Winterthur
Kantonsspital Winterthur kämpft gegen Privatisierungsängste

Das Kantonsspital Winterthur und die Integrierte Psychiatrie sollen eine Aktiengesellschaft werden. Von Gegnern geschürte Privatisierungsängste seien unbegründet, heisst es von Seiten des Pro-Komitees. Die AG sei die richtige Rechtsform, weil sie unter anderem schnelleres Bauen oder eine grosszügigere Personalpolitik ermögliche.

Thomas Schraner
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Am 21. Mai entscheidet die Stimmbevölkerung des Kantons über die Privatisierung des Kantonsspitals Winterthur (im Bild) und der Integrierten Psychiatrie Winterthur. Das Pro-Komitee findet, die neue Rechtsform ermögliche vieles. Keystone

Am 21. Mai entscheidet die Stimmbevölkerung des Kantons über die Privatisierung des Kantonsspitals Winterthur (im Bild) und der Integrierten Psychiatrie Winterthur. Das Pro-Komitee findet, die neue Rechtsform ermögliche vieles. Keystone

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Das Wort Privatisierung fiel kein einziges Mal, als das Pro-Komitee gestern seine Argumente zu den beiden kantonalen «Spitalvorlagen» präsentierte. Das Kantonsspital Winterthur (KSW) und die Integrierte Psychiatrie Winterthur-Zürcher Unterland (IPW) sollen in Aktiengesellschaften umgewandelt werden. Gross ist der Schritt für die IPW, denn sie ist heute noch immer eine Verwaltungsabteilung des Kantons. Das KSW hingegen ist bereits seit 15 Jahren verselbstständigt – eine öffentlich-rechtliche Anstalt des Kantons. Der Schritt zur AG ist hier kleiner, aber dennoch heiss umstritten.

Während die Gegner gerne mit dem Begriff Privatisierung operieren, betonte Apotheker und CVP-Kantonsrat Lorenz Schmid, Co-Präsident des Komitees, es gehe allein um die Rechtsform, nicht etwa um einen Aktienverkauf an Anonyme oder dergleichen. Die AG sei die richtige Rechtsform, weil sie vieles ermögliche, was heute nicht gehe: schnelleres Bauen zum Beispiel oder eine grosszügigere Personalpolitik.

Zuerst dagegen, dann dafür

Anfänglich habe er die Vorlage noch abgelehnt, sagte Schmid. Doch nach den Korrekturen des Kantonsrates sei sie nun gut. Die Kantonsrat erhöhte unter anderem die Sperrzeit für den Aktienverkauf von drei auf fünf Jahre. Zudem hat er das Recht, jeden einzelnen Verwaltungsrat abzusegnen oder abzulehnen. Sowohl das KSW als auch die IPW seien systemrelevant, müssten im Notfall also vom Staat gerettet werden, sagte Schmid. Aber so weit werde es nicht kommen. «Die Umwandlung wird auch nie zu einem Abbau von nicht rentablen Leistungen führen», versprach er. Der Kanton steuere mit der Vergabe von Leistungsaufträgen weiterhin das System. Es stimme zwar, dass die beiden Betriebe auch so gut laufen: «Aber man soll nicht erst etwas ändern, wenn man schon unter Wasser ist», so Schmid.

Abstimmungspropaganda: Kein Geld vom KSW und der IPW

Die beiden Co-Präsidenten des Komitees «Pro KSW und ipw» wissen nicht, wieviel Geld ihnen im Abstimmungskampf zur Verfügung steht. Jedenfalls äusserten sie sich gestern so auf die entsprechende Frage. Urs Wasserfallen von der PR-Agentur Communicators, zuständig für das Fundraising, wollte auf Anfrage keine konkreten Angaben machen. Das Geldsammeln sei in diesem Fall äusserst schwierig, sagte er. Denn die beiden betroffenen Institutionen KSW und IPW sowie auch der Kanton dürften kein Geld für Werbung sprechen. Beim KSW habe es teilweise logistische Unterstützung, aber eben kein Geld gegeben, räumte er ein. Die KSW-Medienstelle bestätigte, dass es kein Geld fliesst. Und die Gegenseite? Die für die Kampagne zuständige Person nennt auf Anfrage den Betrag von 200 000 Franken, die für Werbemassnahmen aufgewendet werden. (tsc)

EVP-Kantonsrat Markus Schaaf, zweiter Co-Präsident des Komitees und Geschäftsführer eines Heims, warf den Gegnern vor, Ängste zu schüren. Solche seien unbegründet. Denn die Aktienmehrheit der beiden Betriebe kann nach fünf Jahren nur dann verkauft werden, wenn das Kantonsparlament zustimmt. Bei einem Referendum käme zudem das Volk zum Zug.

Zu Wort kamen auch Hanspeter Conrad, Direktor der IPW, und Traudel Saurenmann, Chefärztin für Kinder- und Jugendmedizin am KSW. Sie vertrat Direktor Rolf Zehnder.

«Gleich lange Spiesse»

Beide Chefs befürworten die Umwandlung in eine AG. «Wir können nur fit bleiben, wenn wir gleich lange Spiesse wie andere haben», sagte Saurenmann. Sie beklagte unter anderen überlange Planungszeiten unter dem jetzigen Regime. Zudem enge das kantonale Personalrecht ein. Zwar könne man dem Personal fünf Wochen Ferien geben, aber der Kanton garantiere nur vier. Conrad sagte, heute seien Doppelspurigkeiten und ein Zickzackkurs Alltag; Innovation werde ausgebremst. Viele psychiatrische Kliniken seien in den letzten Jahren in AGs umgewandelt worden: «In der Psychiatrie ist das kein Experiment, sondern der Normalfall.»