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Um den Profit der Hirslanden-Klinik tobt ein Streit

Mehr Patienten, mehr Betten, mehr Personal: Die Zürcher Stammklinik der Hirslanden-Gruppe wächst. Foto: Raisa Durandi

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Die Gewinne seien explodiert, seit die Klinik Hirslanden auf der Zürcher Spitalliste stehe, konstatierte CVP-Politiker Lorenz Schmid kürzlich im Kantonsparlament. AL-Kantonsrat Kaspar Bütikofer sagte: «Das Hirslanden kassiert viel und steuert wenig zur Grundversorgung bei.» Selbst die FDP kritisierte die Privatklinik. Sie könne nicht den Fünfer und das Weggli haben, so Linda Camenisch. Am deutlichsten wurde Esther Straub (SP): «Das Steuergeld fliesst hier in private Gewinne.» Grüne, SP und AL möchten, dass die Klinik Hirslanden wieder von der Spitalliste gestrichen wird, in welche sie der Regierungsrat 2012 aufgenommen hatte – auf Antrag des freisinnigen Gesundheitsdirektors Thomas Heiniger; er wollte damit den Wettbewerb unter den Spitälern erhöhen.

Ein Listenplatz bedeutet, dass der Kanton dem Spital einen Leistungs­auftrag zur Behandlung von Grundversicherten erteilt und in der Folge 55 Prozent von deren Kosten trägt. So verlangt es das Krankenversicherungsgesetz. 45 Prozent zahlen die Krankenkassen. Die Beitragspflicht des Kantons gilt für alle Patientinnen und Patienten eines Listenspitals, auch für die zusatzversicherten, denn diese haben ja ebenfalls eine Grundversicherung.

Der Listenplatz der Klinik Hirslanden kommt den Kanton Zürich teuer zu stehen, denn die Privatklinik ist das viertgrösste Zürcher Spital. Im Jahr 2015 hat sie über 18'000 Patientinnen und Patienten stationär behandelt, was den Kanton 80 Millionen Franken kostete. Im Gegenzug wurden die privaten Krankenversicherer um denselben Betrag entlastet. Der Anteil der Grundversicherten in der Klinik Hirslanden betrug 24 Prozent.

Wartezeiten überprüft

Dass dieser Anteil nach fünf Jahren immer noch so tief ist, stört nicht nur Politiker von links bis rechts, sondern auch den Gesundheitsdirektor. Immer wieder wurde der Vorwurf laut, die Privatklinik wimmle Allgemeinpatienten ab, indem sie diese länger auf eine Operation warten lasse. Die Gesundheitsdirektion wollte es genau wissen und analysierte die Patientendaten der Klinik. Sie kam zum Schluss, dass «in der Durchschnittsbetrachtung aller Fälle» keine Benachteiligung von nur grundversicherten Patienten vorlag, wie Thomas Heiniger auf Anfrage schreibt. «Die durchschnittliche Wartezeit für Wahleingriffe liegt im vertretbaren Rahmen.»

Infografik: Hirslanden steigert Umsatz und Gewinn

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Hirslanden selber räumt ein, dass es einzelne Belegärzte gebe, die unterschiedliche Wartezeiten hätten. Einzelne würden auch nur Zusatzversicherte behandeln. Seit die Klinik auf der Spitalliste ist, nimmt sie aber nur noch Belegärzte unter Vertrag, die alle Versicherungsklassen behandeln. Hirslanden erklärt den geringen Grundversichertenanteil vor allem mit der 80-jährigen Tradition als Privatklinik. Die Zürcher Stammklinik der gleichnamigen Spitalgruppe hat noch immer den Ruf als ­Klinik der Reichen; viele Leute wissen nicht, dass jetzt alle dorthin können.

34 Millionen abschöpfen

Eine Verletzung der Aufnahmepflicht konnte Gesundheitsdirektor Heiniger der Klinik also nicht nachweisen. Doch er nahm ihren sehr hohen Zusatzversichertenanteil zum Anlass für eine neue Steuer, die den Staatshaushalt jährlich um 43 Millionen Franken entlasten soll. Die geplante Gewinnabschöpfung bei der Zusatzversicherung gilt grundsätzlich für alle Zürcher Spitäler, doch weil sie progressiv ausgestaltet ist, trifft sie im Wesentlichen nur zwei: die Klinik Hirslanden mit 34 Millionen und die Schulthess-Klinik mit 6 Millionen.

Die SP macht Dampf

Der Kantonsrat wird voraussichtlich im März über diese «Lex Hirslanden» abstimmen. Im Vorfeld wird heftig lobbyiert und Stimmung gemacht. Eine Schlüsselrolle hat dabei die SVP: Ist sie dafür, wie es zuerst aus ihren Kreisen hiess, kommt die Sondersteuer durch. Stimmt sie aber mit den bürgerlichen Parteien dagegen, ist die Steuer vom Tisch. Im Moment sieht es eher nach dieser Variante aus.

Die SP versucht, das Parlament mit Zahlen gegen die Hirslanden-Gruppe aufzubringen. Sie hat den Geschäfts­bericht der internationalen Spitalgruppe Mediclinic studiert, zu welcher Hirslanden Schweiz gehört. Mediclinic ist an der Londoner und der Johannesburger Börse kotiert und wird von südafrikanischen Aktionären dominiert. Die SP fand «brisante Zahlen», die Fraktionspräsident Markus Späth dem Kantonsrat in einer Fraktionserklärung präsentierte: Im Geschäftsjahr 2015/2016 hat die Hirslanden-Gruppe bei einem Umsatz von 1,66 Milliarden Franken einen operativen Gewinn von 325 Millionen gemacht. Und, was die SP empört: An die Aktionäre seien 166 Millionen Franken ausgeschüttet worden. Die Partei zieht daraus folgenden Schluss: Der Staatsbeitrag des Kantons Zürich «fliesst zugespitzt formuliert praktisch direkt in die Taschen der Hirslanden-Aktionäre». Das sei umso schlimmer, als Hirslanden 2015 und 2016 praktisch keine Steuern bezahlt habe, so die SP.

Hirslanden legt Zahlen offen

Ole Wiesinger, der oberste Chef der Hirslanden-Gruppe, ärgert sich über diese Aussagen. Denn sie seien falsch. «Die SP hat den Nettogewinn mit der Dividendenzahlung verwechselt.» Sie habe die englischen Begriffe falsch übersetzt. Wiesinger stellt klar: «Der Nettogewinn der Gruppe betrug 166 Millionen Franken, davon flossen 10 Millionen als Dividende an die Aktionäre.» Laut Mediclinic-Geschäftsbericht ist dies ein Siebtel der Gesamtausschüttung – relativ wenig angesichts der Tatsache, dass die Schweizer rund die Hälfte des Gesamtumsatzes von Mediclinic machen.

CEO Wiesinger betont, dass es die erste namhafte Dividendenzahlung von Hirslanden in den letzten fünf Jahren gewesen sei. Der Gewinn werde jeweils grösstenteils in der Schweiz reinvestiert. In ihre Zürcher Stammklinik investierte die Spitalgruppe jährlich Summen zwischen 19 und 47 Millionen Franken, landesweit waren es im vergangenen Jahr sogar 144 Millionen.

Auch punkto Steuern ziehe die SP die falschen Schlüsse, sagt Wiesinger: «Die Hirslanden-Gruppe zahlt in allen Kantonen Steuern, in denen sie Kliniken hat. Allein in Zürich waren es seit 2012 über 35 Millionen Franken.» In den vergangenen zwei Jahren seien die Beträge wegen eines Verlustvortrages zwar tief gewesen, «doch ab diesem Jahr zahlen wir wieder, vermutlich rund 10 Millionen». Im Unterschied übrigens zu fast allen ­anderen Zürcher Spitälern, die steuerbefreit sind.

30 Prozent Gewinnmarge

Um Vorurteilen über die Klinik Hirslanden entgegenzutreten, war CEO Wiesinger bereit, dem TA die Geschäftszahlen im Detail offenzulegen. Seit die Klinik auf der Spitalliste ist, haben sich die wichtigsten ökonomischen Eckwerte wie folgt entwickelt: Der Umsatz wuchs jährlich um gut 6 Prozent, der operative Gewinn um knapp 4 Prozent und der Nettogewinn um knapp 11 Prozent. Leicht rückläufig war die operative Gewinnmarge, sie liegt mit 30 Prozent aber noch immer weit über jener anderer Spitäler und auch 10 Prozent höher als in der gesamten Hirslanden-Gruppe. «Wir stehen zu unseren guten Ergebnissen», sagt Ole Wiesinger dazu. Diese seien letztlich auf hohe Qualitätsstandards und effiziente Prozesse innerhalb der Gruppe zurückzuführen.