Oldenburg - Zu den Vorwürfen gegen den früheren Chefarzt des Klinikums Oldenburg, Hans-Rudolf Raab, sind weitere Details bekannt geworden. Nach NWZ-Informationen ermittelt die Staatsanwaltschaft Oldenburg wegen des Todes von bis zu vier Patienten durch mögliche Behandlungsfehler. Bisher war von „strafrechtlich relevanten“ Verdachtsfällen die Rede.

Die Staatsanwaltschaft wollte das auf NWZ-Anfrage nicht bestätigen. „Wir ermitteln wegen etwaiger Falschbehandlung von Patienten in alle Richtungen“, sagte Sprecher Torben Tölle. Die zurückhaltende Information der Öffentlichkeit über den Fall begründete er damit, dass Zeugen noch nicht befragt seien.

Gegen Raab wird zudem wegen falscher Abrechnungen ermittelt. Dabei geht es offenbar um nicht erbrachte Chefarzt-Leistungen bei Operationen. Die Polizei hatte am Freitag das Büro von Raab im Klinikum durchsucht.

Die Vorwürfe gegen den ehemaligen stellvertretenden ärztlichen Direktor stützt nach NWZ-Informationen ein Gutachten, dass vom Klinikum Anfang März in Auftrag gegeben worden sein soll. Zuvor soll ein Mitarbeiter im internen „Whistleblowing-System“ anonym auf Vorfälle in der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie hingewiesen haben, die Raab leitete.

In der Satzung des Klinikums ist vorgesehen, dass Chefärzte vom Verwaltungsrat bestellt werden und das Gremium auch Entlassungen zustimmen muss. Der Verwaltungsrat des Krankenhauses beschloss während einer Sondersitzung am 13. März die Trennung von Raab. Wie es hieß, soll der international bekannte Operateur daraufhin von sich aus um einen Auflösungsvertrag gebeten haben. Das Klinikum informierte die Staatsanwaltschaft.

Die Trennung von Raab wurde im Klinikum am 15. März um die Mittagszeit bekannt gegeben. Kurz nachdem Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) die European Medical School (EMS) in Oldenburg besucht hatte, zu deren Ideengebern Raab zählte.

Klinik-Vorstand Dirk Tenzer verwies am Dienstag noch einmal auf die Schweigevereinbarung und schwieg zum laufenden Verfahren. „Die Vorwürfe sind falsch und in jeder Hinsicht haltlos“, hatte Raabs Anwalt Robert Unger (Berlin) bereits gesagt. Er sprach von einer persönlichen Intrige gegen seinen Mandaten. Möglicherweise sollen weitere Gutachten die Unschuld des ehemaligen Chefarztes belegen.

Der Abschied von Raab und die Vorwürfe gegen den angesehenen Arzt sorgten am Dienstag in der Region für Gesprächsstoff. Viele Patienten würdigten die erfolgreiche Behandlung durch den Chirurgen. Kritiker des Abgangs verwiesen zudem auf einen lange schwelenden Streit zwischen Tenzer und Raab um die Ausrichtung des Klinikums und die Zukunft der EMS. „Für die Stadt, die Region und die Klinik ist das ein großer Verlust“, hieß es von vielen Seiten.