E-Paper
Ein Plan für die seelische Gesundheit

Potsdam legt erstes Psychiatriekonzept vor

Depressionen gehören zu den häufigsten seelischen Störungen.

Depressionen gehören zu den häufigsten seelischen Störungen.

Potsdam. Die seelische Gesundheit der Potsdamerinnen und Potsdamer soll künftig stärker in den Fokus rücken. Dazu hat die Landeshauptstadt im Fachbereich Soziales und Gesundheit erstmals ein Psychiatriekonzept erarbeiten lassen. Das Papier befasst sich einerseits mit der aktuellen Versorgungssituation von Menschen mit psychischen Störungen in Potsdam und soll andererseits als Grundlage für die Gesundheitsplanung und für die bedarfsgerechte Steuerung der psychosozialen sowie psychiatrischen Versorgung in der wachsenden Stadt dienen. Dabei stützt sich das Konzept auf die Perspektiven Betroffener und ihrer Angehörigen sowie auf die der gesetzlichen Betreuer und Träger.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

„Es herrscht leider noch immer eine starke Stigmatisierung“

Auf 134 Seiten bringt es das Konzept, das den Stadtverordneten bereits zur Mitteilung vorgelegt wurde. Federführend bei der Erarbeitung war Potsdams Psychiatriekoordinatorin. „Das Konzept ist notwendig, weil Potsdam als kreisfreie Stadt dafür verantwortlich ist, eine bedarfsgerechte psychiatrische Versorgung in erreichbarer Nähe abzusichern“, sagt Eiken-Carina Magnussen. Die Bestandsaufnahme, die nun fortlaufend erfolgen soll, zeige, wo Nachbesserungsbedarf besteht und wo nicht. „Das hilft uns, bedarfsgerecht und zielorientiert zu planen und zu steuern.“ Außerdem soll das Konzept die Öffentlichkeit sensibilisieren und die Auseinandersetzung mit dem Thema seelische Gesundheit fördern. „Es herrscht leider noch immer eine starke Stigmatisierung – das wollen wir ändern“, sagt Magnussen.

Anders als zum Beispiel das Integrations- oder das Radverkehrskonzept hat das Psychiatriekonzept keine Gültigkeitsdauer. Man habe sich bewusst entschieden, auf einen konkreten Zeitraum zu verzichten und zunächst zu schauen, wie praktikabel der Plan ist, sagt Eiken-Carina Magnussen. „Das Konzept zeigt, was uns wichtig ist.“ Die Stadtverordneten sollen in diesem Jahr aber auch die Möglichkeit haben, einen Maßnahmenplan zu beschließen.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Potsdam verfügt über ein sehr differenziertes Versorgungssystem

„Das Konzept bezeugt, dass Potsdam – angefangen beim I-Punkt, einem kostenlosen, niederschwelliges Angebot, bis hin zur Klinik – über ein sehr differenziertes Versorgungssystem verfügt, das sich durch viele professionelle und ehrenamtliche Angebote auszeichnet“, so Eiken-Carina Magnussen. Von dieser Warte her sei man bereits gut aufgestellt. Als wichtiges Gremium bei der Vernetzung der Versorgungsstrukturen gilt die Psychosoziale Arbeitsgemeinschaft der Stadt, die zurzeit aus 20 stimmberechtigten Institutionen besteht und vier Mal im Jahr tagt. Weitere Vernetzungen, Kooperationen und AGs könnten die Versorgung und Unterstützung Betroffener dennoch optimieren.

Wie viele Menschen in Potsdam mit einer seelischen Erkrankung leben, ist laut der Psychiatriekoordinatorin kaum zu sagen. Erfasst seien nur die Personen, die schon versorgt werden, nicht aber die, die noch keinen Zugang zum Hilfssystem gefunden haben. Eine Zielgruppe, der in Zukunft allerdings mehr Aufmerksamkeit zuteil werden soll, seien Kinder psychisch erkrankter Eltern.

Psychische Störungen treten in allen Altersgruppen auf

Bei den Gründen für eine Schwerbehinderung rangiert die Gruppe der geistigen, nervlichen und seelischen Krankheiten nach Krankheiten der inneren Organe/Organsysteme und Gliedmaßen auf Rang 3.

Neben der Alkoholabhängigkeit sind die Angststörungen und Depressionen die häufigsten psychischen Störungen.

Im Kinder- und Jugendalter die häufigsten psychischen Störungen: Depressionen, Angst, ADHS, Störungen des Sozialverhaltens, Essstörungen.

Bei Senioren am häufigsten: Demenz und Depressionen.

Die Suizidprävention ist bei psychischen Störungen äußerst wichtig. Suizid ist in der Gruppe der 15- bis unter 30-Jährigen die häufigste Todesursache. Die höchste Anzahl von Suiziden verzeichnet die Gruppe der 45- bis 59-jährigen Männer. nf

Von Nadine Fabian

MAZ

Mehr aus Potsdam

 
 
 
 
 
Anzeige
Anzeige