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Entlassmanagement: «Muss sich erst beweisen»

Das Thema Entlassmanagement und Entlassmedikation ist von zahlreichen technischen, organisatorischen und juristischen Unsicherheiten und somit großen Ambivalenzen geprägt. Das zeigte der vom Landesapothekerverband Niedersachsen veranstaltete 14. Zwischenahner Dialog am 1. und 2. März. Der LAV-Vorsitzende Berend Groeneveld (Foto, rechts), der stellvertretende Vorsitzende, Frank Germeshausen sowie Dr. Günter Dietz, Ärztlicher Direktor der Kurbetriebsgesellschaft Bad Zwischenahn,  begrüßte dazu namhafte Referenten und Diskutanten aus der Gesundheitspolitik.

 

Das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz ist am 1. August 2015 in Kraft getreten und der Rahmenvertrag zur Umsetzung des Entlassmanagements nach § 39 Absatz 1 a Satz 9 SGB V zum 1. Oktober 2017 verabschiedet worden. «Zwar gelten die dort getroffenen Regelungen seitdem für alle Krankenhäuser. Doch sind bei weitem noch nicht alle rechtlichen und organisatorischen Probleme vom Tisch», konstatierte Dr. Joachim Kasper, Jurist aus Kassel. Dieses sei «gut gedacht, doch hoch komplex», zumal es zahlreiche juristische Tücken und Fallstricke beinhalte, deren Relevanz erst durch zukünftige Auslegungsbestimmungen der Gerichte bestimmt werde. Viele Krankenhäuser trügen sich zudem zwischenzeitlich mit dem Gedanken, entsprechende Dienstleistungen einzukaufen.

 

Dr. Borchart Pundt , beratender Arzt der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen legte dar, dass Krankenhausärzte bei der Erstellung der Entlasspläne nunmehr nicht mehr nur fachlichen Anforderungen, sondern auch wirtschaftlichen Kriterien gerecht werden müssten. Um den Wirtschaftlichkeitsprüfungen gemäß § 106 SGB V Stand halten zu können, komme der Arzt nicht umhin, die umfangreichen Umsetzungshinweise der DKG sowie die Richtlinien der entsprechenden Institutionen, unter anderem des G-BA oder der KBV zu studieren. «Nur die strikte Einhaltung der Normen und Vorgaben schützt vor rechtlichen Konsequenzen», so Pundt. 

 

In einem weiteren Vortrag befasste sich Dr. Beate Jungmann-Klaar (Foto, links), leitende Apothekerin am Klinikum Oldenburg, mit dem zum 1. Oktober 2017 in Kraft getretenen Rahmenvertrag. Demnach ist es Krankenhausärzten in begrenztem Umfang erlaubt, Entlassrezepte für notwendige Arzneimittel in der kleinsten Packungsgröße (N1) zu verschreiben. «Zum korrekten Ausfüllen zählt zwingend der Eintrag der Arzt- und der Betriebsstättennummer sowie der Vertragsarztsstempel. Nur Fachärzte dürfen unterzeichnen. Die Ausstellung muss das Datum des Entlasstages tragen. Der Patient hat das Recht der freien Apothekenwahl», machte Jungmann-Klaar nochmals deutlich. Die Pharmazeutin betonte, dass es auch hier in den Kliniken noch große Umsetzungsschwierigkeiten gebe. Es mangele nicht nur an entsprechender Technik, sondern vor allem an Zeit. Jungmann-Llaar sprach von «sehr viel Papier und Bürokratie und somit erheblicher Mehrarbeit», die mit den jetzigen personellen Ressourcen in den sowieso überlasteten Krankenhäusern kaum zu bewerkstelligen sei.

 

Aus Sicht von Dr. Siiri Ann Doka, Leiterin des Referates Gesundheitspolitik und Selbsthilfeförderung bei der Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe (BAG) muss sich das Entlassmanagement erst beweisen. «Es war bisher ein steiniger Weg und es wird auch weiterhin noch ein langer Prozess sein, bis die Vorteile der neuen Regelungen letztlich bei jedem Patienten angekommen sind.» Jetzt gelte es zunächst einmal, Praxiserfahrungen abzuwarten, um dann mit Hilfe von Patientenbefragungen festzustellen, ob das Entlassmanagement gemäß Rahmenvertrag auch wirklich funktioniert, so die Referentin.

 

«Entlassmanagement ist mehr als nur ein Rezept. Es geht bei dieser hoch komplexen Thematik um professionelle Kommunikation und Organisation zum Wohle des Patienten an der Schnittstelle ambulant/stationär. Hier ist die reibungslose sektorenübergreifende Zusammenarbeit im klinischen und niedergelassenen Bereich gefragt», hatte zuvor Germeshausen deutlich gemacht. Vor allen Akteuren liege noch viel Arbeit. Doch sei das Entlassmanagement ein richtiger Schritt in die Zukunft. (cb)

 

05.03.2018 l PZ

Foto: PZ/Christiane Berg