Weiden in der Oberpfalz
09.03.2018 - 15:22 Uhr

Leiter der Notaufnahme klagt am Arbeitsgericht gegen Klinikum: Chefarzt wehrt sich gegen Kündigung

Der ehemalige Leiter der Notaufnahme des Klinikums wehrt sich gegen eine außerordentliche Kündigung. Die Kliniken Nordoberpfalz werfen ihm vor, einem straffälligen Oberarzt eine Art "Empfehlungsschreiben" unterzeichnet zu haben. Dieser Oberarzt ist im November 2017 wegen schweren sexuellen Missbrauchs verurteilt worden. Der Chefarzt sagt: Auch er habe erst aus der Presse von dem Verbrechen erfahren - genauso wie die Kliniken.

Die Zentrale Notaufnahme am Klinikum Weiden.

Außergerichtliche Einigungsversuche sind bislang gescheitert, ebenso ein Gütetermin vor dem Arbeitsgericht am Donnerstag. Richter Veit Zitzmann setzte für 18. Mai, 10.15 Uhr, einen Kammertermin an. Der Richter machte aber bereits jetzt deutlich: "Ich tue mich schwer mit dieser Kündigung." Die Kliniken könnten nicht dem Chefarzt mangelnde Information vorwerfen, "sind aber selbst gänzlich untätig geblieben": "Das passt nicht zusammen."

Durchsuchung durch Kripo

Konkret geht es darum, ob man hätte nachhaken müssen, nachdem im November 2015 ein Weidener Kripobeamter im Klinikum zur Durchsuchung aufgekreuzt war. Er sicherte im Auftrag der Staatsanwaltschaft Magdeburg Computerdaten des Oberarztes. Dazu legte der Kriminaler dem Ärztlichen Direktor einen Durchsuchungsbeschluss vor. Um welches Delikt es ging, war nicht zu erkennen: Aufgrund von Persönlichkeitsschutz war die Zeile geschwärzt.

Der Oberarzt wurde danach zur Rede gestellt. Er erzählte dem Ärztlichen Direktor und dem Notaufnahmeleiter die Story von zweifelhaften Internetseiten, die er angeklickt habe. "Man hat dem keine größere Bedeutung beigemessen", sagt der Kliniken-Anwalt. Der wahre Gegenstand der Ermittlungen war schwerer sexueller Missbrauch. Der 50-Jährige hatte 2014 vom Bereitschaftszimmer des Krankenhauses Tirschenreuth per Skype einem Missbrauch zugeschaut, zweimal fuhr er selbst nach Sachsen-Anhalt und missbrauchte ein Kind. Er ist geständig.

"Durch diese Durchsuchung nahmen alle erstmals Kenntnis, dass ein strafrechtliches Verfahren in Gang ist. Was dahinter steht, war nicht bekannt", so der Klinik-Anwalt. Soweit ist man sich einig. Verschiedene Versionen gibt es allerdings vom folgenden Gespräch zwischen Ärztlichem Direktor und Chefarzt. Der Chefarzt führt vor dem Arbeitsgericht aus, dass er den Ärztlichen Direktor gefragt habe: "Müssen wir den Mann suspendieren?" Dieser habe geantwortet: "Zunächst gilt die Unschuldsvermutung." Laut Anwalt der Kliniken habe der Ärztliche Direktor den Chefarzt aber ausdrücklich angewiesen, sofort Bescheid zu geben, wenn sich Neues ergäbe. Eine solche Anweisung bestreitet der Chefarzt. Er wirft dagegen ins Feld, dass die Kliniken ihrerseits schon viel früher Akteneinsicht fordern hätten können.

Unbehelligt gearbeitet

Während in Sachsen-Anhalt der Kindersex-Ring hohe Wellen schlug, konnte der Oberarzt in der Oberpfalz in aller Ruhe weiterarbeiten. Vor seiner ersten Verhandlung in Wernigerode im November 2016 bat er den Leiter der Notaufnahme um eine Unterschrift unter ein selbst aufgesetztes Empfehlungsschreiben. Das kostete dem Vorgesetzten jetzt letztlich den Kopf. Der Chefarzt hätte die Klinikleitung informieren müssen, so deren Anwalt: "Es hätten sich neue Ansätze ergeben."

Man will auch nicht gelten lassen, dass sich das Schreiben auf die einwandfreie ärztliche Leistung bezog. Immerhin heißt es auch: "Hiermit bestätigte ich, dass Sie uns über das gegen Sie anhängige Ermittlungsverfahren in Kenntnis gesetzt haben. Unabhängig vom Ausgang des Strafverfahrens darf ich Ihnen bestätigen, dass Sie mein vollstes Vertrauen genießen." Als der Personalchef kürzlich den Staatsanwalt in Magdeburg anrief, habe dieser berichtet, dass er sich "sehr gewundert" habe, dass man in Weiden nicht handle. Der Arzt arbeitete bis zum Urteil in zweier Instanz im November 2017 weiter. Dann wurde der Fall durch Oberpfalz-Medien öffentlich.

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