Kommentar:Der Kreistag muss handeln

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Die Lokalpolitiker müssen helfen, die Pflege am Klinikum zu verbessern. Die Helios-Spitze in Berlin tut es sicherlich nicht freiwillig

Von Wolfgang Eitler

Erstmals in der Geschichte der kommunalen Gesundheitspolitik des Landkreises Dachau haben zwei Kreisräte sich offiziell auf die Seite der Belegschaft des Dachauer Klinikums gestellt und die Belastungen des Personals als unzumutbar kritisiert. Auch wenn die Gewerkschaft Verdi für die bundesweiten Protestaktionen jeweils nur einige wenige Vertreter der Kommunalpolitik anfragte, sollte der Kreistag sich dem Votum des Dachauer Oberbürgermeisters Florian Hartmann (SPD) und der Grünen-Sprecherin Marese Hoffmann ausdrücklich anschließen. Denn gerade das Helios-Klinikum braucht Arbeitsverträge, die sich an der Qualität der Pflege orientieren. Da helfen keine Sieben-Punkte-Programme für Service und Reinigung. Da braucht es Fachkräfte, die auf den Stationen Verantwortung übernehmen können und wollen.

Die Geschichte der deutschen Kliniken seit 1996, seit der Einführung der neuen Berechnungsmethode, die sich Fallpauschale nennt, ist eine des indirekten Stellenabbaus in der Pflege: Die Patientenzahlen sind bei ständig kürzerer Verweildauer nach oben geschnellt, die Zahl der Ärzte hat sich bundesweit um fast 50 Prozent erhöht, aber die Pflege liegt beim Personalstand von vor 20 Jahren. Gewinne der Unternehmen resultieren teilweise aus diesem Missstand.

Ihn gilt es zu beheben. Dazu sind entsprechende Tarifverträge von Verdi, die Arbeits-und Belastungszeiten verbindlich regeln, ein erster Schritt. Letztlich müsste die Politik zu einem Pflegeschlüssel zurückkehren. Diese Besinnung auf eine menschenwürdige Pflege fordert auch die Bayerische Krankenhausgesellschaft, somit die Arbeitgeberseite.

Insofern würde ein klares Votum des Kreistags für eine bessere Pflege an dem Klinikum, an dem der Landkreis noch mit 5,1 Prozent beteiligt ist, die Position von Landrat Stefan Löwl (CSU) als stellvertretendem Vorsitzenden des Aufsichtsrats von Helios in Dachau stärken. Formaljuristisch ist nichts dagegen zu sagen, dass er sich in tarifrechtliche Angelegenheiten nicht öffentlich und offiziell einmischen will. Faktisch aber muss er es, will er helfen, die Pflege am Klinikum zu verbessern. Die Helios-Spitze in Berlin tut es sicherlich nicht freiwillig.

Die Chance auf mehr Personal besteht. Viele ausgebildete Fachkräfte haben sich aus dem Beruf zurückgezogen, weil die Arbeitsbedingungen unzumutbar sind. Nur noch ein Bruchteil der Absolventen von Krankenpflegeschulen wollen übernommen werden. Der 23-jährige Philipp Westermaier sagt es deutlich: "Was ist das für eine Perspektive, sich für Helios kaputt zu arbeiten?"

© SZ vom 22.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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