Kehl

Stimmen zur Entscheidung zum Ortenau-Klinikum Kehl

Klaus Körnich
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01. August 2017

Was bedeutet die Entscheidung im Kreistag für die nähere und weitere Zukunft des Kehler Krankenhauses? Dies hat die Kehler Zeitung Entscheidungsträger aus Kehl gefragt. ©Alexander Gehringer

Von Zufriedenheit über das Erreichte bis hin zu eher skeptischen Blicken in die Zukunft reichen die Reaktionen in Kehl nach der Entscheidung im Kreistag über die Zukunft der Ortenau-Kliniken. Eine Konzentration der Klinik-Standorte wird kommen, darüber besteht weitgehend Einigkeit. 

Der Kreistag hat das Modell »Landrat« beschlossen. Für Kehl bedeutet das unter anderem: Die Orthopädie kommt aus Gengenbach. Der Bereich Chirurgie umfasst dann ein orthopädisches und ein unfallchirurgisches Spektrum. Der allgemeinchirurgische Anteil wird aufgegeben. Der Standort wird organisatorisch dem Standort Offenburg zugeordnet (»Portalklinik«). Die Kehler Zeitung hat Stimmen zu dieser Entscheidung gesammelt.

Günther Petry, Ex-OB und Kreisrat der SPD: »Bund und Land (CDU, SPD, Grüne) machen kleine Krankenhäuser platt. Das Vergütungssystem (Fallpauschalen) benachteiligt kleine Häuser systematisch. Der Grund: Angeblich können nur große Häuser gute Medizin machen. Der Ortenaukreis hat dem Druck lange widerstanden. Das Personal wurde immer mehr belastet. Jetzt ist die Grenze erreicht. Das gesamte Ortenau-Klinikum macht Verlust (2016: ca. 9 Millionen Euro). Die Entwicklung wird sich fortsetzen und beschleunigen. Die Finanzierung des Defizits aus dem Kreishaushalt geht auf die Dauer nicht, da die Kreisumlage von den Ortenauer Kommunen finanziert wird. Wenn sie mehr an den Kreis zahlen, fehlt das Geld für eigene Aufgaben.
Wie das Ortenau-Klinikum in zehn Jahren aussehen wird, wissen wir nicht genau. Klar ist: Es wird weniger und große Kliniken geben. Jetzt hat die Zeit des Übergangs begonnen. Mit dem beschlossenen Modell sollen ca. 4 Millionen Euro eingespart werden. Für das defizitäre Krankenhaus Kehl bedeutet das: Stärkung der Wirtschaftlichkeit durch die Verlagerung der Gengenbacher Orthopädie, Beibehaltung der Inneren, Schließung der Allgemeinchirurgie – aber: Drei Stellen für Allgemeinchirurgen bleiben in Kehl, damit Notfälle auch weiterhin diagnostiziert und erstbehandelt werden können, bis die neue Krankenhauslandschaft steht. Bis dahin muss gelten: Schwarze Zahlen im Krankenhaus Kehl nützen keinem Patienten, der vor verschlossenen Türen des Krankenhauses Kehl steht und Hilfe sucht.«

Toni Vetrano, Kehler OB und CDU-Kreisrat: »Ich freue mich, dass neben der Unfallchirurgie eine weitere chirurgische Kompetenz mit bis zu drei Chirurgen in Kehl erhalten bleibt. Mit der Inneren Abteilung, der Orthopädie, der Unfallchirurgie und der weiteren chirurgischen Kompetenz ist der Klinikstandort Kehl für die nächsten Jahre gesichert.«

Wolfgang Maelger, Sprecher der Fraktion Grüne/Frauen/Jugend im Gemeinderat: »Es hätte schlimmer kommen können. Der Kompromiss trägt ein paar Jahre, bis sich der aufgewirbelte Staub legt.  Ein Sterben auf Raten. Künftig wird ein zentraler Standort kommen.«

Wolfram Britz, Vorsitzender des Fördervereins des Kehler Klinikums: »Mit der Portalklinik wird das Krankenhaus dem Ortenau-Klinikum Offenburg angeschlossen und verliert seine Selbstständigkeit in der Führung. Die Krankenhausleitung, die sich aus Ärztlichem Direktor, Pflege- Direktor und Verwaltungsdirektor zusammensetzt, wird es nicht mehr geben. Eine direkte Kehler Stimme, die die Interessen des kleinen Hauses vertritt, scheint es dann nicht mehr zu geben. Dies ist nicht im Sinne des Fördervereins. Eine Verlegung einzelner Abteilungen oder Schwerpunkte können ein Vorteil sein, jedoch nur, wenn die Leitungen des ›Mutterhauses‹ die kleinen Häuser unterstützen. Ein Haus ohne Allgemeinchirurgie verliert an Substanz, die sich in den anderen Häusern positiv niederschlagen wird. Der erste große  Schritt hin zum Großklinikum ist geschehen. Leider schlägt der Kreis den Weg ein, der schon lange von der Bundes- und Landespolitik gewünscht wird. Alternativ könnten sich die Bürger des Kreises entscheiden, durch eine leicht erhöhte Kreisumlage sich eine bessere Versorgung zu erkaufen. Bei solch wichtigen Entscheidungen sollte es dazu eine direkte Bürgerbeteiligung geben. 
Gesundheit ist  heute eine Ware. Erst wenn es als Aufgabe der Gesellschaft angesehen wird, kann sich dies verändern. Bis dahin werden noch einige Kliniken mit Trauerreden und Bedauern geschlossen werden, weil es ja nicht anders geht. Dieser Weg würde für Kehl als drittgrößte Kreisstadt Auswirkungen haben, die nicht absehbar sind.« 

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Claus-Dieter Seufert, Kreisrat Freie Wähler, früherer Ärztlicher Direktor des Kehler Krankenhauses: »Das vom Kreistag beschlossene Landratsmodell (zur Restrukturierung des Ortenau-Klinikums) ist  eine gute Voraussetzung für das Weiterbestehen des Kehler Krankenhauses im Verbund mit dem Ortenau-Klinikum Offenburg.Insbesondere die Implementierung der orthopädischen und unfallchirurgischen Klinik in Kehl sichert den Bestand des Hauses (als Kompensation für den bisherigen Standort Gengenbach müsste allerdings ein entsprechender Ersatz gefunden werden). Das Landratsmodell lässt Ergänzungen zu, insbesondere die Möglichkeit einer allgemeinen chirurgischen Basisversorgung, ohne die eine funktionierende innere Abteilung (wie vorgesehen) und orthopädisch-unfallchirurgische Klinik nicht möglich ist. Der Weiterbestand des Ortenau-Klinikums nach 2030 ist nach der jetzigen Entwicklung durchaus positiv zu beurteilen. Bevor endgültige Entscheidungen über drei,  vier oder fünf Klinikstandorte in der Ortenau gefällt werden, sollten zunächst die Ergebnisse der jetzigen Umstrukturierung abgewartet werden.«

Willy Kehret, Kreisrat der CDU: »Für die nächsten fünf bis zehn Jahre ist die Grundversorgung im Kehler Krankenhaus gesichert. Wir haben das Klinikum mit neuem Leben erfüllt, weil wir künftig eine gute Orthopädie haben und eine Chirurgie in abgespeckter Form. Künftig können dort kleinere chirurgische Behandlungen durchgeführt werden. Entscheidend war, dass Kehl in einem Top-Zustand ist. Das war ein ausschlaggebender Punkt. Langfristig geht es jedoch in Richtung drei oder vier Standorte. Da wird Kehl wohl nicht mehr dabei sein.«

Heinz Faulhaber, Kreisrat der SPD: »Im Vordergrund muss stehen, dass das Kehler Krankenhaus eine betriebsfähige Klinik bleibt, die die Bedürfnisse der Bürger bei der Notfall-Versorgung abdeckt. Aus dem Angebotskatalog hat Kehl die richtigen Bereiche bekommen. Diese Korrekturen stellen eine gute Ausgangslage dar. Die beschlossenen Maßnahmen müssen jetzt aber auch wirklich 1:1 umgesetzt werden. Kehl ist für uns ein Standort, der unbedingt gehalten werden muss – im Sinne einer Nahversorgung.« 

Werner Müll, SPD-Fraktionssprecher im Gemeinderat: »Was im Kreistagsbeschluss auf den ersten Blick recht positiv aussieht, nämlich dass die Orthopädie von Gengenbach nach Kehl kommt, hat für Kehl auch eine Kehrseite. Nicht nur, dass Kehl zu einer ›Portalklinik‹ entwickelt wird mit stationärer Basisversorgung, geringerer Bettenzahl und begrenzter Reichweite… Schon der Hinweis auf eine ›gewisse‹ notfallmäßige Versorgung lässt Raum für Interpretationen. Der Wegfall der HNO und der Gynäkologie mag noch zu argumentieren sein, das Ende der Allgemeinchirurgie ab Ende 2018 wiegt deutlich schwerer. Welche Spielräume es durch die Entscheidung, bis zu drei Chirurgen in Kehl zu belassen, gibt, lässt ebenfalls Interpretationsspielräume zu. Kein Zweifel, die Ortenau- Kliniken müssen schlagkräftiger, das heißt kostengünstiger werden, ihre Kompetenzen bündeln, nicht alles kann überall gemacht werden. Bei der Umsetzung des Kreistagsbeschlusses beschleicht mich jedoch das mulmige Gefühl, dass die getroffenen Entscheidungen in den nächsten Jahren zu weniger Krankenhausstandorten in der Ortenau führen werden, was durchaus im Sinne der Berater und der Geschäftsführung ist (Wohl der Patienten hin oder her). Was dann aus einer Portalklinik wie Kehl wird, kann man sich vorstellen. Die Abwärtsspirale setzt sich in Gang. Weniger Angebote, geringere Auslastung, steigendes Defizit. Der Kampf um den Standort Kehl ist nicht gewonnen, er hat gerade erst begonnen.«

Richard Schüler, CDU-Fraktionschef im Gemeinderat: »Mit Aufgabe der Geburtsabteilung 2012 erhofften wir Kehler uns eine bestandskräftige Entwicklung. Der in den letzten Jahren umgesetzte Sanierungsaufwand von 15 Millionen hat unser Haus in einen guten Zustand versetzt. Beste Voraussetzungen für eine gute Zukunft. Die aktuellen Vorschläge ›Portalklinik mit neuem Schwerpunkt Orthopädie‹ bedürfen noch der weiteren Konkretisierung. Eine Komplettaufgabe der Chirugie wäre nachteilig. Es wird mit Sicherheit einige Jahre dauern, bis sich der Orthopädiestandort Kehl kreisweit durchgesetzt hat. Das wissen wir. Und trotzdem, unsere Kreisräte haben in den letzten Monaten gute Arbeit geleistet. Dazu gehört aber auch, dass das Damoklesschwert ›Agenda 2030‹ schon im Raum steht.« 

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