Delmenhorst. Ein Defizit von zehn Millionen Euro droht dem Josef-Hospital Delmenhorst (JHD) bis Ende des Jahres, wenn sich bis dahin nichts tut. Das machte JHD-Geschäftsführer Ralf Delker am Montagnachmittag bei einer Pressekonferenz deutlich, nachdem er zuvor die Mitarbeiter des Krankenhauses über die Situation informiert hatte. „Die drei Millionen Euro sind nur der kurzfristige Liquiditätsbedarf“, erklärte Delker die Zahl, die bislang im Umlauf war. Bis zum Jahresende könnten sich diese auf zehn Millionen Euro anhäufen. „Wir müssen jetzt etwas tun“, appellierte Delker an die Beteiligten. Wie berichtet, will Delker nun ein Schutzschirmverfahren für das kränkelnde Krankenhaus auf den Weg bringen. Bereits am kommenden Freitag soll ein entsprechender Antrag beim Amtsgericht eingereicht werden.
Das Problem: Es kommen zu wenig Patienten in das Krankenhaus, in den vergangenen vier Jahren ist die Leistung um gut 20 Prozent eingebrochen. „Wir haben jedes Jahr einen Rückgang bei den Leistungen zu verzeichnen“, berichtete Markus Bunzel von der mit der Geschäftsbesorgung betreuten Firma Economedic. Gleichzeitig sei die Mannschaft etwa gleich geblieben. „Es werden Stellen abgebaut werden müssen“, betonte Delker, der Wert darauf legt, diesbezüglich klare Aussagen zu machen.
Wie viele der derzeit rund 1000 Mitarbeiter, die sich auf 690 Vollzeitstellen aufteilen, davon betroffen sein werden, konnte Delker zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen. „Wir müssen jetzt erstmal überhaupt in das Schutzschirmverfahren gehen“, sagte der Geschäftsführer. Das Verfahren selbst beinhalte dann verschiedene Meilensteine, derzeit gibt es vier verschiedene Konzepte als mögliche Ansätze. Wie diese konkret aussehen, wollte Delker noch nicht verraten.
Klar ist aber, dass die Zahlen, mit denen das Krankenhaus für 2017 nach den Berechnungen der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Pricewaterhouse-Coopers (PWC) kalkuliert hatte, nicht aufgegangen sind. „Die Prämissen sind nicht in den Größenordnungen eingetreten wie erwartet“, sagte Bunzel. „Die Patienten aus der Region finden nicht den Weg in ihr eigenes Krankenhaus, sondern gehen nach Oldenburg oder Bremen.“ Dazu kamen unkalkulierbare Faktoren wie der Brand am Standort Mitte, durch denen die Ambulanz ebenfalls nach Deichhorst umziehen musste und dort entsprechende Kapazitäten verloren gingen.
„Durch den Fall- und damit Einnahmerückgang fehlt dem Krankenhaus schlichtweg Geld“, verdeutlichte Delker. Dass die Patienten weg bleiben, sieht er in mehreren Faktoren begründet. Zum einen die Rufschädigung durch das nach wie vor präsente Thema der Krankenpflegermorde durch Niels Högel, zum anderen die Fusion. „Durch die Fusion ist dem Josef-Stift in der Stadtmitte der Markenkern als kirchliches Haus verloren gegangen, genauso wie dem Klinikum als städtisches Krankenhaus“, sagte Delker. „Das ist dramatisch, weil man nicht damit gerechnet hätte, dass sich so viele Patienten umorientieren.“
Keine Auswirkung auf Fördersumme
Dabei sei das Krankenhaus aus medizinischer Sicht gut aufgestellt. „Dass es dem Krankenhaus wirtschaftlich nicht gut geht, weiß man ja schon länger“, sagt Delker, der aber nicht weiter auf Fehler in der Vergangenheit blicken, sondern seinen Blick nach vorne richten will. „Ich bin als Sanierungsgeschäftsführer damit beauftragt worden, das Krankenhaus zukunftsfähig zu machen.“ Und eine Lösungsmöglichkeit sieht er eben in dem Schutzschirmverfahren.
Dieses wurde 2012 eingeführt, um „weg vom stigmatisierten Insolvenz-Verfahren“ zu kommen, wie Mark Boddenberg, Fachanwalt für Insolvenzrecht, betonte. „Das ganze Verfahren ist eine Chance und rein auf die Sanierung ausgerichtet“, erklärte Boddenberg. Betroffen von dem Schutzschirmverfahren ist auch nicht die operativ tätige Josef-Hospital Delmenhorst Krankenhausgesellschaft sondern die beiden Gesellschaften JHD Deichhorst und JHD Mitte. Deswegen gebe es auch keinerlei Auswirkungen auf die für den Neubau genehmigten Fördermittel vom Land. Auch für den Zukunftssicherungstarifvertrag hat das Verfahren laut Sebastian Witt, Fachanwalt für Arbeitsrecht, keine unmittelbaren Folgen. „Wir werden versuchen, da eine partnerschaftliche Lösung zu erarbeiten“, sagte er.
Sollte die Entscheidung für das Schutzschirmverfahren positiv ausfallen, soll innerhalb von drei Monaten ein Sanierungskonzept erarbeitet und eingereicht werden. Während dieser drei Monate werden die Gehaltszahlungen über die Arbeitsagentur gesichert. Danach folgt eine gut drei- bis sechsmonatige Sanierungsphase. „Wenn die Mitarbeiter dann sehen, dass etwas passiert und auch Verbesserungen sichtbar werden, sind wir über den Berg“, sagt Delker. Bis dahin sei es aber noch ein mühsamer und anstrengender Weg.