dr. D ... – nicht ihrerseits besondere Nebenwirkungen erwarten ließ. Auch die Untersuchungen zum Re-Staging (Röntgen, Computertomografie usw.) hätten alternativ ambulant an weiteren Behandlungstagen durchgeführt werden können. In diesem Zusammenhang sind schließlich keine Gründe erkennbar, aufgrund derer im vorliegenden Fall die diagnostischen und therapeutischen Behandlungen bei einer Gesamtbetrachtung aus medizinischen Gründen nicht an mehreren Tagen hätten durchgeführt werden können.

(2) Soweit die Klägerin meint, ein Krankenhaus dürfe eine stationäre Behandlung auch dann durchführen, wenn diese zwar nicht im Sinne des § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V erforderlich ist, aber für die Krankenkasse im Einzelfall "wirtschaftlicher" als eine ambulante Behandlung wäre, weil die Krankenhausvergütung nach dem DRG-Fallpauschalensystem die Kosten einer ambulanten Behandlung – ggf. nur die Arzneimittelkosten – unterschreiten würde, werden in mehrfacher Hinsicht die rechtlichen Zusammenhänge verkannt.

Die Klägerin missversteht die von ihr in der mündlichen Verhandlung zitierte Rechtsprechung des 1. Senats des BSG, nach der eine stationäre Krankenhausbehandlung im Sinne des § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V erforderlich ist, wenn die medizinisch notwendige Versorgung aus Gründen der Rechtsordnung nur stationär erbracht werden darf (vgl. BSG, Urteil vom 17. November 2015 – B 1 KR 18/15 R – juris Rn. 13). Demnach kann etwa die Radio-Jod-Therapie nur stationär erbracht werden, da hierfür gemäß Nr. 6.7.2 der Richtlinie Strahlenschutz in der Medizin in der Fassung der Bekanntmachung vom 30. November 2011 (GMBl. S. 867) zur Verordnung über den Schutz vor Schäden durch ionisierende Strahlen besondere personelle und organisatorische Voraussetzungen gefordert werden, die nur unter stationären Bedingungen erfüllbar sind (Behandlung auf einer besonderen, auf die Notwendigkeiten des Strahlenschutzes ausgelegten Station zur Vermeidung von Gefahren durch die von Patienten und ihren Ausscheidungen ausgehende Strahlung). Ähnlich liegen Fälle, in denen die Krankenbehandlung aus Gründen des Infektionsschutzes nur unter Absonderung in Quarantäne erfolgen darf (vgl. § 30 Infektionsschutzgesetz). Mit der zitierten Rechtsprechung ist aber lediglich klargestellt worden, dass sich die Notwendigkeit einer stationären Behandlung "aus allein medizinischen Gründen" (vgl. nochmals BSG, Beschluss des Großen Senats vom 25. September 2007 – GS 1/06 – juris Rn. 15) auch deshalb ergeben kann, weil rechtliche Bestimmungen – insbesondere solche zur Gefahrenabwehr – dem Arzt die eigentliche Durchführung der aus medizinischer Sicht erforderlichen Krankenbehandlung ohne den Einsatz besonderer Mittel eines Krankenhauses verbieten. Die Wirtschaftlichkeit im Sinne des § 12 Abs. 1 SGB V zählt dagegen weiterhin nicht zu den "medizinischen Gründen". Daher liefe die Sichtweise der Klägerin auf eine Abweichung von den Festlegungen des Großen Senats zum Gehalt des § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V hinaus, die mit der zitierten Entscheidung des 1. Senats des BSG unangetastet bleiben sollten (siehe BSG, Urteil vom 17. November 2015 – B 1 KR 18/15 R – juris Rn. 12).

Die Klägerin geht ferner fehl in der Annahme, dass die Voraussetzung der Erforderlichkeit im Sinne des § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V als Konkretisierung des Wirtschaftlichkeitsgebots gemäß § 12 Abs. 1 SGB V im Einzelfall nicht vorliegen muss, wenn die stationäre Krankenhausbehandlung für die Krankenkasse "kostengünstiger" bzw. "wirtschaftlicher" als eine ambulante Behandlung wäre. Zwar kann § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V als eine Ausprägung des Wirtschaftlichkeitsgebots verstanden werden (Wahl in jurisPK, SGB V, 3. Aufl., § 39 Rn. 50). Insoweit findet sich auch in der Gesetzesbegründung die Erwägung, dass ambulante Behandlungen "preisgünstig" seien (BT-Drs. 11/2237, S. 177; vgl. ferner BSG, Beschluss vom 4. April 2006 – B 1 KR 32/04 R – juris Rn. 35: stationäre Behandlungen seien "typischerweise finanziell aufwändiger"). Die Erforderlichkeit gemäß § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V ist jedoch unabdingbare Voraussetzung einer stationären Krankenhausbehandlung im Rechtssinne und eines daraus resultierenden Vergütungsanspruchs. Systematisch ist die Vorschrift des § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V, deren Voraussetzungen – wie vorstehend erläutert – allein nach medizinischen Gesichtspunkten zu beurteilen sind, spezieller im Verhältnis zum Wirtschaftlichkeitsgebot gemäß § 12 Abs. 1 SGB V. Sie beinhaltet eine typisierende Regelung, die einen allgemeinen "Vorrang" der ambulanten Behandlung oder – umgekehrt – einen allgemeinen Nachrang stationärer Formen der Krankenhausbehandlung "verdeutlichen" will (so BT-Drs. 11/2237, S. 177). Dadurch soll nicht zuletzt eine Vereinfachung der Rechtslage eintreten, indem eine rechnerisch begründete Ableitung des Nachrangs stationärer Behandlungsformen von den Leistungserbringern nicht gefordert wird (Schmidt in Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Stand Oktober 2006, § 39 SGB V Rn. 189). Es kommt deshalb bei der Anwendung des § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V nicht darauf an, ob eine ambulante Krankenbehandlung im Einzelfall kostengünstiger als eine stationäre Krankenhausbehandlung wäre. Im System der Gesetzlichen Krankenversicherung sind die Voraussetzungen für eine stationäre Krankenhausbehandlung selbst dann nicht erfüllt, wenn das Behandlungsziel durch eine ambulante Behandlung erreicht werden kann, die zwangsläufig höhere Kosten auslöst als eine aus medizinischer Sicht ebenso geeignete stationäre Behandlung, deren Vergütung nach dem DRG-Fallpauschalensystem abzurechnen wäre (z.B. Wahl in jurisPK, SGB V, 3. Aufl., § 39 Rn. 50; jüngst Felix, SGb 2017, 181 [187]), oder wenn die ambulante Behandlung aus anderen Gründen dem Effizienzgebot widerspräche (vgl. Becker in Becker/Kingreen, SGB V, 5. Aufl., § 39 Rn. 1). Abgesehen davon läge es in der Konsequenz der von der Klägerin vertretenen Sichtweise, dass ein Vertragsarzt prüfen müsste, ob in einem ambulanten Behandlungsfall die vertragsärztliche Behandlung kostengünstiger als eine stationäre Krankenhausbehandlung wäre, und dabei sogar Gefahr liefe, bei unzutreffender Einschätzung der jeweils anfallenden Kosten im Rahmen von Wirtschaftlichkeitsprüfungen (§ 106 Abs. 2 SGB V) einer Honorarkürzung ausgesetzt zu sein. Ein Vertragsarzt kann diese Prüfung nicht – insbesondere nicht vor jeder Behandlung eines Versicherten – vornehmen. Die typisierende Regelung zum allgemeinen Nachrang der stationären Behandlung besteht auch aus diesem Grunde.

Des Weiteren übersieht die Klägerin, dass der Normzweck des § 39 SGB V in einer Abgrenzung der Krankenhausbehandlung im Rechtssinne von anderen gesetzlich vorgesehenen – ambulanten oder stationären – Behandlungsformen liegt (vgl. Noftz in Hauck/Noftz, SGB V, Stand 2/2016, § 39 Rn. 13). Diese Abgrenzung ist maßgeblich für zulassungsrechtliche und im Ergebnis auch für vergütungsrechtliche Bestimmungen im Krankenhausrecht. Die Krankenkassen dürfen einerseits Krankenhausbehandlungen im Sinne des § 39 SGB V nur durch gemäß § 108 SGB V zugelassene Krankenhäuser erbringen lassen (vgl. Bezugnahme in § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V; Wahl in jurisPK, SGB V, 3. Aufl., § 108 Rn. 4). Andererseits sind zugelassene Krankenhäuser – von Notfallbehandlungen abgesehen (§ 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V) – zur Krankenhausbehandlung im Sinne des § 39 SGB V im Rahmen ihres Versorgungsauftrags verpflichtet und berechtigt (vgl. § 109 Abs. 4 Satz 2 SGB V; BSG, Urteil vom 23. Juni 2015 – B 1 KR 20/14 R – juris Rn. 13). Unabhängig von den einzelnen Festlegungen im Versorgungsauftrag eines Krankenhauses – etwa zur Leistungsstruktur – und gesetzlichen Sonderregelungen zu ambulanten Behandlungen, die im Krankenhaus durchgeführt werden können, ist damit klargestellt, dass der Versorgungsauftrag lediglich Krankenhausbehandlungen gemäß § 39 SGB V umfasst. Zugleich stellt § 8 Abs. 1 Satz 3 KHEntgG klar, dass ein Krankenhaus Entgelte nach dem DRG-Fall¬pauschalensystem nur im Rahmen seines Versorgungsauftrags berechnen darf. Eine Vergütung nach dem DRG-Fallpauschalensystem erfordert daher zwingend das Vorliegen der Voraussetzungen einer Krankenhausbehandlung im Sinne des § 39 SGB V.

Schließlich hätte die Klägerin Schutzvorschriften zugunsten der öffentlichen Apotheken unterlaufen, wenn sie die Versicherte allein aufgrund von Kostenvorteilen bei der Arzneimittelversorgung durch eine Krankenhausapotheke stationär behandelt haben sollte. Grundsätzlich obliegt die Arzneimittelversorgung von Versicherten im Zusammenhang mit der ambulanten Krankenbehandlung den öffentlichen Apotheken, für deren Betrieb nach §§ 1 ff. Apothekengesetz (ApoG) eine besondere Erlaubnis erteilt werden muss und die nach § 78 Arzneimittelgesetz (AMG) i.V.m. der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) die Arzneimittelpreisbindung zu beachten haben. Dabei ist der einheitliche Abgabepreis des Herstellers (§ 78 Abs. 3 AMG) entgegen der Darstellung der Klägerin nicht gleichzusetzen mit den Kosten, die den Krankenkassen für das Arzneimittel entstehen; diese Kosten ergeben sich vielmehr unter Berücksichtigung gesetzlicher und ggf. vereinbarter Rabatte sowie Preismoratorien nach §§ 130 ff. SGB V, sodass z.B. 500 mg Alimta® den Krankenkassen derzeit höchstens 2.077,31 EUR kosten, obwohl der einheitliche Abgabepreis 2.533,24 EUR beträgt (vgl. tragende Gründe zum Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Änderung der Arzneimittel-Richtlinie vom 16. März 2017). Auch der Preis für die Zubereitung zy¬tosta¬tika¬haltiger Infusionslösungen in öffentlichen Apotheken ist gemäß § 5 Abs. 6 Nr. 1 AMPreisV festgelegt. Demgegenüber unterliegen Krankenhausapotheken, zu deren Betrieb gemäß § 14 Abs. 1 ApoG eine Erlaubnis erteilt werden kann, gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 1 AMPreisV einerseits nicht der Arzneimittelpreisbindung; andererseits dürfen sie Arzneimittel nur in den in § 14 Abs. 7 Satz 2 ff. ApoG aufgeführten Fällen abgeben, insbesondere für voll- und teilstationäre Behandlungen, vor- und nachstationäre Behandlungen gemäß § 115a SGB V und ambulante Operationen gemäß § 115b SGB V. Dadurch sind die öffentlichen Apotheken vor einem Wettbewerb mit den von der Arzneimittelpreisbindung befreiten Krankenhausapotheken geschützt. Zwar erlaubt § 14 Abs. 7 ApoG u.a. die Abgabe von Arzneimitteln an Versicherte in einigen weiteren gesetzlich geregelten Fällen der ambulanten Behandlung in einem Krankenhaus (vgl. im Einzelnen Wahl in jurisPK, SGB V, 3. Aufl., § 39 Rn. 39). Gemäß § 129a Abs. 1 Satz 3 SGB V erfordert die Abgabe von Arzneimitteln zulasten einer Krankenkasse in diesen Fällen jedoch eine Vereinbarung gemäß § 129a Abs. 1 Satz 1 SGB V über den Abgabepreis und eine ärztliche Verordnung (BSG, Urteil vom 27. November 2014 – B 3 KR 12/13 R – juris Rn. 16). Diese Voraussetzungen lagen hier nicht vor. Abgesehen davon versteht sich von selbst, dass ein Krankenhaus Versicherte, bei denen aus medizinischer Sicht eine ambulante Behandlung zur Erreichung der angestrebten Behandlungsziele ausreicht, nicht nur deshalb voll- oder teilstationär aufnehmen und behandeln darf, um das mit § 14 Abs. 7 ApoG verbundene Abgabeverbot und die Arzneimittelpreisbindung sowie ggf. Rabattverträge nach § 129 Abs. 5 Satz 3 SGB V in der bis 12. Mai 2017 geltenden Fassung bzw. nunmehr nach § 130a Abs. 8a SGB V in der ab 13. Mai 2017 geltenden Fassung zu umgehen (zur Umgehung von Rabattverträgen nach § 129 Abs. 5 Satz 3 SGB V a.F. und zur "prinzipiellen Exklusivität der Lieferbeziehungen" als essenzielle Voraussetzung solcher Rabattverträge vgl. BSG, Urteil vom 25. November 2015 – B 3 KR 16/15 R – juris Rn. 23).

b) Die Klägerin hat auch keinen Zahlungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung bzw. in entsprechender Anwendung der §§ 812 ff. BGB für die erbrachten Leistungen bzw. ggf. nur für die verabreichten Arzneimittel. Einem Leistungserbringer steht für Leistungen, die unter Verstoß gegen das Leistungserbringerrecht der Gesetzlichen Krankenversicherung bewirkt wurden, grundsätzlich kein Vergütungsanspruch auf bereicherungsrechtlicher Grundlage zu. Dies gilt unabhängig davon, ob die Leistungen im Übrigen ordnungsgemäß erbracht wurden und ob sie für den Versicherten geeignet und nützlich waren (BSG, Urteil vom 17. November 2015 – B 1 KR 12/15 R – juris Rn. 23). Insbesondere hat der für die Krankenhausvergütung nunmehr allein zuständige 1. Senat des BSG die von der Klägerin zitierte Rechtsprechung des früher zuständigen 3. Senats zu möglichen bereicherungsrechtlichen Ansprüchen bei einem bloßen Verstoß gegen "Vorschriften mit reiner Ordnungsfunktion" (vgl. BSG, Urteil vom 24. Januar 2008 – B 3 KR 17/07 R – juris Rn. 29; siehe schon BSG, Urteil vom 4. März 2004 – B 3 KR 4/03 R – juris Rn. 33) ausdrücklich aufgegeben (BSG, Urteil vom 17. November 2015 – B 1 KR 12/15 R – juris Rn. 23; siehe zu § 39 SGB V auch Noftz in Hauck/Noftz, SGB V, Stand 2/2016, § 39, Rn. 157 a.E.). Im Übrigen wären weder § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V noch die vorstehend erläuterten Schutzbestimmungen zugunsten der öffentlichen Apotheken bzw. § 14 Abs. 7 ApoG (vgl. dazu schon BSG, Urteil vom 28. Februar 2007 – B 3 KR 15/06 R – juris Rn. 18) als "Vorschriften mit reiner Ordnungsfunktion" anzusehen. Insoweit führen auch die Überlegungen der Klägerin zur angemessenen Risikoverteilung bei Fehleinschätzungen nicht weiter.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.

III.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) bestehen nicht.

IV.

Die Entscheidung über den Streitwert folgt aus § 47 Abs. 1 und 2, § 52 Abs. 1 und 3 Satz 1 Gerichtskostengesetz und entspricht derjenigen im erstinstanzlichen Verfahren.
Rechtskraft
Aus
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