Delmenhorst - Dass dieser Tag kommen würde, war abzusehen gewesen. Jetzt steht die Zahl fest: Das Klinikum Delmenhorst wird am heutigen Freitag rund 130 betriebsbedingte Kündigungen aussprechen. „Die Gespräche zum Interessenausgleich und den Kündigungen haben viel Zeit, Aufwand und Papier gekostet. Jetzt ist alles final unterschrieben“, erklärt der Betriebsratsvorsitzende des Josef-Hospitals Gert Prahm. Und: „Das Ding muss jetzt gelebt werden.“
Mehr als 200 Mitarbeiter verlassen das Krankenhaus
Der Geschäftsführer Florian Friedel macht deutlich: „Es verlassen dann gemeinsam mit den Mitarbeitern, die freiwillig gegangen sind oder selbst gekündigt haben, etwas mehr als 200 Mitarbeiter das Unternehmen.“ Insgesamt arbeiten dann noch rund 800 Menschen beim Josef-Hospital. Es könne laut Friedel durch den Wegfall der Stellen teilweise zu einer Arbeitsverdichtung der Beschäftigten kommen. Durch Verbesserungen in den Abläufen sollen diese jedoch im Rahmen bleiben „Verglichen mit dem Referenzjahr 2014 hat das Haus leider rund 15 Prozent an Leistung verloren. Das deckt sich in etwa mit der Personalreduktion und sollte daher keine allzu hohe Mehrbelastung werden.“
Nach Namensliste entschieden
Eine Belastung ist die momentane Situation dennoch durchaus, „für alle Mitarbeiter“, weiß Friedel. Er selbst stehe jetzt vor der unangenehmen Aufgabe, Kündigungsgespräche zu führen. „Wir wollen allen die Möglichkeit geben, in einem 20-minütigen Gespräch die Gründe für die Kündigung zu erfahren. Das ist auch eine Frage von Wertschätzung“, macht Friedel klar. Denn: Es werden nicht nur, wie sonst bei betriebsbedingten Kündigungen häufig üblich, diejenigen gekündigt, die noch neu im Unternehmen sind, oder jung, unverheiratet und ohne Kinder. „Das täte dem Unternehmen und der Altersstruktur hier nicht gut. Aufgrund der Insolvenz wurden andere rechtliche Parameter angelegt und dann eine Namensliste erstellt“, fügt der Geschäftsführer hinzu. Auch eine langjährige Betriebszugehörigkeit schütze also vor der Kündigung nicht. „Wir haben jedoch ausgehandelt, dass die gekündigten Mitarbeiter einen Anspruch auf Wiedereinstellung haben, sobald sich ein erhöhter Personalbedarf ergibt“, ergänzt Gert Prahm.
Insolvenz führt zu anderen rechtlichen Grundlagen
Konkret betrage die Kündigungsfrist laut Friedel aufgrund der Insolvenz in allen Fällen drei Monate, „auch wenn vielleicht in Einzelfällen etwas anderes im Arbeitsvertrag vermerkt wurde.“ Die gekündigten Mitarbeiter scheiden also zum 30. Juni aus dem Unternehmen aus, werden aber voraussichtlich mit sofortiger Wirkung freigestellt. „Natürlich bei voller Lohnfortzahlung“, hebt Friedel hervor. Auch eine Abfindung wird es geben, die jedoch zweieinhalb Monatsgehälter nicht übersteigen kann.
In der Innenstadt sollte ein Krankenhaus-Neubau entstehen. Dafür gibt es ein Fördermittelkonzept mit einem Volumen von rund 70 Millionen Euro.
Laut Oberbürgermeister Axel Jahnz haben sich allerdings die Rahmenbedingungen stark verändert: Die St.-Josef-Stiftung ist insolvent und der Brand im ehemaligen St.-Josef-Stift im Jahr 2016 noch nicht vollständig abgewickelt.
Wegen dieser Ausnahmesituation beraten laut Jahnz gerade Politik, Verwaltung und Geschäftsführung des JHD. „Eine Kontaktaufnahme zum Ministerium ist bereits erfolgt“, so Jahnz.
Geschäftsführer des JHD, Florian Friedel, findet die Neubewertung eines Standortes für einen Neubau richtig. Der Betriebsratsvorsitzende Gert Prahm mahnt: „Wichtig ist in diesem Falle eine schnelle Entscheidung. Das verbessert auch die Perspektive für zukünftige potenzielle Mitarbeiter.“
„Eine Kröte, die zu schlucken war“
Die Namensliste sei laut Prahm immer im Wandel begriffen gewesen, wurde abgewägt und umgeändert. „Wir haben zum Beispiel erfahren, dass bei Carbon Rotec in Lemwerder rund 500 Stellen gestrichen werden. Also haben wir zugesehen, dass die Frauen, deren Männer gerade ihre Arbeit verloren haben, nicht hier auch noch gekündigt werden.“ Schon wurde die Namensliste wieder modifiziert. „Es musste wirklich auf unglaublich viel Rücksicht genommen werden, um die Personen für die Kündigungen auszuwählen. Das Ergebnis nenne ich: Eine Kröte, die zu schlucken war. Das wird der Black Friday.“
Die Kündigungen betreffen alle Unternehmensgruppen „quer durch die Bank“, wie Friedel betont: „Nur keine Ärzte. Im Gegenteil, da haben wir eher wieder einen Bedarf. Es kommen aber auch wieder Bewerbungen, was uns sehr freut.“