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Patienten sind geschockt: Sucht-Klinik in Kassel schließt

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Blaukreuz-Zentrum
Blaukreuz-Zentrum: Die stationäre Einrichtung befindet sich an der Landgraf-Karl-Straße. © Archivfoto:  Ludwig

Kassel. Die stationäre Reha-Einrichtung des Blaukreuz-Zentrums für alkoholkranke Menschen in Kassel wird schließen, nachdem die Fusion mit der Fachklinik Fürstenwald gescheitert ist.

Für Peter Kurt Wagner und viele andere alkoholkranke Menschen in der Region Kassel war die Nachricht, dass die stationäre Einrichtung des Blaukreuz-Zentrums in der Landgraf-Karl-Straße schließen wird, ein Schock. „Wo bleiben wir dabei?“, formuliert er seine Angst, dass die Versorgung der Patienten gefährdet sein könnte.

Der 53-Jährige weiß, wovon er spricht. Es ist sein zweiter Versuch, von der Alkoholsucht loszukommen, die sein Leben zum zweiten Mal zerstört hat.

Als seine Frau unter dramatischen Umständen ums Leben kam, hatte der ambitionierte Koch mit dem Trinken angefangen, das ihn zuerst betäubte, dann aber in eine zweite schwere Lebenskrise stürzte. Im vergangenen Jahr hatte er nach einer Entgiftung in der Akutklinik in Bad Emstal zunächst mit einer teilstationären Reha versucht, vom Alkohol loszukommen. Doch er fühlte sich vom Leben überfordert, brach die Reha ab und wurde rückfällig. „Ich musste erst einmal mit mir selbst klarkommen“, schildert er seine Situation damals.

Noch einmal machte er den quälenden Entzug durch, der von Übelkeit, Erbrechen, Zittern. Schüttelforst und Schwäche begleitet war. Und damit er es diesmal schafft, entschied er sich ganz bewusst für die vollstationäre Reha-Behandlung, die er nach acht Wochen noch einmal verlängern möchte.

Alles in einer Hand

Denn Peter Kurt Wagner ist auf einem guten Weg. Dank der wohnortnahen Einrichtung kann er seine sozialen Kontakte aufrecht erhalten und sich langsam, Schritt für Schritt in sein Leben zurücktasten. „Wenn man in einer abgelegenen Klinik ist, dreht sich indes alles nur um die Alkoholsucht“, fürchtet er. Beim Kasseler Blaukreuz-Zentrum sei alles in einer Hand – vom ersten Gespräch bis zur Nachsorge und der Arbeit in Selbsthilfegruppen. „Die Nachhaltigkeit ist gegeben“, lobt er auch die engagierte Arbeit der Blaukreuz-Mitarbeiter. „Man fühlt sich gut aufgehoben.“ Und sollte man Hilfe brauchen oder wenn der Suchtdruck zu groß ist, „kann ich auch nachts sofort in die Klinik“.

Wagner appelliert deshalb an die Verantwortlichen und die Gesellschaft: „Es redet jeder von Integration, die braucht der alkoholkranke Mensch auch.“ Wer seine Petition unterstützen möchte, kann sich an peter_kurt-wagner@t-online.de wenden.

Das sagt Mediziner Rainer Holzbach

Die Zahl der alkoholkranken Menschen habe sich nicht geändert, sagt der kommissarische Direktor der Vitos-Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Bad Emstal, Dr. Rainer Holzbach, auf Anfrage. Die Betten in der Akutklinik für die Entgiftung und den qualifizierten Alkoholentzug seien sehr gut ausgelastet. Und man vermittele nach wie vor gleich viele Menschen in die beiden Reha-Kliniken in Fürstenwald und das Blaukreuz-Zentrum in Kassel. 

Holzbach fürchtet, dass es nach der Schließung der stationären Reha in Kassel zu längeren Wartezeiten für die Patienten kommen könne, die derzeit bei ein bis vier Wochen liege. Zudem sei es wichtig, alkoholkranken Menschen ein wohnortnahes Angebot zu machen. Denn sonst hebe sich die Schwelle, die Therapie in der Reha fortzusetzen. „Wenn der Schritt in die Reha-Behandlung blockiert wird, wäre das dramatisch.“ 

Diese sei aber sehr wichtig, damit die Patienten nicht wieder rückfällig werden. Ziel des sehr komplexen Behandlungsprogramms sei es, die Teilhabe am gesellschaftlichen und beruflichen Leben wieder zu ermöglichen. 

Hintergrund: Geplante Fusion gescheitert

Nachdem die geplante Fusion der medizinischen Rehabilitation des Blaukreuz-Zentrums mit der Fachklinik Fürstenwald gescheitert ist, soll die stationäre Reha in der Landgraf-Karl-Straße in Kassel geschlossen werden. Dazu habe sich der Träger, die Baunataler Diakonie Kassel, aufgrund anhaltender Belegungsprobleme und daraus resultierender betriebswirtschaftlicher Defizite entschlossen. Näheres stehe noch nicht fest.

Die stationäre Einrichtung des Blaukreuz-Zentrums in Kassel verfügt über 28 Behandlungsplätze. Darüber hinaus bietet die Tagesklinik des Blaukreuz-Zentrums 22 Behandlungsplätze. 

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