Der landeseigene Krankenhausbetrieb investiert hohe Millionenbeträge, schreibt schwarze Zahlen und stellt weitere Mitarbeiter ein.

Der kommunale Krankenhauskonzern Vivantes hat im vergangenen Jahr 68 Millionen Euro in seine Gebäude und die Medizintechnik investiert. Davon kamen 52 Millionen Euro aus eigenen Mitteln und damit neun Millionen Euro mehr als im Vorjahr. Die Investitionszuschüsse der öffentlichen Hand fielen 2016 mit 16 Millionen Euro allerdings im Jahresvergleich um sieben Millionen Euro geringer aus. Das größte Projekt ist aktuell der Neubau von zwei Bettenhäusern am Klinikum im Friedrichshain. Sie sind mit 105 Millionen Euro veranschlagt und sollen 2019 eröffnet werden. Dann wird dort das Klinikum am Prenzlauer Berg integriert. 2016 flossen allein 24 Millionen Euro in dieses Vorhaben. Das teilten Vivantes-Chefin An­drea Grebe und Finanzgeschäftsführer Eibo Krahmer am Donnerstag mit.

Auch andere Standorte will der Gesundheitsversorger modernisieren. So wird am Klinikum Spandau ein neues Bettenhaus mit Komfortklinik errichtet, am Humboldt-Klinikum in Reinickendorf der Neubau einer Komfortklinik und einer Intensivstation. Das Auguste-Viktoria-Klinikum in Schöneberg wird ebenfalls erweitert, im Kreuzberger Klinikum Am Urban werden die OP-Bereiche saniert.

Sanierung des Klinikums Neukölln ist ein Kraftakt

Dickster Brocken der kommenden zehn Jahre ist für Vivantes aber die Sanierung des Klinikums Neukölln. Die Kosten werden derzeit auf knapp 600 Millionen Euro taxiert. Die Arbeiten laufen bereits, in diesem Jahr soll mit dem ersten zentralen Teilstück begonnen werden, dem Erweiterungstrakt am Kopf des Haupthauses. Der rund 160 Millionen Euro teure Neubau soll zum einen die dringend benötigte größere Rettungsstelle aufnehmen. Die jetzige Notaufnahme ist auf 25.000 Behandlungsfälle pro Jahr ausgelegt, tatsächlich werden dort inzwischen rund 100.000 Menschen pro Jahr versorgt.

Zum anderen soll der Neubau Platzkapazität schaffen, damit anschließend das Haupthaus Zug um Zug saniert werden kann. Für diesen zweiten Bauabschnitt sind allein mehr als 300 Millionen Euro veranschlagt. In den ersten Bauabschnitt fließen 43 Millionen Euro Eigenmittel von Vivantes, den Löwenanteil soll das Land Berlin schultern. Das Unternehmen hat den Antrag auf Fördermittel bereits gestellt und hofft nun auf den nächsten Doppelhaushalt. Von den politisch Verantwortlichen kämen positive Signale, sagte Andrea Grebe.

Jahresüberschuss von 13,2 Millionen Euro

Die Geschäftsführer stellten am Donnerstag auch die Bilanz des Krankenhauskonzerns für 2016 vor. Sie fiel erneut positiv aus und ermöglicht diese Investitionen. Demnach erwirtschaftete Vivantes im vergangenen Jahr einen Überschuss von 13,2 Millionen Euro bei einem um 2,7 Prozent gestiegenen Umsatz von 1,16 Milliarden Euro. Im Vorjahr lag das Ergebnis bei 25,4 Millionen Euro, darin enthalten war allerdings als Einmaleffekt eine Rückzahlung von 16,9 Millionen Euro durch die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder. Die Umsatzrendite stieg von 0,75 auf 1,1 Prozent. Seit 2004 erreicht das Unternehmen positive Jahresabschlüsse. Bei privaten Klinikbetreibern werden indes zweistellige Prozentwerte bei der Rendite erwartet.

Gestiegen ist bei Vivantes auch die Zahl der Patienten. Rund 244.000 Menschen wurden stationär behandelt (plus 3,4 Prozent), knapp 332.000 ambulant (plus 2,9 Prozent). Das erfordert auch mehr Personal. 558 Mitarbeiter wurden 2016 zusätzlich eingestellt. Mehr als 15.000 Menschen würden nun im Konzern arbeiten, erklärte Grebe, umgerechnet auf volle Stellen seien es mehr als 11.000. Größte Berufsgruppe sei die Pflege mit mehr als 6100 Beschäftigten. Vivantes ist auch der größte Ausbilder im Gesundheitswesen in der Region und verfügt über ein eigenes Ausbildungsinstitut. Knapp 1000 Auszubildende wurden 2016 verzeichnet, fast elf Prozent mehr als im Vorjahr. 46 Prozent haben einen Migrationshintergrund.

Kritik an Gehältern in den Tochtergesellschaften

Die Erwartungen von Rot-Rot-Grün an die Arbeitsbedingungen bei Vivantes sind hoch. „Die landeseigenen Kliniken müssen vorangehen, wenn der Pflegeberuf attraktiver gemacht werden soll. Bessere Arbeitsbedingungen, eine angemessene Bezahlung und familienfreundliche Arbeitszeiten für alle Berufsgruppen sind beispielhaft umzusetzen“, heißt es im Koalitionsvertrag. Dafür soll auch die Eigenkapitalquote erhöht werden. Die Geschäftsführung verweist darauf, dass bereits heute mehr als zwei Drittel des Umsatzes für Personalkosten aufgewendet werden.

Rund 2300 Mitarbeiter arbeiten in den hundertprozentigen Service-Tochtergesellschaften, etwa für Reinigung, Speisenversorgung und Physiotherapie. Gewerkschaften und Vertreter der Regierungskoalition kritisieren, dass dort Mitarbeiter weniger verdienen als im unmittelbaren öffentlichen Dienst. Grebe und Krahmer warnen aber davor, diese Strukturen zu verändern. „Der Weg zurück führt nicht in die Zukunft“, sagte Eibo Krahmer.

Modellprojekt zur Antibiotika-Resistenz

Der Gesundheitsversorger entwickelt sich auch strategisch und konzeptionell weiter. So wurde mit der DAK ein Modellprojekt gestartet, in dem Psychiatriepatienten nicht stationär, sondern zu Hause betreut werden. Im Department für Bewegungschirurgie am Humboldt-Klinikum ist für jeden Bereich – Knie, Hüfte, Wirbelsäule, Schulter – ein Experte zuständig. Im Pflegebereich werden neue Teamkonzepte eingeführt, damit die Beschäftigten mehr Zeit für die Patienten haben. Zudem erprobt Vivantes eine Strategie zur Resistenz gegen Antibiotika. Medikamente sollen passgenauer verabreicht werden. Bei der Digitalisierung treibt Vivantes das Patientenportal und die digitale Krankenakte voran. Gemeinsam mit der AOK und den Sana-Klinken soll ein Datenaustausch organisiert werden, an dem interaktiv auch die Versicherten mitwirken können.

Zum Vivantes-Konzern gehören neun Kliniken mit mehr als 5600 Betten, 15 Pflegeheime und Seniorenhäuser, eine Einrichtung für ambulante Reha mit 220 Plätzen, 13 medizinische Versorgungszentren und ein Hospiz.

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