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Hirslanden: «Wohin der Gewinn fliesst, ist irrelevant»

Willy Oggier, Gesundheitsökonom. Bild: Adrian Moser

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Linke Parteien kritisieren, dass die Klinik Hirslanden Kantonsbeiträge erhält und gleichzeitig grosse Gewinne macht, die dann teilweise an private Aktionäre fliessen. Finden Sie das auch störend?

Das neue Krankenversicherungsgesetz wollte mehr Wettbewerb zwischen öffentlichen und privaten Spitälern. Und es wollte, dass jene Spitäler, die gute Arbeit leisten, auch Gewinn machen dürfen. Insofern ist das nicht störend.

Aber ist es nicht fragwürdig, dass Gewinne aus dem Gesundheitswesen ins Ausland abfliessen wie bei Hirslanden?

Der Eigner soll frei entscheiden können, wohin die Gewinne fliessen. Ob ins Inland oder Ausland, ist aus Sicht des Gesetzgebers nicht relevant. Die Frage ist vielmehr, ob das Spital seinen Auftrag erfüllt und die grundversicherten Patienten korrekt behandelt. Dann hat es als Listenspital seine Berechtigung. Der grosse Gewinn von Hirslanden kommt ja nicht durch den Kantonsbeitrag zustande, sondern durch den hohen Anteil der Zusatzversicherten.

Wie erklären Sie, dass es in der Klinik Hirslanden fünf Jahre nach Aufnahme auf die Spitalliste noch immer weniger als 25 Prozent Allgemeinversicherte hat?

Die Klinik ist hochattraktiv für Halbprivat- und Privatpatienten, weil sie im Gegensatz zu anderen Privatkliniken stark ist im Bereich der hoch spezialisierten Medizin. Zum Beispiel in der Behandlung von Herzkranken oder Hirnverletzten. In solchen Bereichen gehen gerade auch Zusatzversicherte in Kliniken mit gutem Ruf. Die Patientinnen und Patienten im Raum Zürich haben somit eine Wahl – zwischen dem Universitätsspital und Hirslanden. Das ist gut. Zürichs Einzugsgebiet zählt über eine Million Menschen. Eine so grosse Region darf durchaus Wettbewerb haben.

«Auch öffentliche Spitäler überlegen, wie sie sich besser aufstellen können – und setzen damit andere unter Druck.»

Das fand auch der Freisinnige Gesundheitsdirektor Thomas Heiniger (FDP), als er die Klinik Hirslanden 2012 neu auf die Zürcher Spitalliste nahm. Welche Auswirkungen hatte dies auf das Gesundheitswesen im Kanton?

Der Wettbewerb ist intensiver geworden. Die einzelnen Spitäler müssen sich mehr anstrengen. Auch öffentliche Spitäler überlegen, wie sie sich besser aufstellen können – und setzen damit andere unter Druck. Ein Beispiel ist das Spital Bülach, das am Flughafen das Airport Medical Center führt. Ich beobachte, dass der Wettbewerb im Kanton Zürich zu innovativen und tendenziell besseren Versorgungsketten führt. Die Spitäler sind Treiber von neuen Modellen, sie verzahnen die stationäre mit der ambulanten Behandlung, bauen ihre Ambulatorien aus. Das halte ich für sinnvoll, denn die Einzelarztpraxis wird in zehn bis fünfzehn Jahren ein Auslaufmodell sein.

Der Wettbewerb führt allerdings auch zu einer Überversorgung.

Wahlmöglichkeiten gibt es nur, wenn ein gewisses Mass an Überkapazität da ist. Und das ist mit Mehrkosten verbunden. Das Gegenbeispiel wäre eine knallharte staatliche Planung. Dann läuft man aber in eine Monopolsituation hinein mit langen Wartefristen. Wie in Grossbritannien. Dort sind dafür die Gesundheitsausgaben pro Kopf niedriger. Letztlich ist dies ein politischer Entscheid. Ich meine, die Schweizer Bevölkerung ist bereit, für ein gutes System mit gewissen Wahlfreiheiten zu bezahlen.

«Im Oberwallis ist Wettbewerb kaum möglich, in Ballungsgebieten wie Zürich hingegen schon.»

Ist im Gesundheitswesen sinnvoller Wettbewerb überhaupt möglich?

Es kommt auf die Rahmenbedingungen an. Im Bergell oder im Oberwallis ist Wettbewerb kaum möglich, in Ballungsgebieten wie Zürich hingegen schon. Hier geht es auch um unterschiedliche Versorgungskonzepte.

Im Kantonsrat ist ein Vorstoss geplant, der für Listenspitäler einen Mindestanteil von 50 Prozent Allgemeinpatienten vorschreiben will. Was halten Sie davon?

Diese Frage kann man diskutieren. Das muss dann aber für alle gelten, und es braucht angemessene Übergangsfristen. Eine Gefahr dabei kann sein, dass es zu einer Mengenausweitung durch jene Kliniken kommt, die den Mindestanteil nicht erfüllen. Medizin hat oft einen Ermessensspielraum.

«So viel, wie Heiniger sparen sollte, kann man in der Gesundheitsdirektion gar nicht sparen.»

Was halten Sie von der geplanten Sondersteuer auf Gewinne aus der Zusatzversicherung, mit welcher der Regierungsrat 43 Millionen Franken für den Staatshaushalt generieren will?

Die Steuer ist ordnungspolitisch fragwürdig, finanzpolitisch aber nachvollziehbar. Anders kann Gesundheitsdirektor Heiniger die Sparvorgabe nicht erfüllen, die ihm der Finanzdirektor gesetzt hat. So viel, wie Heiniger sparen sollte, kann man in der Gesundheitsdirektion sinnvollerweise gar nicht sparen.

Warum wollte die Klinik Hirslanden überhaupt auf die Spitalliste? Was hat sie davon?

Kliniken in hoch spezialisierten Bereichen brauchen für eine gute Qualität gewisse Mindestfallzahlen. Diese erreicht man in der Schweiz in der Regel nicht, wenn man sich nur auf Halbprivat- und Privatversicherte konzentriert.

Der Gesundheitsökonom Willy Oggier ist seit 20 Jahren selbstständiger Berater. Zu seinen Kunden gehören öffentliche und private Unternehmen des Gesundheitswesens, aber auch Behörden wie die Zürcher Gesundheitsdirektion. An deren Spitalplanung 2012 war Oggier als Mitglied der Begleitgruppe beteiligt.