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Josef-Hospital Delmenhorst Kränkelndes Krankenhaus

Das Josef-Hospital Delmenhorst steckt offenbar in einer so schwierigen Lage, dass es nun ein Schutzschirmverfahren auf den Weg bringen will. Das zeichnete sich Freitag bei der Aufsichtsratssitzung ab.
15.09.2017, 21:47 Uhr
Lesedauer: 3 Min
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Kränkelndes Krankenhaus
Von Esther Nöggerath

Das Josef-Hospital Delmenhorst (JHD) steckt offenbar mitten in den Vorkehrungen für ein Schutzschirmverfahren. Sprich: Das Krankenhaus will in eine geplante und selbstverwaltete Insolvenz gehen, denn das Schutzschirmverfahren ist ein Mittel aus der Insolvenz-Ordnung. Wie aus politischen Kreisen zu vernehmen war, war JHD-Geschäftsführer Ralf Delker zu der Aufsichtsratssitzung am Freitagnachmittag mit juristischer Unterstützung gekommen, um die geplanten Schritte zu erläutern und Berater mit der Antragsstellung und anschließenden Durchführung des Verfahrens zu beauftragen.

Kein Geld vom Mehrheitseigentümer

Während der Sitzung wurde auch klar, dass die katholische Kirche als Mehrheitseigentümer kein Geld für das Josef-Hospital gibt, um die kurzfristigen Defizite von drei Millionen Euro auszugleichen. Zuvor hatte noch am Mittag die Politik in einer Sonderratssitzung 300 000 Euro als Liquiditätszuschuss entsprechend des städtischen Besitzanteils für das Krankenhaus bewilligt. Die Stadt wollte zehn Prozent des Defizits ausgleichen – allerdings nur, wenn die restlichen 2,7 Millionen Euro vom Mehrheitsgesellschafter, sprich der katholischen Kirche, übernommen werden. Diese Bedingung ist in dem Beschluss verankert, der damit hinfällig wird. Für den Beschluss hatte sich der kurzfristig zusammengekommene Rat mit großer Mehrheit ausgesprochen.

Kritik kam dabei vor allem von Seiten der UAD und dem Bürgerforum. „Wir halten den Antrag für völlig unzureichend“, monierte Ratsherr Uwe Dähne (UAD). „Herr Delker hat deutlich gemacht, dass diese drei Millionen Euro nur der Anfang sind. Es kann gut sein, dass das langfristig gar nicht ausreicht“, sagte Dähne, der bemängelte, dass es keine genauen Sanierungspläne gebe und es vor der Ratssitzung auch noch kein Gespräch mit dem Mehrheitsgesellschafter gegeben habe. „So halte ich den Beschluss für eine völlige Farce“, sagte er. Damit suggeriere man den Arbeitnehmern nur, dass alles in Ordnung käme. „Aber so können wir das Krankenhaus und die Arbeitsplätze nicht retten.“

Aufklärung gefordert

„Ich möchte erst ein Konzept haben, bevor wir Geld geben“, verlangte auch Eva Sassen vom Bürgerforum, die auch kritisierte, dass der Beschluss an die Entscheidung des Miteigentümers gekoppelt sei. SPD-Ratsherr Deniz Kurku erwiderte: „Wir wollen über die unterschiedlichen Zahlen natürlich auch Aufklärung haben. Die Frage, ob das Geld reicht, treibt uns genauso um wie alle anderen. Aber wir haben auch eine Verantwortung gegenüber den Bürgern.“ Auch Edith Belz von den Linken stimmte den Kritikern in einigen Punkten zu: „Wir wissen nicht, was in Zukunft noch passieren wird, und werden den Antrag deswegen nur mit viel Bauchschmerzen unterstützen“, sagte sie. „Aber wir müssen damit ein Zeichen setzen für das Krankenhaus und die Mitarbeiter. Dennoch wollen wir eine vollständige Klarheit über die Sachlage.“

„Es sind noch viele Fragen offen, die noch beantwortet werden müssen“, sagte auch Oberbürgermeister Axel Jahnz, der bereits zu Beginn der Sitzung auf die Notwendigkeit der kurzfristigen Ratssitzung hingewiesen hatte. „Es geht darum, für die Mitarbeiter des Krankenhauses ein Zeichen zu setzen, bevor der Aufsichtsrat am Nachmittag tagt“, erklärte er.

In der Ratssitzung wurde dann auch mehrfach der Wunsch nach einem größeren Einfluss auf das JHD laut. „Da kommt die Frage auf, ob wir den städtischen Anteil am Krankenhaus nicht auf 51 Prozent erhöhen sollten, um die Geschicke stärker lenken zu können“, sagte etwa Bettina Oestermann (SPD). Und Edith Belz setzte sogar noch einen drauf: „Wir haben mit der Fusion das Krankenhaus quasi pseudo-privatisiert und sollten vielleicht den Dialog aufnehmen, um es wieder zu rekommunalisieren.“ Dem schloss sich auch Lothar Mandalka (AfD) an: „Eine Rekommunalisierung ist sicherlich eine Überlegung wert.“

Folgen noch unklar

Was ein mögliches Schutzschirmverfahren für das Krankenhaus konkret bedeutet und welche Folgen noch mit dran hängen, ist noch unklar. Zum einen kommt dabei natürlich die Frage auf, ob die Fördersumme von 70 Millionen Euro, die das Land Niedersachsen für den Neubau des Krankenhauses in der Innenstadt zugesichert hat, damit in Gefahr gerät. Und wenn das Schutzschirmverfahren ein Verfahren der Insolvenz-Ordnung ist, bleibt außerdem die Frage, ob damit dann Millionenzahlungen an die Mitarbeiter fällig werden, weil der Zukunftssicherungstarifvertrag unter der Bedingung abgeschlossen wurde, dass die von den Mitarbeitern eingesparten Beträge ihrer Gehälter nachträglich ausgezahlt werden müssen, wenn es zur Insolvenz kommt.

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