Kehl

Rhéna-Klinik nimmt auch deutsche Patienten auf

Klaus Körnich
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10. März 2017
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Die Rhéna-Klinik in Sichtweite der Rheinbrücken nimmt ihren Betrieb auf. ©Jürgen Lorey

Die Straßburger Rhéna-Klinik nimmt in diesen Tagen unweit der Europabrücke ihren Betrieb auf. Die Klinik ist offen für deutsche Patienten. Doch wer sich dort behandeln lässt, muss es sich auch leisten können. Denn die grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung ist nach wie vor ein »Stiefkind« der Politik.

Weil immer weniger Kinder in Kehl zur Welt gekommen sind, war das Ortenau-Klinikum Kehl gezwungen, die Geburtsstation zum 31. Dezember 2012 zu schließen. Damals wurde das Aus von heftigen Protesten begleitet. Seither fahren die meisten werdenden Mütter aus Kehl nach Achern oder Offenburg, um dort ihre Babys zu bekommen.

Bereits damals kam die Idee auf, dass die Kehlerinnen künftig von der großen Klinik auf der anderen Rheinseite profitieren könnten. In einer Studie zur Schaffung einer »Pilotregion für den Zugang zu grenzüberschreitenden medizinischen Leistungen« von 2013, aufgelegt vom Eurodistrikt und durchgeführt vom Zentrum für Europäischen Verbraucherschutz, wird von dieser Möglichkeit gesprochen: »Die Frauen könnten von der räumlichen Nähe zu Straßburg profitieren und ihr Kind – sofern sie dies wünschen – in Frankreich zur Welt bringen können«, heißt es dort.

150.000 Patienten im Jahr

Die neue Klinik rechnet mit 150 000 Patienten im Jahr und hat neben einem umfassenden Angebot besonders im ambulanten Bereich eine große Geburtsstation, die am Dienstag in Betrieb genommen wird. Dennoch ist ein solches Angebot für die werdende Mamas aus Kehl nur wenig attraktiv.  

Christian Tiriou, beim Zentrum für Europäischen Verbraucherschutz unter anderem für den Bereich Gesundheit in der Grenzregion zuständig, meint:  »Wir bedauern es sehr, dass es im Hinblick auf die Eröffnung der Rhéna-Klinik keine deutsch-französische Kooperation gibt. Insbesondere da die Klinik direkt an der Grenze liegt.« Will heißen: Grundsätzlich können sich Kehler in der neuen Straßburger Klinik nahe der Europabrücke behandeln lassen und sind dort auch willkommen. Wer sich jedoch blind darauf verlässt, dass die heimische Kasse auch für alle Kosten aufkommt, der irrt.

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Finanzielle Nachteile

Zunächst einmal bedarf es bei einer stationären Behandlung – und um eine solche handelt es sich bei der Geburt – einer Genehmigung durch die deusche Kasse (s. auch unten: Hintergrund). Die Kehler Zeitung hat bei den größten deutschen Kassen nachgehakt. Nahezu alle geben an, die Kosten – nach vorheriger Prüfung – übernehmen zu wollen.

Allerdings: »Die finanziellen Nachteile liegen für die deutschen Versicherten ganz klar auf der Hand«, erklärt Stefan Schäfer, Leiter des Bereichs Kundenservice der IKK classic in Offenburg. Grund: Bei einer stationären Behandlung wird nach den Bedingungen und Tarifen im Ausland abgerechnet: Französische Versicherte tragen jedoch in der Regel 20 Prozent der Krankenhauskosten selbst, dazu einen Pauschalbetrag von rund 18 Euro pro Krankenhaustag. Deutsche Krankenversicherte müssten  dies aus der eigenen Tasche zahlen. Da kommen schnell ein paar hundert Euro zusammen, ohne dass sich die Kassen oder die Klink bei unserer Anfrage auf einen genauen Betrag haben festlegen lassen.

Vorteil Deutschland

Aber auch wenn die deutsche Kasse nach dem Kostenerstattungsprinzip abrechnet – das heißt, der Patient tritt in Vorleistung und reicht die Rechnung dann bei seiner deutschen Kasse ein – muss er draufzahlen. Klarer Vorteil für Deutschland: Denn hier fallen bei einer stationärer Entbindung keine Eigenanteile an.

Gesundheitsexperte Tiriou rät deshalb, vor jeder geplanten Behandlung in Frankreich mit der Kasse abzuklären, wie hoch der Eigenanteil ist. Und die deutschen Kassen empfehlen eine vorherige Genehmigung der geplanten Behandlung. 
Fazit: Wer sich von der Sprach-barriere nicht abschrecken lässt, für den warten weitere Hürden bei einer möglichen Behandlung in Straßburg: viel Bürokratie und hohe Kosten.

Hintergrund

Medizinische Behandlung im EU-Ausland: Vier Fälle

1. Notfall: Wenn es sich um einen Notfall handelt, dann wird im Ausland auf jeden Fall geholfen, und die Krankenkasse zahlt: »Aber nicht unbedingt alles«, erklärt Christian Tiriou, beim Zentrum für Europäischen Verbraucherschutz in Kehl 
unter anderem für den Bereich Gesundheit in der Grenzregion zuständig. Denn die Rückerstattung erfolgt nach Angaben des Fachmanns nach den Bedingungen und Tarifen im Ausland.

2. Geplante ambulante Behandlung: Hier gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder der Patient zahlt dem Arzt das Honorar und reicht die Rechnung bei der Kasse ein. Wichtig: »Es wird in diesem Fall nach den Regeln im Inland erstattet, höchstens bis zur Höhe der Vergütung im Inland«, erläutert Tiriou. »Zudem gibt es einen Eigenanteil für die Patienten, wie Zuzahlungen und eine Verwaltungskostenpauschale von in der Regel zwischen 7 und 10 Prozent.«
Oder man benutzt das Formular S2. Dann ist eine direkte Abrechnung durch die Krankenkasse vor Ort möglich  – »nach den Bedingungen und Tarifen im Ausland«, so der Fachmann.

3. Geplante stationäre Behandlung: Diese muss immer von der Krankenkasse genehmigt werden. Auch hier kommt das Formular S 2 zum Einsatz. Gibt die Kasse ihr Okay, werden die Kosten übernommen, »und zwar nach den Bedingungen und Tarifen im Ausland«, erklärt Christian Tiriou. Allerdings zahle dann auch nicht die deutsche Kasse, sondern die im Ausland zuständige. Die lässt sich die Kosten wiederum von der deutschen Kasse ersetzen. »Wie groß ihr Eigenanteil ist, sollten Sie zuvor mit der Kasse klären«, empfiehlt Tiriou.

4. Grenzgänger sind fein raus, da sie Krankenversicherungskarten der beiden Länder besitzen. 

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