Kliniken bestellen Leichenteile aus den USA

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Umstrittene ImporteKliniken bestellen Leichenteile aus den USA

Schweizer Spitäler erhalten Köpfe, Beine oder Arme aus den USA. Ein Lieferant sorgt nun für Schlagzeilen.

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Leichenteile sind in der medizinischen Forschung und Weiterbildung ein gefragtes Gut. In den USA gibt es etliche Unternehmen, die Arme, Köpfe oder Beine an Spitäler und Kliniken exportieren. Einer der weltgrössten «Body Broker» ist die US-Firma Medcure. Sie verkauft jährlich rund 10'000 Leichenteile. Davon kommen einige auch in die Schweiz.

So hat die Schulthess-Klinik in Zürich für Fortbildungskurse im November 2017 einen Vorderarm und fünf Vorderarme mit Ellbogen von Medcure erhalten, wie die «SonntagsZeitung» schreibt. Doch die Exportpraxis der US-Firma ist umstritten. FBI-Beamte stürmten im Herbst den Hauptsitz des Konzerns. Der Vorwurf: Medcure soll Leichenteile mit gefährlichen Erregern verschickt haben. Angehörige von US-Spendern sollen zudem nicht gewusst haben, dass die Leichenteile ins Ausland verfrachtet worden waren. Die Firma selber weist die Vorwürfe zurück.

Zu wenig Arme und Beine in der Schweiz

Auch das Unispital Lausanne hat zwischen 2015 und 2017 Köpfe und Beine aus den USA für Weiterbildungskurse erhalten. Wer der Lieferant war, ist allerdings nicht bekannt. Ein Schweizer Arzt sagt zur «SonntagsZeitung» zudem, er habe jahrelang für Chirurgen und Spitäler Leichenteile besorgt. Diese seien teils auch von Medcure gekommen. In der Schweiz gebe es zu wenig Leichenteile, so der Arzt.

Wie viele Köpfe, Arme und Beine pro Jahr in die Schweiz gelangen, ist unbekannt. Die Eidgenössische Zollverwaltung führt keine Statistik. Auch beim Bundesamt für Gesundheit sind die Importe nicht auf dem Radar. Leichenteile könnten für die Weiterbildung und den Unterricht ohne Auflagen importiert werden, zitiert die «SonntagsZeitung» eine Sprecherin. Gemäss der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften braucht es lediglich die Einverständniserklärung der Verstorbenen für den Export.

Kommerzialisierungsverbot in der Schweiz

Wie die Schulthess-Klink betont, seien bei der Lieferung von Medcure alle nötigen Dokumente dabei gewesen. Und auch das Unispital Lausanne will alle wichtigen Papiere gehabt haben.

Unklar ist, was die US-Firmen mit den Lieferungen verdienen. Für den Import zu Forschungszwecken gibt es zwar in der Schweiz ein Kommerzialisierungsverbot. Das heisst: Körperteile dürfen gegen Entgelt weder veräussert noch erworben werden. Für Präparate zu Aus- und Weiterbildungszwecken aber ist eine solche Regelung nicht vorhanden. Ethiker verlangen nun verschärfte Gesetze. Laut «SonntagsZeitung» hat die Schulthess-Klinik für die sechs Arme von Medcure und den Transport 3600 Franken bezahlt. Ob die US-Firma im Preis eine Marge draufgeschlagen hat, lässt sich nicht sagen.

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