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„Fortsetzung des Filzes“

Niedersachsen: Opposition prüft möglichen Fehler bei Vergabe im Sozialministerium

In der Affäre um Fehler bei Auftragsvergaben der niedersächsischen Landesregierung geht die Opposition einem neuen Verdachtsfall im Sozialministerium nach. Dabei geht es um die Vorbereitung eines Masterplans zur sozialen Gesundheitswirtschaft in Niedersachsen, der Anfang 2016 veröffentlicht wurde.

In einer Mail vom Mai 2014, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, bittet eine Referatsleiterin des Sozialministeriums Mitarbeiter darum, den Auftrag für die Vorbereitung einer Tagung und die Ausarbeitung von Eckpunkten für den Masterplan an ein in Hannover ansässiges Institut zu vergeben. Dies sei in einer Sitzung beschlossen worden, an der auch Ministerin Cornelia Rundt (SPD) teilgenommen habe. „Bitte nehmen Sie Kontakt auf und bereiten Sie eine entsprechende Vereinbarung vor“, heißt es in dem Schreiben, über das zuvor das Politikjournal „Rundblick“ berichtet hatte.

Das Sozialministerium widersprach dem Vorwurf und betonte, die Mail basiere auf einem Missverständnis. In der von der Referatsleiterin erwähnten Besprechung mit Rundt sei es nicht um die Ausarbeitung von Eckpunkten für einen Masterplan zur Gesundheitswirtschaft gegangen, sondern um ein Gutachten für ein Umlageverfahren zur Finanzierung der Altenpflege.

Für die von der Referatsleiterin in der Mail erwähnten „Eckpunkte“ sei auch zu einem späteren Zeitpunkt kein Auftrag vergeben worden, heißt es in einer Stellungnahme. Vielmehr habe das Ministerium ein Jahr später eine „Potenzialanalyse“ zur sozialen Gesundheitswirtschaft in Auftrag gegeben. Für die Ausschreibung seien drei potenzielle Anbieter zu einem Angebot aufgefordert worden. Das Institut aus Hannover habe dabei dann den Zuschlag erhalten. „Die Ausschreibung und Angebotsvergabe erfolgten 2015 also zu einem Thema, das man im Mai 2014 noch gar nicht umschreiben konnte“, so die Erklärung des Sozialministeriums.

„Dies ist eine Fortsetzung des Genossenfilzes bei Ministerin Rundt“, sagte dazu der CDU-Obmann im Untersuchungsausschuss zur Vergabeaffäre, Uwe Schünemann. Ähnlich äußerte sich der FDP-Abgeordnete Christian Grascha. Er forderte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) auf, personelle Konsequenzen zu ziehen.

Weil hatte in der vergangenen Woche den Leiter der Berliner Landesvertretung, Michael Rüter, entlassen. Er soll eine Kölner Agentur bei der Vergabe eines Auftrags bevorzugt haben. Im Mai musste bereits die Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium, Daniela Behrens, wegen unsauberer Auftragsvergabe ihren Hut nehmen.

Um die Rolle des SPD-nahen Kommunikationsberaters Michael Kronacher in einem weiteren Verdachtsfall ging es am Montag in der Sitzung des Untersuchungsausschusses zur Vergabeaffäre. Die Opposition wirft der Landesregierung vor, Kronacher bei der Findung eines Werbeslogans für Niedersachsen bevorzugt zu haben.

Kronacher wiederholte bei seiner zweiten Zeugenaussage vor dem Ausschuss, er könne sich nicht erinnern, welcher Mitarbeiter der Pressestelle der Staatskanzlei ihn 2016 beauftragte, ein sogenanntes Pitch-Verfahren unter mehreren Agenturen zur Findung eines Slogans – der später „Niedersachsen. Klar“ hieß – zu organisieren.

Er habe sowohl mit Regierungssprecherin Anke Pörksen (SPD) als auch mit dem stellvertretenden Sprecher Michael Jürdens sowie mit dem Mitarbeiter Michael Täger gesprochen. „Das war sehr unterschiedlich und bei mir kein Gegenstand schriftlicher Aufzeichnungen“, sagte Kronacher.

Nach Aussage eines Zeugen vor dem Untersuchungsausschuss zur Vergabeaffäre hat Kronacher bereits 2013 massiv in die Kampagne für ein neues Landesmarketing eingegriffen. Ein Workshop im August 2013 sei von Kronacher „gekapert“ worden, sagte Stefan Franzke, früherer Geschäftsführer des landeseigenen Unternehmens Innovatives Niedersachsen. „Sie selbst hatten ein 20-seitiges Konzept erstellt, aber wir hatten nicht viel Zeit, über unser Konzept zu sprechen“, so Franzke über Kronachers Rolle bei dem Workshop, der vom Wirtschaftsministerium organisiert worden war.

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