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Mordserie von Niels Högel Klinikleitung in Oldenburg wirft Vorgängern Versäumnisse vor

Die aktuelle Klinikleitung in Oldenburg wirft ihren Vorgängern vor, sie habe im Fall um die Mordserie des Ex-Krankenpflegers Niels Högel nicht früh genug auf Verdachtsmomente reagiert.
28.08.2017, 22:03 Uhr
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Klinikleitung in Oldenburg wirft Vorgängern Versäumnisse vor
Von Justus Randt

Die am Montag von der Staatsanwaltschaft und der Soko Kardio vorgestellten Ermittlungsergebnisse bestätigten eine vom Klinikum Oldenburg selbst in Auftrag gegebene Untersuchung. Darin, teilt das Klinikum mit, habe ein externer Gutachter schon 2014 mögliche Sterbefälle während des Beschäftigungsverhältnisses von Niels Högel untersucht, die Expertise sei den Ermittlern zur Verfügung gestellt worden.

Sowohl das Delmenhorster Josef-Hospital als auch die Deutsche Stiftung Patientenschutz mit Sitz in Dortmund meldeten sich mit eigenen Stellungnahmen zu Wort. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) warnte vor verallgemeinernden Schlussfolgerungen, es gehe um einen Einzeltäter. Sozial- und Gesundheitsministerin Cornelia Rund (SPD) reagierte auf die neuesten Ermittlungsergebnisse mit der Forderung, der Patientenschutz in Niedersachsen müsse weiter gestärkt werden.

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Die aktuelle Klinikleitung in Oldenburg wirft ihren Vorgängern vor, sie habe nicht früh genug auf Verdachtsmomente reagiert. Warum die Verantwortlichen nicht schon 2001 die Ermittlungsbehörden eingeschaltet hätten, sei nicht nachvollziehbar. Das Verhalten werde aus heutiger Sicht für falsch gehalten, heißt es in einer Mitteilung aus Oldenburg.

Damals war bereits der Verdacht aufgekommen, etwas könne nicht mit rechten Dingen zugehen im Klinikum: Eine Statistik des Krankenhauses hatte gezeigt, dass während der Dienstschichten Högels die Sterberate und die Zahl der Wiederbelebungsversuche stiegen. Aus den Vorfällen müsse man lernen, heißt es, es gebe bereits zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen.

"Bestürzt über die deutlich höheren Opferzahlen"

Das Delmenhorster Josef-Hospital teilte mit, die Geschäftsleitung sei „bestürzt über die deutlich höheren Opferzahlen“. Man sei sensibilisiert und habe Vorkehrungen „für ein Höchstmaß an Patientensicherheit“ getroffen. Sozialministerin Cornelia Rundt nahm die Veröffentlichung der Ermittlungsergebnisse zum Anlass, auf „eine weitere Stärkung des Patientenschutzes“ zu drängen.

Für sechs Taten sei Högel bereits verurteilt worden. „Wir haben nach Bekanntwerden der Mordserie bereits Patientenfürsprecherinnen und -fürsprecher an Niedersachsens Kliniken sowie einen Landespatientenschutzbeauftragten eingeführt.“ Alle Patienten hätten „bei persönlichen Befürchtungen“ Ansprechpartner in den Krankenhäusern.

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Weiterhin, kündigt Rundt an, sollten anonyme Fehler-Meldesystem installiert werden, unnatürliche Todesursachen können mit der erweiterten Leichenschau eher aufgedeckt werden. In diesem Zusammenhang brachte die Ministerin auch die Stationsapotheker als Kontrollinstanz ins Spiel, deren Installation in einer Novelle des Krankenhausgesetzes bereits formuliert ist.

Die Krankenhäuser allerdings halten von der rot-grünen Gesetzesinitiative in diesem Punkt wenig. Vorgesehen ist, dass jede Klinik ab 300 Betten einen Stationsapotheker haben muss. Der Verbandsdirektor der Niedersächsischen Krankenhausgesellschaft, Helge Engelke, hatte moniert, die Finanzierung der Stellen mit knapp 14 Millionen Euro sei „ungeklärt“, Personal ohnehin nicht zu bekommen. Die Apothekerkammer Niedersachsen unterdessen lobt das Stationsapotheker-Modell als „konsequent und richtig“.

Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, spricht von der „wohl größten Mordserie in Nachkriegsdeutschland“ und prangert „ein großes Versagen“ sowohl der Kollegen und Arbeitgeber Högels als auch von Polizei und Justiz an. „Es waren vor allem Angehörige und Journalisten, die die Mauer des Schweigens durchbrochen haben.“

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