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Fachkräftemangel„Der Markt ist leer gefegt“ – Kliniken suchen Pflegepersonal

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Die jüngste Studie der Deutschen Krankenhausgesellschaft bestätigt, dass der Mangel an hochspezialisiertem Pflegepersonal besonders hoch ist.

Köln – Intensivstation Krankenhaus: Dort, wo der Mensch hilflos ist, ums Überleben kämpft, künstlich beatmet und lückenlos betreut werden muss, wird das hoch spezialisierte Pflegepersonal knapp. Qualifizierte Kräfte sind knapp, der Gesetzgeber macht Druck auf die Krankenhausbetreiber, genügend Personal sicherzustellen und Patienten können nur hoffen, dass sie unter den Folgen der Knappheit nicht leiden müssen.

Mangel in NRW besonders hoch

Genau davor warnt die Deutsche Krankenhausgesellschaft. Laut der jüngsten Studie haben 53 Prozent der befragten Kliniken bundesweit große Probleme, für nicht besetzte Pflegestellen auf Intensivstationen geeignete Bewerber zu finden. Von 3150 offenen Vollzeitstellen ist die Rede.

NRW als bevölkerungsreichstes Bundesland mit rund 350 Krankenhäusern liegt mit 5,3 unbesetzten Pflegerstellen pro Intensivstation über dem Bundesdurchschnitt von 4,7. Die Uniklinik und die Krankenhäuser der Stadt Köln bestätigen, dass immer mehr Patienten kommen.

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Mehr Patienten, die kürzer bleiben

Michael Groß, Teamleiter des Pflegepersonals auf der Intensivstation 1C der Uniklinik Köln und seine Kollegin Susann Böttger sagen: „Nicht nur die Zahl der Patienten, die wir betreuen, ist deutlich gestiegen. Es kommen immer mehr Kranke, die immer kürzer bleiben. Aber der Schweregrad der Erkrankungen hat zugenommen.“ Vorrangig alte Menschen sind betroffen: Sie werden nicht nur mit einer einzigen akuten Erkrankung eingeliefert, sondern sie sind mehrfach erkrankt und vorbelastet.

Der demografische Wandel füllt somit die Klinik-Betten mit zunehmend älteren Patienten. Und sorgt auf der anderen Seite dafür, dass der Nachwuchs für Pflege und Intensivpflege fehlt, weil die Zahl der jungen Menschen rückläufig ist.

Hinzu kommt, dass die, die bereits im Pflegeberuf arbeiten, vermehrt ausfallen. Vor allem in Köln wird das auf den Stationen spürbar – der Baby-Boom sorgt dafür, dass viele Frauen in Mutterschaft gehen, berichtet Sigrid Krebs, Pressesprecherin der Kliniken der Stadt Köln, zu denen Merheim, Holweide und das Kinderkrankenhaus mit acht Intensivstationen gehören.

Demografischer Wandel als Ursache

„Den Trend, dass für mehr Patienten weniger Pfleger vorhanden sind, werden wir in den nächsten zehn Jahren noch schmerzhafter spüren“, so Professor Uwe Janssens, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensiv- und Notfallmedizin. Damit spricht er an, was auch Vera Lux, Pflegedirektorin an der Uniklinik Köln, längst verinnerlicht hat: „Eine ganz normale Operation kann für alte Menschen schnell lebensbedrohlich werden. Personell müssen wir uns auf komplexere Situationen einstellen.“

Die Uniklinik Köln kann noch nicht klagen. Auf ihren neun Intensivstationen sowie einem Überwachungsbereich herrscht mit zu 96,2 Prozent besetzten Stellen quasi Vollbesetzung. Ein Pool von 20 Intensivpflegern steht bereit, die als Springer eingesetzt werden, wenn Kollegen ausfallen.

Ländliche Regionen leiden vermehrt

Das – und ein breitgefächertes Angebot an Vergünstigungen großer Kliniken können die Häuser in kleineren Städten und auf dem Land nicht bieten. Wenn sie sich zudem nicht spezialisiert haben, haben sie es noch schwerer. Vera Lux: „Je spezialisierter ein Krankenhaus ist, desto besseres Personal bekommt man.“

Der Klageruf, dass bei Intensiv-und Notfallpflegern aufgrund der großen Belastung die Ausfälle besonders hoch sind, mag Pflegedirektorin Lux nicht bestätigen. „Es gibt Phasen mit enorm viel Arbeit, aber auch wieder ruhige Abschnitte. Pflege und Betreuung auf einer Intensivstation sind stressiger als auf Normalstationen, das stimmt, aber die Tätigkeit ist auch befriedigender.“

Das stimme zwar, kommentiert Professor Janssen, aber es entspanne die Lage nicht: „Das, was wir fordern, ist nicht vorhanden – qualifizierte Pfleger. Der Markt ist leer gefegt.“

Streit über Mindestbesetzung in Kliniken

Personaluntergrenzen in der Pflege, vor allem der Intensivpflege, sollen ab 1. Januar 2019 verbindlich sein. So lautet der Beschluss von Bundesgesundheitsminister Herrmann Gröhe (CDU), den Koalitionsfraktionen und Bundesländern. Kliniken, die sich nicht daran halten, sollen weniger Geld bekommen.

Dagegen läuft die Deutsche Krankenhausgesellschaft Sturm. Deren Hauptgeschäftsführer Georg Baum: „Die Einführung von Personaluntergrenzen ist problematisch, vor allem, wenn sie über alle Bereiche der Pflege gefordert werden.“

Professor Uwe Janssens von der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensiv- und Notfallmedizin weiß, dass der Pflegestand in zahlreichen Kliniken in Niedersachsen und Hamburg vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen kontrolliert wurde. Wo es an Personal mangelte, seien Pauschalen gestrichen worden. Die Rede ist von Summen in Millionenhöhe. (mas)

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