Bad Schwalbacher Stadtverordnete üben heftige Kritik an...

Das Gewerbegebiet an der B 260 soll nach einem Beschluss des Stadtparlaments als potenzieller Standort für einen Klinikneubau geprüft werden.Foto: wita/Martin Fromme  Foto: wita/Martin Fromme
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Mit einer einstimmigen Resolution hat das Bad Schwalbacher Stadtparlament seiner Empörung über die Helios-Pläne zur Krankenhausschließung, über das lange Schweigen der...

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BAD SCHWALBACH. Mit einer einstimmigen Resolution hat das Bad Schwalbacher Stadtparlament seiner Empörung über die Helios-Pläne zur Krankenhausschließung, über das lange Schweigen der Mitwisser in Land und Kreis sowie die finanzielle Schützenhilfe vom Bund Luft gemacht (siehe Kasten). Einstimmig folgte das Parlament auch dem CDU-Antrag, vorsorglich zu prüfen, ob im Gewerbegebiet an der B 260 Flächen für einen Krankenhausneubau infrage kommen. Auf Antrag der BLF wurde beschlossen, eine städtische Verhandlungskommission aus Mandatsträgern zu bilden.

2002 galt die Privatisierung als Erfolgscoup

Die Debatte hatte in Peter Neugebauer von den Grünen einen Vorreiter, der viel Applaus aus Plenum und Publikum erntete. Der angehende Hausarzt zitierte aus dem Rheingau-Taunus-Jahrbuch 2002. Dort hatte Landrat a.D. Karl-Heinz Becker die Drahtzieher der 2000 im Kreistag beschlossenen Privatisierung der Kreiskrankenhäuser gewürdigt: die Landräte Klaus Frietsch (SPD), der die Idee öffentlich gemacht habe, und dessen Nachfolger Bernd Röttger (CDU), der den Plan umgesetzt habe. Der Kreis habe sich durch diese Entscheidung finanziell ganz erheblich entlastet, so die damalige Sicht. 24 Millionen Mark hatte der Kreis damals erhalten. Hatte der Erstkäufer, die Wittgensteiner Kliniken AG, in der Kreisstadt eine Intensivstation eröffnet und ein CT-Gerät angeschafft, folgte der erste Einschnitt mit der Schließung der renommierten Geburtshilfestation 2003.

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Heute habe man leider die Folgen des Kreistagsbeschlusses zu tragen, stellte Neugebauer fest. Freilich sei die falsche Entscheidung, das öffentliche Gesundheitswesen zu privatisieren, einige Etagen höher gefallen. Neugebauer nannte als Eckdaten die Einführung der Fallpauschalen 2004 und das Krankenhausstrukturgesetz 2015, das die jetzt von Helios abgerufene staatliche Förderung für Stilllegungen ermöglicht. „Wie wir recherchiert haben, hat der hessische Sozialminister Grüttner an diesem Gesetz ganz erheblich mitgewirkt in Berlin“, so Neugebauer. Dass es der Kreis nach Kenntnis der Schließungspläne nicht für notwendig gehalten habe, die Öffentlichkeit zu informieren, sei „ein Skandal“. Das Land habe sich das Heft aus der Hand nehmen und vom privaten Klinikbetreiber korrumpieren lassen, schimpfte der Kommunalpolitiker. Der Klinikträger habe in der Presse „gelogen, dass sich die Balken biegen“, etwa hinsichtlich der Auslastungszahlen und der Behauptung, die Klinik in Idstein, die keine Intensivstation habe, sei autark.

Michael Kalhoff (BLF) vermisste eine Reaktion der örtlichen Ärzte zum Thema. Ingrid Bär (SWA&BSB) rief die Bürger auf, die Kreistagssitzung am 6. Februar als Zuschauer zu verfolgen, um ihren Interessen Nachdruck zu verleihen. Gerhard Schwahlen (CDU) kann sich einen Neubau und die Helios-Reha-Klinik im Altbau vorstellen.

Bürgermeister Martin Hußmann (CDU) berichtete von einem Telefonat mit dem Staatssekretär im hessischen Sozialministerium, Wolfgang Dippel. Der habe betont, dass alleine der Träger über die Schließung entscheide. Das Land sei gesetzlich verpflichtet gewesen, im Auftrag des Bundes den Helios-Antrag auf Fördermittel aus dem Strukturfonds zu bearbeiten, und zwar nach einem festgelegten Bewertungsschema. Das Land habe keinen Ermessensspielraum gehabt, dürfe dabei etwa regionale Gegebenheiten nicht berücksichtigen. Die Kritik müsse sich deshalb an den Bund richten, so Dippel.

Bürgermeister wirbt für Schulterschluss der Politiker

Hußmann warb dafür, dass sich die Politiker verschiedener Couleurs und Ebenen trotz der verständlichen Empörung nicht gegenseitig zerfleischen, sondern den Schulterschluss suchen. Auch, wenn Wahlen anstünden, dürfe man nicht die Klinik, die Patienten und Mitarbeiter aus den Augen verlieren.

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„Sie können Ihrem Krankenhaus vertrauen.“ Diesen Schlusssatz aus dem Beitrag im Rheingau-Taunus-Jahrbuch 2002 hatte ebenfalls Peter Neugebauer parat. Heute klinge das so wie „Die Rente ist sicher…“.