Behörde mahnt ab: Krankenkassen tricksen mit Schummelsoftware

Von: Von LARS PETERSEN

Mehrere Krankenkassen haben offenbar versucht, mithilfe von Software-Tricksereien zusätzliche Versichertenbeiträge aus dem milliardenschweren Gesundheitsfonds zu erhalten.

Wie BamS erfuhr, hat das Bundesversicherungsamt (BVA) mehrere Betriebskrankenkassen sowie die Kaufmännische Krankenkasse (KKH) abgemahnt.

Dabei geht es um Software-Programme in Arztpraxen, die unter anderem prüfen, ob Diagnosen und Abrechnungsdaten übereinstimmen. Bei Bedarf werden Änderungsvorschläge gemacht.

Was im Prinzip eine Arbeitserleichterung für Ärzte ist, nutzen Kassen nach BamS-Recherchen aus, indem sie gegen Bezahlung beim Software-Hersteller festlegen, wie die Änderungsvorschläge aussehen. So sollen Ärzte dazu bewegt werden, möglichst eine von 80 Krankheiten zu diagnostizieren, für die die Kassen hohe Zusatzgelder aus dem Gesundheitsfonds kriegen

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Angeboten werden solche Programme beispielsweise von der CompuGroup Medical Deutschland AG aus Koblenz. Die Produkte des deutschen Marktführers laufen in mehr als jeder zweiten Arztpraxis.

Auf Anfrage verneint das Unternehmen jeglichen Einfluss von Kassen auf ihre Produkte. In mehreren BamS vorliegenden Unterlagen zu Behandlungsprogrammen für chronisch Kranke ("DMP") heißt es jedoch unter anderem: "Als Basis für die Plausibilitätsprüfung dient jeweils eine Liste mit DMP-Diagnosen (Quelle: AOK Bundesverband), die auf Wunsch auch für Sie angepasst werden kann." Damit konfrontiert, will sich CompuGroup dazu nicht äußern.

Nach BamS-Informationen ermittelt das BVA weiter wegen der Software-Trickserei. Die Behörde will mit den Länder-Aufsichten stärker gegen Manipulationen vorgehen, haben sich dazu beispielsweise am vorigen Mittwoch auch geeinigt, strenger gegen Ärzte-Boni vorzugehen, die von der Anzahl der Diagnosen abhängen.

Die KKH bestätigt die Abmahnung des BVA. So kritisiere das BVA ein von der KKH seit Oktober 2017 gefördertes Softwaremodul mit angeblicher Lexikonfunktion zur Behandlung chronisch Kranker. Bisher seien solche Funktionen nicht beanstandet worden. Die Sprecherin: "Wenn die Aufsichtsbehörden ihre Position jetzt einheitlich verändern, hat die KKH gegen ein solches Vorgehen keine Einwände."

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