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Zukunftsbranche Gesundheitswirtschaft. Jeder achte Berufstätige ist in dieser Branche tätig.

© mauritius images / Westend61 / Florian Küttler

Gesundheitswirtschaft in Berlin und Brandenburg: Motor des Wirtschaftswachstums

Die Gesundheitsinfrastruktur der Region Berlin-Brandenburg ist einzigartig in Deutschland und zieht immer mehr ausländische Unternehmen an.

Wenn die Kollegen in Brisbane im Nordosten von Australien Feierabend machen, fängt der Tag für das Berliner Team von Liquid State erst an. Die Firma hat eine cloudbasierte Plattform entwickelt, mithilfe derer Kliniken mit Ärzten und Krankenhäuser mit Patienten kommunizieren und Informationen austauschen können. Seit vergangenem Jahr arbeitet die Hälfte der rund 30 Beschäftigten von Liquid State in der neuen Europazentrale an der Charlottenstraße in Mitte – rund 15 700 Kilometer von der Firmenzentrale im Bundesstaat Queensland entfernt. „Wir sind auch deswegen nach Berlin gegangen, weil es eine Schnittstelle für Internettechnologie und Gesundheitsthemen ist“, sagt Philip Andrews, Chef von Liquid State.

Viele Unternehmen steuern von Berlin aus ihr Europageschäft

Das australische Unternehmen ist nur ein Beispiel dafür, dass die Hauptstadtregion gerade im Bereich Gesundheitswirtschaft immer internationaler wird. „Viele Firmen lassen sich hier nieder, weil sie in den europäischen Markt eintreten wollen“, sagt Kai Uwe Bindseil, Manager des Clusters Gesundheitswirtschaft beim Hauptstadtvermarkter Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie. Liquid State hatte bereits vor der Eröffnung der Zweigstelle in der deutschen Hauptstadt Kunden in Europa. „Jetzt können wir sie auch ganz bequem erreichen“, sagt Liquid State Chef Andrews. Zudem biete die Stadt Berlin mit ihrer Gesundheitsinfrastruktur selbst ein großes Potenzial für neues Business.

Die Branche hat 360000 Beschäftigte

Das Geschäft mit Produkten und Dienstleistungen rund um die Gesundheit ist seit Jahren ein Wachstumstreiber in Berlin und Brandenburg. Derzeit umfasst die Branche nach Zahlen von Berlin Partner rund 21 000 Unternehmen vom Start-up bis zum Großkonzern mit insgesamt 360 000 Beschäftigten. Die meisten Unternehmen sind dabei auf dem Gebiet der Medizintechnik aktiv: Rund 300 vor allem mittelständische Betriebe entwickeln und produzieren in der Hauptstadt und im Umland unter anderem Hüftgelenke, Herzklappen, Arm- und Beinprothesen oder bringen Geräte für den Klinikbetrieb und für Operationen auf den Markt. Die Sparte gehört laut Experten zu den innovativsten Bereichen innerhalb der hiesigen Gesundheitswirtschaft: Kein anderer Zweig der Branche bringt so viele technische Neuerungen hervor wie dieser.

Die Charité und Vivantes sind nach der Deutschen Bahn größte Arbeitgeber in der Stadt

In der Hauptstadt arbeitet mittlerweile jeder achte in einem Unternehmen, das mit Gesundheit zu tun hat; allein im vergangenen Jahr erwirtschafteten die Firmen in der Hauptstadt und im angrenzenden Brandenburg zusammen einen Umsatz von rund 23 Milliarden Euro. Mit seinen mehr als 130 Kliniken und 35 000 Krankenhausbetten und neun Technologieparks mit Schwerpunkt Lebenswissenschaften verfügt die Hauptstadtregion über eine in diesem Maße in Deutschland einzigartige Gesundheitsinfrastruktur. Die Klinikkonzerne Charité und Vivantes sind mit ihren mehr als 17000 (Charité) und rund 15 400 (Vivantes) Mitarbeitern größte Arbeitgeber in Berlin nach der Deutschen Bahn.

Auch Großkonzerne wie Pfizer und Sanofi haben in Berlin eine Dependance

Während der Wirtschaftszweig in den vergangenen Jahren vor allem von hunderten kleinen und mittelständischen Unternehmen aus den Bereichen Medizintechnik und Biotechnologie geprägt wurde, lassen sich seit einigen Jahren auch immer mehr Pharmaunternehmen in der Region nieder. 2008 etwa hat der US-Arzneimittelhersteller Pfizer seine Deutschlandzentrale aus Karlsruhe (Baden-Württemberg) nach Berlin verlagert. An dem Standort am Potsdamer Platz sind derzeit rund 1200 Mitarbeiter beschäftigt. In fußläufiger Entfernung an der Potsdamer Straße arbeiten die Kollegen des französischen Konkurrenten Sanofi. In der Berliner Dependance hat das Unternehmen mehr als 400 Mitarbeiter und die Abteilungen Marketing und Vertrieb angesiedelt. Zudem forscht Sanofi in der Hauptstadt gemeinsam mit Wissenschaftlern der Charité. Produktionsstätten betreibt der Konzern am Berliner Standort dagegen nicht. Der japanische Pharmahersteller Takeda dagegen produziert vor den Toren Berlins für den Weltmarkt: Am Standort im Städtchen Oranienburg nördlich der Hauptstadt stellt das Unternehmen mehr als 100 Medikamente her.

Die Großen und die Kleinen kooperieren

Während für das Geschäft der Großen vor allem die Nähe zur Politik und zu den zahlreichen Verbänden in der Stadt relevant zu sein scheint, zieht die Hauptstadtregion kleine und mittelständische Firmen der Gesundheitswirtschaft aus ganz anderen Gründen an. Immer mehr Start-ups kommen in die Hauptstadt, um unter dem Dach und mit der finanziellen Unterstützung eines Accelerators ins Geschäft einzusteigen und sich von alteingesessenen Kennern der Szene beraten zu lassen. Der Leverkusener Dax-Konzern Bayer etwa stellt jungen Firmen im Rahmen seines „Colaborators“ am Berliner Standort an der Müllerstraße Labore, Büros und Infrastruktur zur Verfügung. Auch Pfizer kooperiert in Berlin mit Start-ups, verzichtet allerdings auf ein klassisches Acceleratorenprogramm: Mit dem „Berlin Healthcare Lab“ und der „Start-up-Sprechstunde“ bietet der Konzern Gründern seit Herbst 2014 verschiedene Formate, um sich mit Gesundheitsexperten aus dem Haus zu vernetzen, auszutauschen und gemeinsam Lösungen für konkrete Problemstellungen zu finden. Die Gesundheitsbranche in der Hauptstadtregion wird aller Voraussicht nach in den kommenden Jahren weiter wachsen – auch wegen des wachsenden Fachkräftemangels in dem Wirtschaftszweig im gesamten Bundesgebiet. In Berlin und Brandenburg gibt es jede Menge Personal.

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