Stenum/Delmenhorst - Das Verfahren hätte deutlich abgekürzt werden können, doch nun erwartet das Amtsgericht Delmenhorst ein großer Wirtschaftsprozess: Seit Donnerstag steht ein ehemaliger Geschäftsführer der Fachklinik für Orthopädie in Stenum vor Gericht. Der Vorwurf: Besonders schwerer Betrug in drei Fällen, besonders schwere Untreue in drei Fällen sowie Insolvenzverschleppung.

Um eine umfangreiche Beweisaufnahme zu vermeiden, bot das Schöffengericht dem Angeklagten einen Deal an: Bei einem Geständnis kommt der 49-Jährige mit einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten davon.

Der vierfache Vater lehnte das Angebot jedoch ab. Wesentliche Punkte der Anklage seien falsch. Der Bad Zwischenahner störte sich daran, dass er sich nicht zu den Punkten äußern durfte.

Die Taten liegen laut Staatsanwaltschaft in den Jahren 2010 und 2011. In drei Fällen soll der Angeklagte einem Pfändungsbeschluss nicht nachgekommen sein. 2009 war er vom Amtsgericht Köln wegen gewerbsmäßiger Untreue in 40 Fällen zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe verurteilt worden. Damals war der Angeklagte Geschäftsführer einer Kölner Klinik. Sein Gehalt sollte gepfändet werden, bis der Schaden ausgeglichen sei. Der Buchhaltung der Stenumer Klinik soll er jedoch etwas anderes gesagt haben, so dass die Klinik drei Gehälter in voller Höhe an den Angeklagten auszahlte. Es entstand ein Schaden in Höhe von rund 40 000 Euro.

Außerdem soll er ein Darlehen über 20 000 Euro, das er für die Klinik beantragt hatte, für eine selbstgegründete Firma verwendet haben. Darüber hinaus soll er der Orthopädieklinik rund 135 000 Euro für Beratertätigkeiten in Rechnung gestellt haben, die er gar nicht erbracht hat. Zudem soll er eine Schadenersatzsumme in Höhe von 250 000 Euro, die eine Versicherung der Stenumer Klinik zahlte, auf das Konto seines Anwaltes geleitet haben. Hinzu kommt der Vorwurf der Insolvenzverschleppung Ende 2011/Anfang 2012.

Der Klinik entstand ein Schaden von insgesamt 445 000 Euro, so das Gericht. Davon müssten die 250 000 Euro der Versicherung abgezogen werden, die der Anwalt zurücküberwiesen hat.

Eine Bewährungsstrafe sei undenkbar, so der Richter, zumal der Angeklagte in der Bewährungszeit weitere Male vor Gericht stand, zwei Mal wurde er verurteilt, einmal bereits wegen einer Insolvenzverschleppung. Die Verurteilungen verlängerten die Bewährungszeit, die aktuell andauert, auf siebeneinhalb Jahre. Zudem läuft in Oldenburg derzeit ein weiteres Verfahren gegen ihn. Er hat bei einer Firmengründung verschwiegen, dass er bereits wegen Insolvenzverschleppung verurteilt worden war.

„Hier liegt dringender Tatverdacht vor“, sagte der Richter und deutete an, dass noch mehr dahinterstecken könne, als bisher angeklagt. Der Deal sei „objektiv günstig“. Würden die weiteren Ermittlungen die Schuld des Angeklagten beweisen, erwarten ihn eine viel höhere Strafe sowie immense Verfahrenskosten. Auch müsse er damit rechnen, dass sein gesamtes Vermögen geprüft und eingezogen werde.

Fünf Verhandlungstermine im September und Oktober hat das Gericht nun angesetzt. Bis dahin wird ermittelt. 13 Zeugen und ein Sachverständiger sollen angehört werden.