Kuriose Forschung:Billionen-Preisgeld für unwürdige Forschung

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Welchen Einfluss haben Salzwasserkrokodile auf das Verhalten beim Glücksspiel? Das untersuchten Matthew Rockloff und Nancy Greer. (Foto: AP)
  • Ein Satire-Wissenschaftsmagazin hat zehn kuriose Forschungsarbeiten ausgezeichnet.
  • Die Arbeiten sollen Menschen zunächst zum Lachen bringen - und dann zum Nachdenken anregen.
  • In der Kategorie "Frieden" hat eine Studie zur Reduzierung von Schnarchgeräuschen durch Didgeridoo-Spielen gewonnen.

Von Jonathan Ponstingl

In der US-amerikanischen Denker-Hochburg Harvard sind die sogenannten "Ig-Nobelpreise" verliehen worden. Während der nicht ganz ernst gemeinten Zeremonie zeichneten die Stifter Wissenschaftler aus, die sich mit Fragen wie beispielsweise dem Aggregatzustand von Katzen oder dem Heileffekt des Didgeridoo-Spielens beschäftigen. Es sind gewissermaßen Forschungsarbeiten jenseits des wissenschaftlichen Mainstreams.

Mit der Stiftung des schwedischen Erfinders Alfred Nobel haben die "Ig-Nobelpreise" wenig gemein. Der Name des Preises ist eine Anspielung auf das englische Wort ignoble, zu Deutsch: "unwürdig". Die vom Satire-Wissenschaftsmagazin Annals of Improbable Research (Annalen der unwahrscheinlichen Forschung) ausgezeichneten Arbeiten sollen das Auditorium zunächst zum Lachen bringen - und schließlich zum Nachdenken anregen.

Einen vernünftigen Preis bekamen die Wissenschaftler selbstverständlich auch: Zehn Billionen Dollar in bar. Überreicht in einem einzigen Schein. Möglich macht das der nicht mehr gültige Zimbabwe-Dollar. Das Preisgeld entspricht etwa 40 US-Cent.

Wer Angst vor Krokodilen hat, ist vorsichtiger am Spielautomaten

Einen der Scheine nahm das Team um den Schweizer Epidemiologen Milo Puhan in Empfang. Lautes Schnarchen kann den Hausfrieden gehörig durcheinanderwirbeln. Ob Puhan selber schnarcht, ist nicht überliefert. Allerdings hat er eine Publikation der Frage gewidmet, wie sich das Spielen des australischen Instrumentes Didgeridoo auf den eigenen Schlaf auswirkt. Die Forscher erhielten nun den Friedenspreis für die Erkenntnis, dass regelmäßiges Didgeridoo-Spielen eine alternative Behandlungsmethode für das Schlafapnoe-Syndrom und insbesondere für Schnarchgeräusche sein soll. Wie gesagt: Nicht ganz ernst gemeint.

Den Wirtschaftspreis haben die US-Amerikanerin Nancy Greer und der Australier Matthew Rockloff gewonnen. Die Wissenschaftler wollten wissen, wie sich Krokodile auf die Bereitschaft zum Glücksspiel auswirken. Sie untersuchten das Spielverhalten von 103 Touristen auf einer Krokodilfarm im australischen Queensland bevor und nachdem sie ein Salzwasserkrokodil auf dem Arm trugen. Wer sich vor Krokodilen fürchtet, spielt nach einem Kontakt mit den Tieren der Studie zufolge deutlich vorsichtiger.

Der Preis für Medizin klingt zunächst wie ein Anwärter auf den "echten" Nobelpreis im Oktober. Eine französisch-britische Koproduktion beschäftige sich mit einer fortgeschrittenen Technologie zum Scannen des menschlichen Gehirns. Allerdings nur, um festzustellen, in welchem Ausmaß sich Menschen vor Käse ekeln.

Die Problemstellung, ob eine Katze nun flüssig, fest oder beides zugleich ist, mutet auf den ersten Blick makaber an. Die Preisträger der Kategorie Physik versichern jedoch, dass sie bei dieser Arbeit keine Tiere in Trinkgläser verfrachtet haben. Im Schlusswort ihrer Studie fordern sie weitere Forschung auf diesem Gebiet. Offenbar ist das Fließverhalten von Katzen noch nicht endgültig geklärt.

Den Preis für flüssige Dynamiken haben Forscher gewonnen, die eine Frage untersuchten, die sich Angestellte in Großraumbüros schon seit Generationen stellen: Was passiert eigentlich, wenn eine Person rückwärts läuft und dabei eine Tasse Kaffee in der Hand hält? Der Südkoreaner Jiwon Han ging dem wirklich grundlegenden Problem nach, wonach man Kaffee in einer Tasse wesentlich schneller verschüttet als Wein im Glas.

Menschendiät für Fledermäuse

In der Kategorie Ernährung wurde eine Arbeit über menschliches Blut auf dem Speiseplan des Kammzahnvampirs ausgezeichnet. Die Fledermausart ernährt sich ausschließlich vom Blut anderer Tiere. Die Frage der Forschung: Welche Folgen hätte eine Menschenblut-Diät?

Kurios sind die prämierten Publikationen allemal. Eine Laudatio hielt unter anderem der Gewinner des "echten" Wirtschaftsnobelpreises 2016 Oliver Hart (wobei der Wirtschaftsnobelpreis streng genommen kein "echter" Nobelpreis ist - aber das ist eine andere Geschichte). Begleitet wurde die Zeremonie von Beiträgen aus der "Oper der Inkompetenz." Zentrales Thema des Musikstückes: "Wie und warum schaffen es unfähige Menschen an die Spitze? Und was bedeutet das für alle anderen?"

Wie in jedem Jahr schloss der Zeremonienmeister und Herausgeber des preisstiftenden Magazins, Marc Abrahams, mit den Worten: "Wenn Sie heute Abend keinen Ig-Nobelpreis gewonnen haben - und insbesondere wenn sie einen gewonnen haben - viel Glück im nächsten Jahr."

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